Strafrecht

Wann wird ein Strafverfahren eingestellt und was bedeutet die Einstellung?

27.04.2017
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Zuletzt bearbeitet am: 05.04.2024

Ein Strafverfahren kann aus unterschiedlichen Gründen eingestellt werden. Um welche es sich handelt und welche Folgen die Einstellung hat erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wenn die Staatsanwaltschaft von einer Straftat erfährt, leitet sie normalerweise ein Ermittlungsverfahren ein. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass gegen den Beschuldigten Anklage erhoben und er vor Gericht gestellt wird. Vielmehr kann das Ermittlungsverfahren dadurch enden, dass es eingestellt wird.

Einstellung von Staatsanwaltschaft mangels hinreichendem Tatverdacht

Eine Einstellung des Strafverfahrens kommt zunächst einmal dann in Betracht, wenn sich während des laufenden Ermittlungsverfahrens herausstellt, dass gegenüber dem Beschuldigten kein hinreichender Tatverdacht besteht. Dann stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren auf Grundlage von § 170 Abs. 2 StPO ein. Ein hinreichender Tatverdacht ist nur gegeben, wenn eine Verurteilung durch das Gericht als wahrscheinlicher anzusehen ist. Hiergegen kann beispielsweise sprechen, dass sich während des Ermittlungsverfahrens herausstellt, dass der Beschuldigte aufgrund seines Alters noch gar nicht strafmündig gewesen ist bzw. ihm offensichtlich die Tat nicht nachgewiesen werden kann. Oder es ist bei einem Antragsdelikt nicht rechtzeitig genug ein Strafantrag gestellt worden. In diesem Fall erhält der Beschuldigte von der Staatsanwaltschaft einen Einstellungsbescheid, wenn die Ermittlungsbehörden ihn bereits als Beschuldigten vernommen haben oder sogar ein Haftbefehl ergangen ist.

Durch die Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachtes soll erreicht werden, dass nicht unnötig ein Gerichtsverfahren durchgeführt wird. Denn eine mündliche Hauptverhandlung in einer Strafsache stellt für den Betroffenen eine hohe psychische Belastung dar. Darüber hinaus werden dadurch auch die Gerichte entlastet. Allerdings kann das Ermittlungsverfahren wiederaufgenommen werden, wenn nachträglich festgestellte Tatsachen dafür sprechen, dass der Beschuldigte wohl der Täter gewesen ist.

Ein nach § 170 Abs. 2 StPO eingestelltes Verfahren kann somit  bis zum Eintritt der Verfolgungsverjährung wieder aufgenommen werden.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Geschädigten gegen die Einstellung nach § 172 StPO ein Rechtsmittel in Form der Beschwerde einlegen können. Gegen die Ablehnung kann unter Umständen im Wege des Klageerzwingungsverfahrens vorgegangen werden. Dies ist aber nur durch einen Rechtsanwalt möglich.

Einstellung wegen Privatklagedeliktes

Bei einem sogenannten Privatklagedelikt kann die Staatsanwaltschaft darüber hinaus auch dann das Ermittlungsverfahren einstellen, weil es lediglich an einem fehlenden öffentlichen Interesse zur Strafverfolgung fehlt. Dies ergibt sich aus § 376 StPO.

Welche Straftatbestände hierunter fallen, ergibt sich aus dem Katalog in § 374 StPO. Hierunter fallen etwa Delikte wie Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Beleidigung oder eine normale Körperverletzung. Die Geschädigten werden dann von der Staatsanwaltschaft auf den Privatklageweg verwiesen. Hiergegen kann leider kein Rechtsmittel eingelegt werden.  

Für ein öffentliches Interesse spricht vor allem, wenn die Strafverfolgung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Hierfür kann die Schwere der Tat sprechen und dass nicht nur der private Lebenskreis des Täters betroffen ist. Dies ist etwa häufig bei Verkehrsdelikten der Fall. Opfer einer Straftat können sich im Rahmen des Privatklageverfahrens durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Einstellung von Ermittlungsverfahren wegen Bagatelle

Eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit nach § 153 StPO ist möglich, wenn der Staatsanwalt von einer geringen Schuld ausgeht. Dies setzt allerdings voraus, dass es sich bei der Straftat um ein Vergehen handelt und es an einem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung fehlt. In der Regel muss auch das Gericht zustimmen. Der Beschuldigte braucht hingegen seine Zustimmung nicht zu erteilen.

Um ein Vergehen handelt es sich, wenn bei dem jeweiligen Straftatbestand überhaupt keine Mindestfreiheitsstrafe bzw. eine Mindestfreiheitsstrafe von unter einem Jahr oder eine Geldstrafe vorsieht. Dies ergibt sich aus der Definition des Vergehens in § 12 Abs. 2 StGB.

Eine Einstellung wegen Geringfügigkeit kommt häufig im Falle der Bagatellkriminalität in Betracht. Typisches Beispiel ist häufig ein Ladendiebstahl (außer bei wertvollen Sachen). Allerdings kann hier neben dem Wert der Sache eine Rolle spielen, ob es sich um eine erstmalige Straftat handelt. Weder der Beschuldigte noch der Geschädigte kann hier normalerweise ein Rechtsmittel einlegen. Allerdings ist es hier möglich, dass die Staatsanwaltschaft zu einem späteren Zeitpunkt dennoch Anklage erhebt.

Einstellung unter Erteilung von Auflagen

Des Weiteren kann eine Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft unter Erteilung von Auflagen nach § 154a StPO erfolgen. Diese Möglichkeit kommt auch nur dann infrage, wenn es sich bei der Straftat um ein Vergehen handelt. Sie setzt vor allem voraus, dass die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht. Es darf sich also um keine schwere Kriminalität handeln. Weiterhin darf das öffentliche Interesse an einer Bestrafung dem nicht zuwiderlaufen. Hiervon ist vor allem bei Mehrfachtätern auszugehen. Die Auflage besteht etwa in dem Bezahlen einer Geldbuße z. B. an eine Wohlfahrtsorganisation. Schließlich muss der Beschuldigte und in der Regel auch das Gericht dem zustimmen.

Der Beschuldigte hat hier den Vorteil, dass es nicht als vorbestraft gilt. Des Weiteren darf die Staatsanwaltschaft hier normalerweise keine Anklage wegen diesem Vergehen erheben, soweit der Beschuldigte die jeweilige Auflage erfüllt hat.

Einstellung des Strafverfahrens nach Erhebung der Anlage

Auch nach der Erhebung der Anklage ist eine Einstellung des Strafverfahrens im sogenannten Zwischenverfahren oder in der mündlichen Hauptverhandlung wegen Geringfügigkeit oder gegen Erteilung einer Auflage möglich. Dies ergibt sich aus § 153 Abs.2 StPO bzw.  153a Abs. 2 StPO. Hier müssen sowohl der Angeklagte wie das Gericht zustimmen.

Sofern sich im Zwischenverfahren herausstellt, dass der Beschuldigte gar keine Straftat begangen hat oder diese nicht verfolgt werden kann, lehnt das Gericht die Eröffnung der Hauptverhandlung ab. Es erlässt dann einen Nichteröffnungsbeschluss nach § 204 StPO. Dies kommt allerdings selten vor.

Autor: Harald Büring (Fachanwalt.de-Redaktion)
Foto: © Gerhard Seybert
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