Urheberrecht und Medienrecht

Vorlagefrage des BGH: Schutz von Schutzmaßnahmen für Videospiele

Zuletzt bearbeitet am: 01.03.2024

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, nach welchen Regeln sich der Schutz technischer Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlich geschützter Videospiele richtet.

Die Klägerin produziert und vertreibt Videospiele und Videospiel-Konsolen, darunter die Konsole "Nintendo DS" und zahlreiche dafür passende Spiele. Sie ist Inhaberin der urheberrechtlichen Schutzrechte an den Computerprogrammen, Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken, die Bestandteil der Videospiele sind. Die Videospiele werden ausschließlich auf besonderen, nur für die Nintendo-DS-Konsole passenden Speicherkarten angeboten, die in den Kartenschacht der Konsole eingesteckt werden.

Die Beklagten boten im Internet Adapter für die Nintendo-DS-Konsole an. Diese Adapter sind den originalen Speicherkarten in Form und Größe genau nachgebildet, damit sie in den Kartenschacht der Konsole passen. Sie verfügen über einen Einschub für eine Micro-SD-Karte oder über einen eingebauten Speicherbaustein ("Flash-Speicher"). Nutzer der Konsole können mit Hilfe dieser Adapter im Internet angebotene Raubkopien der Spiele auf der Konsole verwenden. Dazu laden sie solche Kopien der Spiele aus dem Internet herunter und übertragen diese sodann entweder auf eine Micro-SD-Karte, die anschließend in den Adapter eingesteckt wird, oder unmittelbar auf den eingebauten Speicherbaustein des Adapters.

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb der Adapter einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 95a Abs. 3 UrhG; diese Bestimmung regelt den Schutz wirksamer technischer Maßnahmen, die ihrerseits dem Schutz urheberrechtlich geschützter Werke dienen. Die Klägerin hat die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung der Karten in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Vertrieb der Adapter verstoße gegen § 95a Abs. 3 UrhG. Das aufeinander abgestimmte Format der von den Klägerinnen hergestellten Karten und Konsolen stelle eine wirksame technische Maßnahme zum Schutz der in den Videospielen enthaltenen Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerke dar. Mit der vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. § 95a Abs. 3 UrhG setzt Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG nahezu wörtlich ins deutsche Recht um. Beide Bestimmungen regeln den Schutz von Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlich geschützter Werke. Für den Schutz von Maßnahmen zum Schutz von Computerprogrammen sehen allerdings die Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2009/24/EG und die zu ihrer Umsetzung ergangene Bestimmung des § 69f Abs. 2 UrhG eine besondere - weniger weitreichende - Regelung vor. Zudem bestimmt Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG, dass die Richtlinie 2001/29/EG - und damit auch deren Art. 6 Abs. 2 - die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über den rechtlichen Schutz von Computerprogrammen unberührt lässt. Die zur Umsetzung dieser Vorschrift dienende Regelung des § 69a Abs. 5 UrhG bestimmt unter anderem, dass die Regelung des § 95a Abs. 3 UrhG nicht auf Computerprogramme anwendbar ist. Die von den Klägerinnen vertriebenen Videospiele bestehen nicht nur aus Sprach-, Musik-, Lichtbild- und Filmwerken; vielmehr liegen ihnen auch Computerprogramme zugrunde. Deshalb stellt sich die Frage, ob sich der Schutz von Maßnahmen zum Schutz solcher "hybriden Produkte" wie insbesondere Videospiele nach den speziell für Computerprogramme oder nach den allgemein für Werke geltenden Bestimmungen richtet oder ob sowohl die einen wie auch die anderen Bestimmungen anwendbar sind. Da diese Frage die Auslegung des Unionsrechts betrifft, hat der BGH sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Quelle: BGH

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Urheberrecht und Medienrecht Möge die Macht über das Vereinslogo beim Verein bleiben

Frankfurt/Main (jur). Ein Verein, hier von Star Wars-Fans, kann das von einem Mitglied gestaltete Vereinslogo auch nach dessen Rauswurf weiter nutzen. Denn das Fortbestehen des gewährten Nutzungsrechts an dem Logo ist grundsätzlich nicht an die Mitgliedschaft im Verein gebunden, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Montag, 10. Juli 2023, veröffentlichten Urteil (Az.: 11 U 61/22 ).  Im konkreten Fall ging es um einen Verein für Fans der Filmreihe „Star Wars“. Der Kläger hatte als Vereinsmitglied für seinen Star Wars-Verein ein Logo gestaltet und diesem ein Nutzungsrecht hierüber eingeräumt. Doch dann kam es zum Zerwürfnis mit ... weiter lesen

Urheberrecht und Medienrecht Keine Rundfunkbeitragspflicht für Verwalter von Ferienwohnungen

Oldenburg (jur). Der Verwalter von Ferienwohnungen muss für die von ihm bewirtschafteten Unterkünfte keine Rundfunkbeiträge bezahlen. Beitragspflichtig seien regelmäßig nur die Eigentümer der Ferienwohnungen, entschied das Verwaltungsgericht Oldenburg in einem am Montag, 27. März 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: 15 A 233/18).  Nur wenn der Verwalter die Ferienwohnungen an die Gäste in eigenem Namen vermiete, gehe die Rundfunkbeitragspflicht von den Eigentümern auf ihn über.  Damit bekam ein Vermietungsservice recht, der gewerblich Ferienwohnungen für die jeweiligen Eigentümer vermietet und betreut. Wegen dieser Tätigkeit sollte das Unternehmen ... weiter lesen

Urheberrecht und Medienrecht Recht am eigenen Bild – Bedeutung im Strafrecht einfach erklärt mit Beispielen

In Deutschland gilt das Recht am eigenen Bild und gehört zum Schutz der Persönlichkeitsrechte eines Menschen. Es besagt: Jeder ist frei, darüber zu entscheiden, ob und wie jemand sein Bild verwendet.  Die rechtliche Grundlage ist § 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Auf einer anderen Ebene greift das Kunsturhebergesetz, das neben dem Schutz von Kunstwerken auch das Recht am eigenen Bild regelt. Mit diesen Gesetzesbestimmungen wird Missbrauch vorgebeugt. Recht am eigenen Bild – was sagt das Gesetz? Das Recht am eigenen Bild ist ein Persönlichkeitsrecht, das jedem Menschen zusteht. Es besagt, dass niemand ohne Zustimmung des Betroffenen ein Foto oder Video von ihm ... weiter lesen

Urheberrecht und Medienrecht „Frauen-Aufreiß-Künstler“ muss Artikel über „Pick-Up-Artists“ dulden

Karlsruhe (jur). Verdient ein Student als Coach nebenberuflich sein Geld mit Tipps für schüchterne Männer zum „Frauen aufreißen“, muss er mit einer teils identifizierenden Berichterstattung rechnen. So darf die AStA-Zeitschrift einer Universität ihn mit seinem Vornamen und dem ersten Buchstaben seines Anfangsnamens nennen, wenn seine Tätigkeit als sogenannter Pick-Up-Artists und seinen Verführungstricks mit zunehmenden Übergriffen auf Frauen des Uni-Campus in Verbindung gebracht werden, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag, 19. Dezember 2022, veröffentlichten Urteil (Az.: VI ZR 65/21).  Im Streitfall war der Kläger, ein ... weiter lesen

Ihre Spezialisten