Mit dem neuen Wachstumschancengesetz, das am 27. März 2024 verkündet wurde, bricht eine neue Ära in der Steuerbehandlung von Abfindungen an. Im Mittelpunkt steht die Reform der sogenannten Fünftelregelung, eine bislang favorisierte Methode zur Minderung der Steuerprogression bei Abfindungen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen blicken gespannt auf die Auswirkungen dieser Änderungen, die spätestens ab 2025 die steuerliche Landschaft erheblich beeinflussen werden.
Hintergrund und bisherige Regelung der Fünftelregelung
Bisher war die Fünftelregelung ein effektives Mittel, steuerliche Belastungen bei Abfindungen abzumildern. Abfindungen, die in der Regel bei der Auflösung von Arbeitsverhältnissen ausgezahlt werden, gelten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und unterlagen stets der regulären Lohnsteuerpflicht. Ohne zusätzliche Steuermaßnahmen hätte dies häufig zur Anwendung eines höheren Steuersatzes geführt, da der Auszahlungsbetrag das Einkommen im betreffenden Kalenderjahr künstlich erhöhte.
Um diese Spitze zu entschärfen, griff die Fünftelregelung steuerlich ein. Der Arbeitgeber verteilte die Abfindung dabei fiktiv über fünf Jahre. Unter Berücksichtigung dieser Vereinfachung wurde nur ein Fünftel des Betrags zur Ermittlung des Steuersatzes hinzugerechnet. Dies sorgte für einen verminderten Progressionseffekt und führte zu günstigeren Steuerabzügen. Die Anwendung erfolgte durch den Arbeitgeber bereits bei der Auszahlung im Lohnsteuerabzugsverfahren.
Neuerungen ab 2025
Im Zuge der Reformen des Wachstumschancengesetzes wird diese Regelung grundlegend geändert. Ab 2025 wird die Anwendung der Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren durch den Arbeitgeber komplett abgeschafft. Stattdessen müssen Arbeitnehmer den Vorteil der Steuerprogression im Rahmen der Steuerveranlagung beantragen. Für Arbeitgeber reduziert sich dadurch der Verwaltungsaufwand, und das bisher bestehende Haftungsrisiko bei fehlerhafter Berechnung entfällt.
Die Verlagerung ins Veranlagungsverfahren bringt allerdings praktische Herausforderungen mit sich.
- Arbeitgeber werden zukünftig die volle Lohnsteuer auf Abfindungen berechnen und abführen.
- Arbeitnehmer erhalten deshalb zunächst einen geringeren Nettobetrag ausgezahlt und müssen die Fünftelregelung erst im Rahmen ihrer Steuererklärung aktivieren, um die steuerlichen Vorteile zurückzuerlangen.
Diese Änderung bedeutet für viele, dass sie eine potenzielle Steuererstattung erst im Folgejahr – nach Veranlagung – realisieren können.
Praktische Tipps für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Für Arbeitgeber bedeutet die neue Regelung eine spürbare Vereinfachung im Umgang mit Abfindungen. Der oft aufwendige Berechnungsprozess entfällt, und auch das Haftungsrisiko für potenzielle Rechenfehler wird minimiert. Nichtsdestotrotz bleiben Arbeitgeber in der Verantwortung, ausgeschiedene Mitarbeiter über die steuerlichen Änderungen zu informieren. Die Abfindungszahlungen müssen weiterhin korrekt ausgewiesen werden, und Absprachen dazu sollten in Aufhebungsvereinbarungen integriert werden.
Auf Arbeitnehmerseite bringt der Gesetzeswechsel spürbare Belastungen mit sich. Neben der Reduktion des Nettobetrags zum Auszahlungszeitpunkt bedeutet die Änderung auch, dass Arbeitnehmer einen höheren Vorfinanzierungsbedarf einplanen müssen. Die erzielte Steuerbegünstigung durch die Fünftelregelung wird dann erst nachträglich durch das Finanzamt ausgeglichen.
Fünftelregelung neu: So bereiten Sie sich optimal vor
- Arbeitgeber sollten sicherstellen, transparente Informationen über die Änderungen bereitzustellen. Dies kann beispielsweise in Form von Informationsschreiben oder als Hinweise in Aufhebungsverträgen erfolgen, die Arbeitnehmer auf die steuerliche Verantwortung hinweisen.
- Arbeitnehmer, die eine Abfindung erhalten, sind hingegen gut beraten, ihre Steuererklärungen zeitnah einzureichen. Eine sorgfältige Planung des finanziellen Budgets, um den zeitlich verzögerten Steuererstattungseffekt auszugleichen, ist entscheidend. Eine Rücksprache mit einem Steuerberater kann sich lohnen, um die persönliche Steuerlast bewerten und optimieren zu lassen.
Zusammenfassung
Das Wachstumschancengesetz bringt wesentliche Veränderungen in der Steuerbehandlung von Abfindungen mit sich. Während sich Arbeitgeber über vereinfachte Prozesse freuen können, stehen Arbeitnehmer vor zusätzlichen administrativen Anforderungen und möglicher Verzögerung der finanziellen Entlastung. Um die damit einhergehenden Herausforderungen zu meistern, ist beiden Seiten zu empfehlen, die neuen Regelungen frühzeitig zu verstehen und darauf vorbereitet zu reagieren. Trotz der kurzfristigen Herausforderungen eröffnet die Reform langfristig neue Möglichkeiten für eine effizientere Steuerlandschaft.
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