Geschiedene Ehegatten können schnell ihren Unterhaltsanspruch verlieren, wenn sie einen neuen Partner kennenlernen. Näheres erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Nach einer Scheidung kann ein bedürftiger Ehegatte einen Anspruch auf Zahlung von nachehelichen Unterhalt haben. Dies setzt allerdings voraus, dass eine der in § 1570 BGB bis § 1577 BGB aufgeführten Gründe greifen. Hierzu gehört etwa, dass er ein Kind betreut hat oder aufgrund seines Alters beziehungsweise einer Erkrankung nicht alleine seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Wann liegt eine verfestigte Lebensgemeinschaft vor?
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht möglicherweise nicht mehr, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte einen neuen Partner kennenlernt. Hierzu ist keine erneute Heirat erforderlich. Vielmehr reicht es unter Umständen aus, wenn er damit eine verfestigte Lebensgemeinschaft eingeht. Dies ergibt sich aus § 1579 Nr. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift, ist ein Unterhaltsanspruch versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt.
Indizien für eine verfestigte Lebensgemeinschaft
Was unter einer verfestigten Lebensgemeinschaft genau zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber jedoch nicht näher definiert. Vielmehr ergibt sich dies aus der einschlägigen Rechtsprechung vor allem des Bundesgerichtshofes, vgl. etwa BGH, Urteil vom 05.10.2011 - XII ZR 117/09; BGH, Urteil vom 13.07.2011 – XII ZR 84/09. Hiernach gibt es mehrere Indizien, die für eine verfestigte Lebensgemeinschaft sprechen. Aus einer Gesamtwürdigung muss sich ergeben, dass dieses neue Verhältnis auf Dauer angelegt ist und es sich dabei um eine eheähnliche Gemeinschaft handelt, die quasi die frühere Ehe ersetzt.
- Rein objektive Gegebenheiten maßgeblich
Dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit dem bedürftigen Ehegatten sein Verhalten vorzuwerfen ist. Vielmehr ist allein darauf abzustellen, ob objektive Gegebenheiten für das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft bestehen.
- Gemeinsame Wohnung
Für eine verfestigte Lebensgemeinschaft spricht, wenn der unterhaltsbedürftige Ehegatte und der neue Partner in einer gemeinsamen Wohnung zusammenleben. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich.
- Gemeinsamer Haushalt
Ebenso spricht für eine solche Lebensgemeinschaft, wenn trotz getrennter Wohnungen ein gemeinsamer Haushalt geführt wird. Aber auch dies ist kein „Muss“.
- Gemeinsames Heim
Ein weiteres wichtiges Indiz ist, dass das neue Paar viele gemeinsame Investitionen tätigt beziehungsweise sich eine gemeinsame Immobilie kauft.
- Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit
Darüber hinaus kann aber auch das Erscheinungsbild des Paares in der Öffentlichkeit für eine verfestigte Lebensgemeinschaft sprechen. Dies kann sich unter anderen daraus ergeben, dass der Unterhaltsberechtigte mit dem neuen Partner seine gemeinsamen Urlaube verbringt, häufig zusammen ausgeht und beispielsweise anlässlich eines Todesfalls beide Namen auf eine Kranzschleife schreiben lässt.
- Dauer der neuen Lebensgemeinschaft
Eine verfestigte Lebensgemeinschaft muss normalerweise bereits seit zwei oder drei Jahren bestehen, damit die notwendige Verfestigung eingetreten ist. Dies gilt auch im Falle eines Zusammenzugs. Erst dann soll im Regelfall der Unterhaltsanspruch gegenüber dem früheren Ehegatten verwirkt sein und somit wegfallen.
