Das Thema „Weihnachtsgeld trotz Kündigung“ ist für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von großer Bedeutung, insbesondere wenn sie das Unternehmen verlassen und dennoch einen Anspruch auf Sonderzahlungen erwarten. Ein entscheidender Aspekt hierbei ist, ob eine Kündigung den Anspruch auf Weihnachtsgeld ausschließt, insbesondere unter Berücksichtigung von § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB. Jüngste Gerichtsurteile zeigen, dass geringfügige Abweichungen von Tarifverträgen erhebliche Auswirkungen auf den Anspruch haben können.
Kein Weihnachtsgeld bei Kündigung? Die rechtliche Grundlage
In einem vorliegenden Fall entschied das Arbeitsgericht München über den Anspruch einer Arbeitnehmerin auf Weihnachtsgeld, nachdem sie selbst gekündigt hatte und das Unternehmen zum 31. Dezember 2023 verließ.
Der zugrundeliegende Arbeitsvertrag verwies auf den Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe. Laut § 3 Nr. 3 des Tarifvertrages hatten Angestellte, deren Arbeitsverhältnis im Auszahlungszeitpunkt beendet war, keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Diese Regelung sollte auch für Angestellte gelten, die in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, es sei denn, die Kündigung erfolgte aus betrieblichen Gründen.
Das geklagte Unternehmen lehnte die Zahlung des Weihnachtsgeldes ab, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits beendet war. Das Arbeitsgericht gab jedoch der Klage auf Zahlung statt. Entscheidend war die Frage, ob eine tarifvertragliche Stichtagsregelung, die den Anspruch an den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses knüpft, wirksam ist.
Stichtagsklauseln und die Privilegierung nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB
Die zentrale Frage drehte sich um die Privilegierung nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, der besagt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen, die auf Tarifverträgen basieren, in der Regel nicht der AGB-Kontrolle unterliegen. Allerdings ist diese Privilegierung nur bei einer uneingeschränkten Verweisung auf einen Tarifvertrag anwendbar. In diesem Fall jedoch nahm der Arbeitsvertrag nur teilweise Bezug auf den Tarifvertrag. Aufgrund dieser Teilverweisung kam es zu einer AGB-Kontrolle (gerichtliche Prüfung, ob Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsparteien unangemessen benachteiligen und daher unwirksam gemäß § 307 BGB sind).
Das Arbeitsgericht stellte fest, dass die Stichtagsregelung, die das Weihnachtsgeld an den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses knüpft, gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt. Diese Vorschrift schützt Arbeitnehmer vor unangemessenen Benachteiligungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Laut Bundesarbeitsgericht ist es unzulässig, Sonderzahlungen, die zumindest teilweise eine Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen darstellen, von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis abhängig zu machen. Eine solche Regelung erschwert es dem Arbeitnehmer, sein Kündigungsrecht auszuüben, da sie ihm bereits erarbeitetes Entgelt entzieht.
Fakten
- Stichtagsregelungen müssen sorgfältig geprüft werden.
- Teilverweisungen auf Tarifverträge führen zur AGB-Kontrolle.
- Weihnachtsgeld stellt häufig eine Mischform aus Treuebonus und Vergütung dar, was in die rechtliche Bewertung einfließt.
Rechtliche Grundlagen und aktuelle Entwicklungen
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts München stützt sich maßgeblich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), welches in früheren Urteilen feststellte, dass Stichtagsklauseln, die Sonderzahlungen an den Bestand des Arbeitsverhältnisses knüpfen, oftmals gegen das Transparenzgebot und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoßen. In diesem Fall war die Stichtagsregelung eine unangemessene Benachteiligung, da sie die Ausübung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig erschwert.
Praktischer Tipp für Arbeitnehmer
Arbeitnehmer sollten ihren Arbeitsvertrag genau prüfen, insbesondere bei Kündigungen gegen Jahresende. Falls Sonderzahlungen an einen bestimmten Stichtag oder den ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses gekoppelt sind, kann eine rechtliche Prüfung lohnenswert sein. Die AGB-Kontrolle durch die Gerichte bietet in vielen Fällen Schutz vor unangemessenen Benachteiligungen.
Zusammenfassung
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts München verdeutlicht, dass Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld, selbst bei Kündigung, nicht automatisch entfallen. Entscheidend ist, ob es sich um eine Vergütung für bereits erbrachte Leistungen handelt und ob der Tarifvertrag vollständig oder nur teilweise in den Arbeitsvertrag eingebunden wurde. Arbeitnehmer sollten daher genau prüfen, welche Ansprüche ihnen zustehen, bevor sie sich mit einem Verzicht auf Sonderzahlungen abfinden.
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