Kassel (jur). Für freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung mindern Werbungskosten den Beitrag. Das gilt nicht nur für Freiberufler, sondern für alle freiwillig Versicherten, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Donnerstag, 30. Juni 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: B 12 KR 11/20 R). Danach entspricht der Werbungskostenabzug hier dem bei der Einkommensteuer.
Die freiwillig bei einer Betriebskrankenkasse versicherte Klägerin ist geschieden und erhielt im Streitjahr 2014 von ihrem Ex-Mann Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 1.000 Euro. Daneben hatte sie geringe Mieteinnahmen und Einkünfte als Änderungsschneiderin, zusammen gut 1.600 Euro im gesamten Jahr.
Das Finanzamt hatte für die Unterhaltszahlungen Werbungskosten in Höhe von 60 Euro je Monat anerkannt. Die Krankenkasse dagegen hatte anders entschieden. Ein Werbungskostenabzug für die Beitragsberechnung freiwillig Versicherter sei nur für Selbstständige zulässig. Für alle anderen gelte das „Bruttoprinzip“.
Mit seinem Urteil vom 28. Juni 2022 hat das BSG dem nun klar widersprochen. Die Krankenkassen müssten den beitragsmindernden Abzug von Werbungskosten bei allen freiwillig Versicherten akzeptieren.
Zur Begründung verwiesen die Kasseler Richter auf das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot. Der Werbungskostenabzug sei zwar nur bei den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen gesetzlich vorgegeben. Aus Gründen der „Belastungsgleichheit“ müsse dies aber für alle Werbungskosten gelten. Es gebe „keinen sachlichen Grund, der insoweit eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte“.
Als Beleg für Ihre Werbungskosten können nach dem Urteil freiwillig Versicherte ihre Einkommensteuerbescheide bei der Krankenkasse einreichen.
Nicht abzugsfähig ist laut BSG allerdings ein in der Unterhaltsvereinbarung ausgewiesener „Versicherungsbeitrag zur Altersvorsorge“. Dieser gehöre zum regulären Einkommen, das für den Lebensunterhalt zur Verfügung steht. Ein Abzug vom beitragspflichtigen Einkommen sei daher nicht gerechtfertigt.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock