Das Thema Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist heikel. In diesem Beitrag erfahren Sie, inwieweit eine Überwachung mit Videokamera nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) rechtlich zulässig ist.
Ob der Arbeitgeber Arbeitnehmer mittels Videokamera überwachen darf, richtet sich nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung vor allem nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 f DSGVO.
Hiernach ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten nur dann zulässig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Videoüberwachung und berechtigtes Interesse des Arbeitgebers
Wie hier der Begriff der „berechtigten Interessen“ des Arbeitgebers genau zu verstehen ist, dazu gibt es noch keine einschlägige Rechtsprechung. Nach Auffassung der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (vgl. Kurzpapier 15 der Datenschutzkonferenz (DSK)) - richtet sich die Auslegung danach, ob der Betroffene als Kunde, Gast bzw. Passant oder als Arbeitnehmer von Videoüberwachung betroffen ist. Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ist zugunsten der gefilmten Arbeitnehmer en strengerer Maßstab anzulegen. Zum Verständnis kann auch die bisherige Rechtsprechung herangezogen werden.
Heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz unter engen Voraussetzungen
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Urteil vom 27.03.2003 – 2 AZR 51/02 sowie BAG, Urteil vom 21.11.2013 - 2 AZR 797/11) ist eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur dann gestattet, wenn gegen den jeweiligen Arbeitnehmer ein hinreichender Verdacht einer Straftat besteht. Das bedeutet: Vage Vermutungen rechtfertigen keine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz. Es müssen konkrete Fakten dafürsprechen, dass der betreffende Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eine Straftat wie beispielsweise den Diebstahl von Ware begangen hat. Es reicht auch aus, wenn es um eine bestimmbare Gruppe von mehreren Mitarbeitern handelt. Auf keinen Fall können neugierige Arbeitnehmer eine Videoüberwachung damit rechtfertigen, dass Sie prüfen wollen, ob die Arbeitnehmer konzentriert ihre Arbeit verrichten oder sich häufiger mal entspannen.
Darüber hinaus ist eine heimliche Videoüberwachung auch bei dem konkreten Verdacht einer Straftat nur erlaubt, wenn eine anderweitige Aufklärung nicht möglich ist. Der Arbeitgeber darf dies also nur, wenn andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen. Was das bedeutet, wird an dem folgenden Fall deutlich. Ein Arbeitgeber hatte eine Kassiererin in einem Supermarkt gekündigt, weil dieses Geld aus einer Leergutkasse entwendet hatte. Dies ergab sich aus den Aufzeichnungen einer Videokamera, die der Arbeitgeber heimlich gemacht hatte. Grund dafür war, dass es zu Inventurdifferenzen in Höhe von mehreren tausend Euro gekommen war. Das Bundesarbeitsgericht stellte mit Urteil vom 21.11.2013 - 2 AZR 797/11 fest, dass der Arbeitgeber die fristlose Kündigung nicht auf die Videoaufnahmen stützen konnte. Diese waren nicht verwertbar, weil die Voraussetzungen für eine heimliche Videoüberwachung der Mitarbeiter nicht vorgelegten haben. Denn der Arbeitgeber hätte erst einmal versuchen müssen, die Diebstähle im Lagerraum zu verhindern. Dies hatte er jedoch nicht getan. Daran wird deutlich: Die Gerichte sehen das sehr streng. Denn durch eine heimliche Videoüberwachung wird in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung stark eingegriffen.
Videoüberwachung in Geschäft etc.
Großzügiger sieht die Rechtsprechung hingegen aus, wenn in einem Geschäft oder einem anderen öffentlich zugänglichen Ort eine offene Videoüberwachung durchgeführt wird. So war es etwa in einem Fall, in dem in einem Supermarkt eine offene Videoüberwachung zum Schutz vor Ladendieben durchgeführt wurde. Dabei kam zufällig ans Licht, dass eine Verkäuferin das Geld der Kunden für sich behalten hatte. Das Bundesarbeitsgericht stellte mit Urteil vom 23.08.2018 - 2 AZR 133/18) klar, dass die Videoüberwachung hier rechtmäßig gewesen ist und daher kein Verwertungsverbot bestand. Dabei verwiesen die Richter darauf, dass die Beurteilung nicht nur im Rahmen des streitgegenständlichen Bundesdatenschutzgesetzes in früherer Fassung, sondern auch im Rahmen von dem nunmehr In Kraft getretenen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 DSGVO gilt.
Wichtig ist darüber hinaus eine verdeckte Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur zulässig ist, wenn der Betriebsrat vorher zugestimmt hat. Dies ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
Konsequenzen für Arbeitgeber bei unzulässiger Videoüberwachung
Wenn eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz nicht rechtmäßig gewesen ist, wirkt sich das erst einmal dahingehend aus, dass der Arbeitgeber eine Kündigung des Arbeitnehmers normalerweise nicht darauf stützen kann.
Darüber hinaus muss er aber auch wegen Verstoßes gegen das Datenschutzrechtes mit Maßnahmen seitens der zuständigen Datenschutz-Aufsichtsbehörde rechnen. Dies kann dem Arbeitgeber etwa die weitere Durchführung der Videoüberwachung untersagen auf Grundlage von Art. 58 Abs. 2 DSGVO. Darüber hinaus darf sie gegen ihn Art. 83 Abs. 5 DSGVO auch ein erhebliches Bußgeld in Höhe von maximal 20.000.000 EUR oder bis zu 4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs verhängen. Dabei muss allerdings das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt werden.
Unter Umständen muss der Arbeitgeber auch damit rechnen, dass der betroffene Arbeitnehmer gegen ihn vorgeht wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. Er könnte gegen ihn einen Anspruch auf Unterlassung oder unter Umständen eine Entschädigung gem. § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG fordern. Letzteres kommt in Betracht, soweit von einer erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen ist (vgl. etwa Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10.11.2015 - 6 Sa 301/14). Hierfür spricht etwa, wenn eine verdeckte Videoüberwachung im Bereich der Umkleideräume oder der Toilette erfolgt ist. Ein solcher Anspruch kommt aufgrund seiner engen Voraussetzungen nur selten in Betracht.
Fazit:
Arbeitnehmer sollten sich am besten darüber beraten lassen, wie sie im Falle der verdeckten Videoüberwachung am Arbeitsplatz verfahren sollen. Unter anderem kommt eine Beschwerde bei der Datenschutz-Aufsicht des jeweiligen Bundeslandes in Betracht.
Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Juraforum-Redaktion)
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