Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Urteil vom 6.3.2025 entschieden, dass ein Vermittlungsportal für medizinisches Cannabis mit seiner Werbung gegen Werberecht verstößt. Das Urteil betrifft sowohl unzulässige Laienwerbung als auch verbotene Provisionen bei der Patientenvermittlung und zieht klare Grenzen für Anbieter und deren Geschäftsmodelle.
Werbung für medizinisches Cannabis: Was dem Verfahren zugrunde lag
Ein Betreiber eines Online-Vermittlungsportals bot Patienten die Möglichkeit, ihr Interesse an einer Behandlung mit medizinischem Cannabis zu bekunden. Anschließend wurden ihnen Ärzte vorgestellt, mit denen Behandlungstermine vereinbart werden konnten. Für diese Serviceleistungen erhielt der Portalbetreiber einen prozentualen Anteil des ärztlichen Honorars. Zudem warb das Portal mit dem Slogan: "Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital". Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. sah hierin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und klagte erfolgreich vor dem Landgericht Frankfurt. In der Berufung bestätigte das OLG Frankfurt weitgehend das erstinstanzliche Urteil.
Laienwerbung: Ein klarer Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz
Das OLG (Az. 6 U 74/24) stellte fest, dass die Werbung des Portals gegen das sogenannte Laienwerbeverbot gemäß § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstößt. Demnach ist die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel gegenüber Laien grundsätzlich untersagt. Obwohl der Portalbetreiber selbst kein medizinisches Cannabis vertreibt, zielte seine Werbung darauf ab, die Verschreibung und den Absatz dieses Arzneimittels zu fördern. Dies wertete das Gericht als unzulässige produktbezogene Werbung.
Fernbehandlung: Rechtlicher Rahmen für digitale Angebote beim Cannabis
Des Weiteren beanstandete das Gericht den Werbeslogan "Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital" als Verstoß gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen gemäß § 9 Satz 1 HWG. Die Aussage erweckte den Eindruck, dass eine digitale Erstbehandlung mit medizinischem Cannabis gleichwertig zur persönlichen Konsultation sei. Zum Zeitpunkt der Werbung war dies jedoch nach dem geltenden Betäubungsmittelrecht nicht zulässig.
Vergütungssysteme im Visier: Verdeckte Provisionen
Ein weiterer zentraler Punkt des Urteils betrifft die Vergütungsregelung zwischen dem Portalbetreiber und den kooperierenden Ärzten. Der prozentuale Anteil am ärztlichen Honorar, den der Betreiber erhielt, wurde als verdeckte Vermittlungsprovision gewertet. Dies stellt einen Verstoß gegen § 31 der Musterberufsordnung für Ärzte dar, der es Ärzten untersagt, für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt zu zahlen oder zu erhalten. Das Gericht sah hierin eine unzulässige Unterstützung eines berufsrechtswidrigen Verhaltens.
Auswirkungen auf Verbraucher: Mehr Sicherheit, weniger Flexibilität
Für Patienten bedeutet dieses Urteil eine Einschränkung der Möglichkeiten, über Online-Portale Zugang zu einer Behandlung mit medizinischem Cannabis zu erhalten. Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer persönlichen ärztlichen Konsultation, insbesondere bei der Erstverschreibung von Betäubungsmitteln. Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass digitale Angebote in diesem Bereich rechtlichen Beschränkungen unterliegen und nicht uneingeschränkt verfügbar sind.
Folgen für Anbieter vom medizinischen Cannabis: Rechtssicherheit durch Anpassung
Anbieter von Vermittlungsportalen und telemedizinischen Dienstleistungen müssen ihre Geschäftsmodelle und Werbestrategien an die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen anpassen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass keine unzulässige Laienwerbung betrieben wird und Vergütungsmodelle keine verdeckten Provisionen für die Patientenvermittlung beinhalten. Zudem sollte die Werbung für Fernbehandlungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und keine irreführenden Aussagen enthalten.
Tipp für Verbraucher: Informieren Sie sich sorgfältig über Anbieter von Behandlungen mit medizinischem Cannabis. Achten Sie darauf, dass persönliche ärztliche Konsultationen angeboten werden und keine irreführende Werbung erfolgt. Im Zweifel sollten Sie Ihren Hausarzt oder eine unabhängige Beratungsstelle konsultieren.
Zusammenfassung
Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Werbung und Vermittlung im Bereich des medizinischen Cannabis. Es unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zum Schutz der Patienten und zur Wahrung der Integrität des ärztlichen Berufsstandes. Anbieter und Verbraucher sollten sich der rechtlichen Grenzen bewusst sein, um mögliche Konsequenzen zu vermeiden.
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