München (jur). Wird einem Erben oder einem Vermächtnisnehmer laut Testament ein Teil des „vorhandenen Bargeldes“ zugesprochen, handelt es sich um das physisch, in Form von Scheinen und Münzen vorliegende Geldvermögen. Das auf private Konten vorhandene Buchgeld gehört jedoch nicht dazu, entschied das Oberlandesgericht (OLG) München in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 5. April 2022 (Az.: 33 U 1473/21).
Im konkreten Fall ging es um das umfangreiche Erbe einer am 25. August 2017 verstorbenen Frau. Dieses umfasste neben Immobilien, Bankvermögen und Schmuck auch das Barvermögen. Laut Testament sollte eine Vermächtnisnehmerin 1/19 des „vorhandenen Bargeldes“ erhalten.
Diese ging davon aus, dass damit das gesamte Geldvermögen gemeint ist, also auch das Buchgeld auf allen privaten Bankkonten. Damit stehe ihr eine Million Euro zu.
Doch der Begriff „vorhandenes Bargeld“ in einem Testament meint nicht automatisch auch das gesamte Geldvermögen, inklusive des Geldes auf privaten Konten, entschied das OLG. Maßgeblich sei, wie die Erblasserin den Begriff „Bargeld“ gemeint hat. Zwar habe der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit entschieden, dass mit dem Begriff „Barvermögen“ auch das auf Konten vorhandene Buchgeld samt Wertpapierdepot umfasst sein kann.
Anders verhalte es sich aber bei „Bargeld“. So sei „das auf Bankkonten liegende Geld ... ersichtlich ‚unbar‘ “, so das OLG. Auch die Deutsche Bundesbank gehe davon aus, dass während der Corona-Pandemie die Auszahlung von Bargeld angestiegen sei. Dies weise darauf hin, dass unter „Bargeld“ physisch vorhandene Scheine und Münzen gemeint seien. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch werde „Bargeld“ nicht mit „Buchgeld“ gleichgesetzt. Dass die Erblasserin anderes gemeint habe, sei nicht ersichtlich.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock