Sozialrecht

Wann liegen Mängel bei einer Kreuzfahrt vor?

30.07.2018
 (3)
Zuletzt bearbeitet am: 12.01.2024

Unter welchen Voraussetzungen sich Urlauber bei einer Kreuzfahrt auf einen Reisemangel berufen, können uns was sie dabei beachten sollten, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Nicht immer verläuft eine Kreuzfahrt ohne Komplikationen. Inwieweit diese einen Reisemangel darstellt, hängt davon ab, inwieweit die Beeinträchtigung als Mangel im Sinne des § 651i BGB anzusehen ist.

Dies setzt zunächst einmal voraus, dass es sich bei der Kreuzfahrt um eine Pauschalreise handelt. Hiervon ist in der Regel auszugehen.

 

Vorliegen von Reisemangel

Ein Reisemangel zeichnet sich dadurch aus, dass eine erhebliche Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit vorliegt. Das richtet sich bei einer fehlenden ausdrücklichen Vereinbarung vor allem danach, inwieweit die jeweilige Beeinträchtigung bei einer vergleichbaren Kreuzfahrt üblich ist und inwieweit diese nicht mit den Erwartungen übereinstimmt, die der Reisende gewöhnlich haben darf. In der Praxis stellt sich die Frage, inwieweit wirklich der jeweilige Reisemangel vor diesem Hintergrund als erheblich anzusehen ist. Worauf es für die Beurteilung ankommt, wird an den folgenden Beispielen deutlich.

Ein Reisemangel kommt etwa dann in Betracht, wenn ein Urlauber eine andere Kabinenkategorie als gebucht erhält. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Amtsgerichtes Charlottenburg vom 24.03.2011 - 210 C 367/10. Das Gericht billigte dem Urlauber hier eine Minderung in Höhe von 10 % des Reisepreises zu.

In einem weiteren Fall geht es darum, dass auf einer Kreuzfahrt Kanaren zwei Häfen auf der Reiseroute nicht angelaufen wurden. Dabei handelte es sich einmal um einen Hafen, der sich in Spanien befand. Der andere Hafen befand sich auf dem afrikanischen Kontinent. Das Amtsgericht Rostock entschied mit Urteil vom 09.03.2011 - 47 C 400/10, dass es sich hier um einen Reisemangel handelt. Für das Nichtanlaufen des Hafens in Afrika setzte es eine Reiseminderung in Höhe von 50 % des Tagespreises der Reise an. Dies begründete das Gericht damit, dass es sich um den einzigen Hafen handelt, der in Afrika angelaufen werden sollte. Insofern stellte dieser Hafen einen Höhepunkt der Reise dar. Für das Nichtanlaufen des Hafens in Spanien setzte es hingegen nur eine Reiseminderung in Höhe von 30 % des Tagesreisepreises ab. Grund für die Milde war, dass ein Ersatzhafen angelaufen wurde.

Ein anderer Sachverhalt zeichnete sich dadurch aus, dass sich ein Urlauber durch laute Musik in der direkt über seiner Kabine befindlichen „Raucherbar“ belästigt fühlte. Auf seine Beschwerde an der Rezeption wurde die Musik etwa zwischen 24.00 Uhr und 0.30 Uhr abgestellt. Nach drei Tagen erhielt er eine andere Kabine. Nach Beendigung erhielt er vom Reiseveranstalter für die drei Tage eine Erstattung in Höhe von jeweils 20 % des Reisepreises. Damit war der Urlauber nicht zufrieden und machte eine weitere Minderung des Reisepreises geltend. Das Amtsgericht Rostock wies seine Klage mit Urteil vom 12.03.2010 - 48 C 303/09 ab. Das Gericht stellte fest, dass dahinstehen kann, ob überhaupt ein Reisemangel vorlag. Denn die durch den Lärm verbundene Beeinträchtigung wäre durch die bereits erfolgte Erstattung des Reisepreises durch den Veranstalter abgedeckt.

Ein anderer Urlauber konnte drei Nächte wegen einem lauten schleifenden und quietschendes Geräusch zwischen 22.00 Uhr und 5 Uhr morgens nicht schlafen. Das Amtsgericht Frankfurt am Main billigte ihm mit Urteil vom 05.09.2005 - 30 C 1259/05 für diesen Zeitraum eine Reiseminderung in Höhe von 50 % des Tagesreisepreises zu. Das Gericht begründete dies damit, dass es sich bei diesem Geräusch das von defekten Stabilisatoren herrührte, um keine schiffstypische Beeinträchtigungen gehandelt hat.

Schließlich ging es darum, dass eine Urlauberin beim Besuch der Toilette auf einer nassen Schwelle gestürzt und sich unter anderem den Arm gebrochen und unter Schmerzen gelitten hatte. Daraufhin musste sie sich in Krankenhaus begeben und trat die Rückreise mit dem Flugzeug an. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main billigte ihr mit Urteil vom 28.04.2014 - 16 U 226/13 eine Reiseminderung in Höhe von 80 % des Reisepreises zu. Nach den Feststellungen der Richter war der Reiseveranstalter nicht seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen, weil diese Schwelle ständig nass gewesen ist. Notfalls hätte ein Austausch erfolgen müssen.

 

Geltendmachung von Ansprüchen wegen Reisemangel – was wichtig ist

Wichtig ist in solchen Situationen, dass der Urlauber sich unverzüglich an die örtliche Reiseleitung bzw. direkt an den Reiseveranstalter wendet und dort Abhilfe fordert. Wer eine solche Mängelanzeige unterlässt, muss damit rechnen, dass er seinen Anspruch etwa auf Minderung nicht mehr geltend machen kann. Am besten lassen sich Urlauber schriftlich bestätigen, dass sie diese Anzeige gemacht haben.

Darüber hinaus müssen alle Urlauber, die eine Kreuzfahrt bis zum 30.06.2018 gebucht haben, ihren Anspruch auf Minderung innerhalb eines Monats gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen. Ansonsten ist die Geltendmachung von Ansprüchen gem. § 651g Abs. 1 BGB (alte Fassung) normalerweise ausgeschlossen. Bei einer Buchung ab dem 01.07.2018 können sie sich damit aufgrund des neuen Reiserechtes bis zu zwei Jahre Zeit lassen. Danach kann sich der Veranstalter auf Verjährung gem. § 651j BGB berufen. Die Verjährungsfrist fängt zu dem Zeitpunkt an zu laufen an, ab dem die Reise laut Vertrag enden sollte.

 

Fazit:

Da es bei der Frage ob eine Mangel vorliegt, auf die genauen Umstände des Einzelfalls ankommt, dienen die erwähnten Fälle nur der groben Orientierung. Von daher ist für betroffene Urlauber eine Beratung durch einen Spezialisten für Reiserecht etwa bei einer Verbraucherzentrake oder einem Rechtsanwalt unbedingt empfehlenswert.

 

Autor: Harald Büring (Fachanwalt.de-Redaktion)

Foto: © Dreadlock - Fotolia.com

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Sozialrecht Verwaltungsgericht Aachen: Hautkrebs eines Polizisten keine Berufskrankheit

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Urteil (Az.: 1 K 2399/23 ) die Hautkrebserkrankung eines ehemaligen Polizisten nicht als Berufskrankheit anerkannt. Polizist fordert Anerkennung von Hautkrebs als Berufskrankheit Ein langjähriger Polizeibeamter, der nahezu sein ganzes Berufsleben im Streifendienst verbrachte, forderte die Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit. Der Betroffene argumentierte, während seiner fast 46 Dienstjahre hauptsächlich im Freien tätig gewesen zu sein, ohne dass ihm Schutzmittel gegen UV-Strahlung zur Verfügung gestellt wurden oder auf die Wichtigkeit solcher Schutzmaßnahmen hingewiesen wurde. Aufgrund ... weiter lesen

Sozialrecht LSG-Urteil: Einzelfahrten von Fahrtrainern als Arbeitsunfall anerkannt

Im aktuellen Fall des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde entschieden, dass die Erkundungsfahrt eines Fahrtrainers als Arbeitsunfall gilt (Az.: L 8 U 3350/22 ). Fahrtrainer-Unfall auf Erkundungsfahrt: Streit um Arbeitsunfall Ein selbständiger Motorrad-Fahrtrainer verletzte sich schwer, als er allein auf Erkundungsfahrt für ein bevorstehendes Training stürzte. Der Unfall ereignete sich 50 km entfernt von seinem Zuhause. Er argumentierte, dass die Fahrt zur Vorbereitung auf ein spezielles Training notwendig war, um die Straßenverhältnisse zu prüfen. Seine Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sie die Fahrt als private ... weiter lesen

Sozialrecht Landessozialgericht entscheidet: Kein Unfallversicherungsschutz auf indirektem Arbeitsweg

Im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde der Fall einer Klägerin behandelt, die auf einem Umweg zur Arbeit verunfallte und daher keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung hatte (Az.  L 10 U 3232/21 ). Mutter nach Umweg-Unfall ohne Versicherungsschutz Eine Frau begleitete ihre Tochter auf dem Schulweg zu einem Treffpunkt, der entgegengesetzt zu ihrer Arbeitsstelle lag. Nach diesem Umweg ereignete sich auf dem Weg zur Arbeit, jedoch noch vor dem Erreichen der direkten Route von ihrer Wohnung aus, ein Unfall, bei dem sie schwer verletzt wurde. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ... weiter lesen

Sozialrecht Sozialgericht Düsseldorf: Kein Arbeitsunfall bei Hilfe für Schwiegersohn

Das Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 6 U 284/20 ) hat entschieden, dass die Renovierung im Haus des Schwiegervaters nicht als Arbeitsunfall gilt. Verletzung bei Schwiegersohn ist kein Arbeitsunfall Der 51-jährige Kläger unterstützte bei Renovierungsarbeiten im Haus seines Schwiegersohnes, wo dieser mit der Tochter des Klägers und deren Sohn lebte. Während der Arbeiten verletzte sich der Kläger schwer und forderte von der Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Arbeitsunfall, um Leistungen der Unfallversicherung zu erhalten. Die Berufsgenossenschaft wies dies zurück, da eine "Wie-Beschäftigung" aufgrund der familiären Bindung nicht vorliege. ... weiter lesen

Ihre Spezialisten