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Vollstreckungsbescheid beantragen oder erhalten - was ist zu tun?

02.05.2023
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Zuletzt bearbeitet am: 02.05.2023

Schulden entstehen immer dann, wenn ein Gläubiger entgegen anderer Vereinbarung nicht für eine Leistung oder Ware bezahlt. Ein Vollstreckungsbescheid ist die Berechtigung eines Gläubigers, Schulden durch Pfändung einzutreiben. Er wird beim Mahngericht beantragt, wenn das Mahnverfahren bereits eingeleitet ist. Ein solcher Bescheid schützt die Schulden vor allem vor Verjährung- und zwar ganze 30 statt drei Jahre lang. Finanzämter haben sogar die Möglichkeit, ohne Einleitung des Mahnverfahrens zu pfänden.

Was ist ein Vollstreckungsbescheid?

Ganz gleich, ob es sich um nicht bezahlte Miete handelt, unbeglichene Rechnungen oder nicht zurückbezahlte Leihgaben – Schulden sind rechtlich relevant und können eingefordert werden. Wer Schulden hat, wird juristisch als Schuldner bezeichnet. Wem die geschuldeten Leistungen zustehen, wird Gläubiger genannt.

Möchten Gläubiger offene Forderungen eintreiben, haben sie die Möglichkeit, einen sogenannten Vollstreckungsbescheid zu beantragen. Dieser ist Teil des sogenannten Mahnverfahrens. 

Ein Mahnverfahren folgt den folgenden Schritten:

  • Mahnung
  • Mahnbescheid
  • Vollstreckungsbescheid

Eine Mahnung hatten viele Menschen selber schon in der Hand. Sie ist eine Erinnerung daran, dass eine Rechnung noch unbezahlt ist. Wer in der Vielzahl von Rechnungen mal eine vergessen hat, hatte dieses Papier sicher schon zuhause im Briefkasten oder im E-Mail-Postfach. Mit Versand einer Mahnung wird das Mahnverfahren eingeleitet.

Zahlt der Schuldner trotz Mahnung nicht, können Gläubiger den nächsten Schritt gehen und einen sogenannten Mahnbescheid beantragen. Der Mahnbescheid leitet ein gerichtliches Mahnverfahren ein. Er gilt als letzte Drohung für den Schuldner, bevor tatsächlich gerichtliche Schritte folgen. Der Mahnbescheid hemmt die Verjährung der Gläubiger-Ansprüche für sechs Monate. Dadurch erhalten Gläubiger mehr Zeit für den Gesamtprozess.

Vollstreckungsbescheid beantragen

Hat der Schuldner trotz Mahnbescheid keine Rechnungen beglichen, hat der Gläubiger als letzten Schritt die Möglichkeit, einen Vollstreckungsbescheid zu beantragen. Allerdings müssen zuvor mindestens 14 Tage vergehen, um dem Schuldner eine angemessene Widerspruchsfrist zu ermöglichen.

Der Vollstreckungsbescheid gibt dem Gläubiger einen sogenannten Pfändungstitel. Dadurch erhält er das Recht, das Vermögen des Schuldners zu pfänden, um dadurch seine Schulden zu begleichen.

Fristen

Wie bei allen anderen behördlichen Vorgängen, sind auch beim Vollstreckungsbescheid Fristen zu beachten. Schulden verjähren grundsätzlich nach drei Jahren. Dies ist in § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Die Frist beginnt dabei mit Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch des Gläubigers entstanden ist. Wichtig ist außerdem, dass der Gläubiger über den Anspruch Bescheid wusste. Verjährte Ansprüche können nicht durchgesetzt werden. Ist ein Vollstreckungsbescheid eingereicht worden, verlängert sich die Frist.

Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids

Den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids kann man erst stellen, wenn alle vorherigen Schritte sorgsam durchgeführt wurden. Zunächst muss der Schuldner eine Mahnung erhalten haben. Der Gläubiger muss dem Schuldner außerdem angemessen Zeit geben, darauf zu reagieren. Etwa 5 bis 10 Tage sind je nach Umständen ideal. Anschließend erhält der Schuldner einen Mahnbescheid, der ihm nochmals eine Frist zur Stellungnahme erlaubt (sogenannte Einspruchsfrist). Für den Mahnbescheid erhalten Gläubiger einen Vordruck oder nutzen das Online-Formular. Erst wenn all dies durch ist, kann vor dem zuständigen Gericht ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden. Auch für den Vollstreckungsbescheid erhalten Gläubiger einen gerichtlichen Vordruck. Bei der Zustellung sollte unbedingt auf den Zustellungsnachweis geachtet werden. So sichert man sich weiter ab!

Kosten

Der Antrag auf Vollstreckungsbescheid ist mit Kosten verbunden. Insbesondere entstehen Verwaltungs- und Gerichtskosten durch das Mahngericht. Gläubiger müssen diese Kosten vorstrecken, erhalten sie jedoch nach einem erfolgreichen Verfahren zurück.

Die Verwaltungskosten belaufen sich auf mindestens 32 €. Daneben werden Gerichtskosten abhängig vom Streitwert fällig:

  • Streitwert bis zu 1000 €: 32 € Gerichtskosten
  • Streitwert bis zu 5000 €: 73 € Gerichtskosten
  • Streitwert bis zu 10000 €: 120,50 € Gerichtskosten
  • Streitwert bis zu 25000 €: 185,50 € Gerichtskosten

Zusätzlich können Kosten für einen Anwalt entstehen.

Vollstreckungsbescheid erhalten - was tun?

Wer einen Vollstreckungsbescheid erhält, muss nicht gleich in Panik geraten. Natürlich ist dies keine gute Nachricht – doch es gibt immer noch einen Weg, um dagegen vorzugehen.

Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid mit Muster

Der Weg, gegen einen Vollstreckungsbescheid anzugehen, führt über den Einspruch. Hat man einen Anwalt mandatiert, was sehr zu empfehlen ist, wird dieser den Einspruch einlegen. Ein Muster für einen Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid sieht dann wie folgt aus:


An das Amtsgericht/Landgericht XY

-Mahnabteilung –

In dem Mahnverfahren

______________/______________

Az: ____________________

 

bestellen wir uns zu Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners. Wir versichern diesbezüglich ordnungsgemäße Bevollmächtigung.

 

Namens des Antragsgegners legen wir gegen den Vollstreckungsbescheid vom _________________________, dem Antragsgegner zu gestellt am _________________________,

Einspruch ein.

Begründen werden wir dies im Rahmen der Klageerwiderung.

Rechtsanwalt


Rechtlicher Hinweis: Bei dem kostenlosen Muster handelt es sich um ein unverbindliches Muster aus unserem Rechtstipps. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Vorlage wird keine Gewähr übernommen. Es ist nicht auszuschließen, dass die abrufbaren Muster nicht den zurzeit gültigen Gesetzen oder der aktuellen Rechtsprechung genügen. Die Nutzung erfolgt daher auf eigene Gefahr. Das unverbindliche Muster muss vor der Verwendung durch einen Rechtsanwalt individuell überprüft und dem Einzelfall angepasst werden.  

Fachanwalt.de-Tipp: Natürlich kann ein solches Schreiben auch von einem Schuldner selbst erstellt werden, sofern das Verfahren vor dem Amtsgericht stattfindet und er keine anwaltliche Hilfe ersucht. Da Anwälte in diesen Fällen jedoch bestens geschult sind und dadurch die Erfolgschancen eines Verfahrens deutlich erhöhen, sind die anwaltliche Beratung und Begleitung sehr empfehlenswert. Hier finden Sie einen Anwalt in Ihrer Nähe.

Einspruchsfrist und Verjährung

Schuldner haben die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen nach Beantragung des Vollstreckungsbescheids Einspruch einzulegen. Diese sogenannte Einspruchsfrist soll den Schuldner schützen, falls er zu Unrecht ermahnt wurde. Reagiert der Schuldner innerhalb dieser Frist nicht, hat er im weiteren Verlauf der Vollstreckung keine Möglichkeit, Einwände gegen den Bescheid einzureichen. Das gilt für sämtliche Details der Bescheide: Von der Forderungshöhe bis zur Verletzung der Gewährleistung.

Widerspricht der Schuldner dem Vollstreckungsbescheid hingegen, wird damit ein Gerichtsverfahren eingeleitet. Dort müssen beide Parteien Forderungen beweisen und verteidigen. Die Zuständigkeit des Gerichts richtet sich nach dem Streitwert.

Fachanwalt.de-Tipp: Bei einem Streitwert von weniger als 5000 € ist das Amtsgericht zuständig. Hier besteht keine Anwaltspflicht. Liegt der Streitwert hingegen bei mehr als 5000 €, wird der Fall vor dem Landgericht ausgetragen. Hier gilt Anwaltszwang. Jeder kann aber auch bei einem Streit vor dem Amtsgericht einen Anwalt zur Unterstützung mandatieren.

Im Rahmen des Gerichtsverfahrens prüft das Gericht mit einer mündlichen Verhandlung die Rechtmäßigkeit der Gläubigerforderungen

Als Lösung kommen grundsätzlich drei Szenarien in Betracht:

  • Der Vollstreckungsbescheid wird aufgehoben
  • Ein Vergleich zwischen Gläubiger und Schuldner wird erzielt.
  • Der Vollstreckungsbescheid wird vom Gericht bestätigt

Vollstreckungsbescheide verlängern die Verjährungsfrist auf 30 Jahre. Somit hat der Gläubiger ausreichend Zeit, um die Schulden einzutreiben.

Ratenzahlung

Die Ratenzahlung ist eine der häufigsten Folgen eines Vergleiches. Häufig einigen sich Gläubiger und Schuldner auf diese Art der Schuldenbegleichung. Mit der Ratenzahlung kann der Schuldner den Betrag in kleinen Schritten abbezahlen. Dies ist vor allem dann hilfreich, wenn der Schuldner die geforderte Summe nicht auf einmal zahlen kann.

Wann ist ein Vollstreckungsbescheid unwirksam?

Vollstreckungsbescheide sind dann unwirksam, wenn sie unberechtigt sind. Das gilt vor allem dann, wenn geforderte Schulden bereits beglichen sind oder die Höhe der Schulden nicht korrekt angegeben wurde. Daher sollte man bei der Einleitung des Vollstreckungsverfahrens stets genau auf die Details achten. Letztlich sind Vollstreckungsbescheide auch dann unwirksam, wenn sie verjährt sind. Die Verjährung erfolgt nach 30 Jahren. Ist diese Frist abgelaufen, kann der Bescheid nicht mehr zur Schuldeneintreibung genutzt werden.

Wann sollen Sie einen Anwalt aufsuchen?

Sofern Sie Schwierigkeiten mit einem Schuldner oder Gläubiger haben, empfiehlt sich immer der Weg über den Anwalt. Ein Rechtsanwalt kann in allen Situationen rechtssicher beraten und umfassend alle Möglichkeiten mit Vor- und Nachteilen aufzählen. Diese professionelle Beratung unterstützt die Erfolgsaussichten des Verfahrens erheblich. Außerdem kann der Anwalt den Schriftverkehr durchführen und die persönlichen Interessen vor Gericht vertreten.

 

Symbolgrafik: © Alexander Spörr - stock.adobe.com

Autor: Redaktion fachanwalt.de

 

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