Unter besonderen Umständen kann der Unterhaltsanspruch jedoch schneller verwirken. Hiervon ging etwa das Oberlandesgericht Saarbrücken in einem Fall aus, in dem die frühere Ehefrau gemeinsam mit ihrem neuen Partner Eigentum an einer mehrstöckigen Immobilie erwarb. In dem von ihr bewohnten Stockwerk befand sich keine Küche. Sie durfte Küche, den Garten und die Waschmaschine ihres Partners mitbenutzen. Beide hatten diese Immobilie finanziert, wobei der Finanzierungsanteil der Frau unklar blieb. Dies alles sprach nach Ansicht des Oberlandesgerichtes Saarbrücken dafür, dass bereits nach einem Jahr eine verfestigte Lebensgemeinschaft bestand. Dies hat das Oberlandesgericht Saarbrücken im Rahmen eines Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe festgestellt (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.02.2009 – 9 WF 19/09 PKH). Ähnlich sah dies auch das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom 12.10.2005 - 18 UF 305/04. Die Richter verwiesen darauf, dass dem gemeinsamen Kauf einer Immobilie wegen der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Vorgangs zentrale Bedeutung für die Annahme zukommt, dass die Parteien sich für eine langjährige gemeinsame Zukunft entschieden haben.
Beweis/Nachweis der verfestigten Lebensgemeinschaft
Derjenige der zu der Leistung von Unterhaltszahlungen verpflichtet ist, muss darlegen und gegebenenfalls nachweisen, dass der bedürftige Ehepartner mit einem Dritten eine verfestigte Lebensgemeinschaft bildet. Dabei sollte bedacht werden, dass gerade auch dem Aspekt der Finanzierung vor allem einer gemeinsamen Immobilie hier eine hohe Bedeutung zukommt. Dies erscheint einsichtig vor dem Hintergrund, dass man hierzu bei einer flüchtigen Beziehung kaum bereit ist. Vielmehr spricht hierdurch, dass man durch ein gemeinsames Heim eine langfristige gemeinsame Zukunft plant und hinsichtlich der früheren Ehe einen endgültigen Schlussstrich gesetzt hat. Ein solches Indiz lässt sich möglicherweise durch Einsicht ins Grundbuch feststellen. Darüber hinaus spricht für das gemeinsame Zusammenleben in einer Mietwohnung oder Eigentumswohnung, wenn beide auf dem Klingelschild genannt werden. Der neue Wohnsitz lässt sich normalerweise durch Nachfrage bei der Meldebehörde der zuständigen Gemeinde klären.
Weitere Gründe für Verwirkung oder Beschränkung von Unterhalt
Darüber hinaus sollte der Unterhaltspflichtige prüfen, ob sich der Ausschluss oder Beschränkung des Unterhaltsanspruches aus einem anderen in § 1579 BGB genannten Gründe ergibt. Hiervon ist beispielsweise dann auszugehen, wenn der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt, sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt, er vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat oder ihm ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen de Verpflichteten vorzuwerfen ist. Schließlich kann sich eine Verwirkung des Anspruchs auf Unterhalt auch daraus ergeben, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes gem. § 1579 Nr. 8 BGB grob unbillig wäre, weil ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt. Dies kommt etwa infrage, wenn der Unterhaltsberechtigte seine neue Beziehung in der Weise pflegt, dass er seinen früheren Ehegatten dadurch in der Öffentlichkeit bloßstellt oder in seinem Ansehen schädigt.
Fazit:
Für den Ausschluss eines Unterhaltsanspruches reicht normalerweise nicht aus, dass der Unterhaltsberechtigte nach der Trennung oder Scheidung eine neue Beziehung eingeht. Dies gilt auch, wenn dabei Intimitäten ausgetauscht werden. Dies gilt aber nicht, wenn Besonderheiten hinzutreten, wie etwa eine Verfestigung dieser Lebensgemeinschaft. Hier ist für den Unterhaltspflichtigen die Zahlung von Unterhalt nicht mehr zumutbar. Das Problem liegt in der Praxis häufig in der Beweisbarkeit. Diesbezüglich sollte sich der Unterhaltspflichtige von einem Fachanwalt für Familienrecht beraten lassen.
Autor: Harald Büring (Fachanwalt.de-Redaktion)
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