Migrationsrecht

Während Asylverfahren rückwirkendes Kindergeld nicht für alle

Zuletzt bearbeitet am: 05.03.2024

München. Für später aus humanitären Gründen aufgenommene Flüchtlinge haben während eines laufenden Asylverfahrens keinen Anspruch auf rückwirkendes Kindergeld. Bei solchen subsidiär Schutzberechtigten ist dies nicht vorgesehen, sondern nur für Flüchtlinge, die als politisch Verfolgte nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wurden. Das hat der Bundesfinanzhof München (BFH) in einem am Donnerstag, 20. Oktober 2022, veröffentlichten Beschluss (Az.: III R 19/20) entschieden.

Im konkreten Fall geht es um die ausländische Mutter zweier Kinder, die nach ihrer Einreise nach Deutschland Ende 2015 Asylanträge gestellt hatten. Zur Deckung des Existenzminimums erhielten sie Asylbewerberleistungen von der Kommune.

Der Asylantrag wurde im Dezember 2016 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt. Aus humanitären Gründen erkannte die Behörden die Mutter und ihre Kinder jedoch als subsidiär Schutzberechtigte an. Im Februar 2017 erhielten sie die entsprechenden Aufenthaltstitel.

Die Kommune beantragte daraufhin bei der Familienkasse die rückwirkende Zahlung des Kindergeldes ab Juli 2016, um damit zuvor gewährte Asylbewerberleistungen mit diesem verrechnen zu können. Die Kommune berief sich dabei darauf, dass anerkannte Flüchtlinge, die sich länger als sechs Monate in Deutschland aufhielten, rückwirkend ab dem siebten Monat Kindergeld beziehen können.

Allerdings hat der BFH mit Beschluss vom 11. Mai 2022 entschieden, dass ein Anspruch auf rückwirkende Kindergeldzahlung für subsidiär Schutzberechtigte nicht besteht. Die Mutter könne wegen ihres subsidiären Schutzstatus erst ab dem Zeitpunkt der Erlangung eines Aufenthaltstitels Kindergeld für ihre Kinder erhalten.

Das Vorläufige Europäische Abkommen über Soziale Sicherheit (VEA) sehe zwar vor, dass anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf Leistungen wie Kindergeld haben, wenn sie sich mindestens sechs Monate in einem Land aufhalten. Die Mutter und ihre Kinder seien jedoch keine nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannten Flüchtlinge, sondern haben Anspruch auf subsidiären Schutz. Rückwirkende Kindergeldansprüche seien daher nicht möglich.

„Weder der verfassungsrechtlich verbürgte Gleichbehandlungsgrundsatz noch das Unionsrecht erfordern es, Personen, denen später subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, hinsichtlich der Kindergeldberechtigung während des laufenden Asylverfahrens Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichzustellen“, führten die obersten Finanzrichter dazu weiter aus.

Quelle: © Fachanwalt.de

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