Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Wohnungseigentümergemeinschaft gilt als „Verbraucher“

Zuletzt bearbeitet am: 11.04.2024

Karlsruhe (jur). Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist grundsätzlich als „Verbraucher“ anzusehen, so dass diese sich auch auf Verbraucherrechte berufen kann. Dies gilt zumindest dann, wenn der Wohnungseigentümergemeinschaft wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft nicht zu gewerblichen Zwecken abschließt, urteilte am Mittwoch, 25. März 2015, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (Az.: VIII ZR 243/13, VIII ZR 360/13 und VIII ZR 109/14).

Im konkreten Fall hatten drei Hamburger Wohnungseigentümergesellschaften sich gegen Klauseln in ihren Gaslieferungsverträgen ihres Energieversorgungsunternehmens gewandt. Sie hielten die formularmäßig vereinbarten Preisanpassungsklauseln für unwirksam und beriefen sich dabei auf Urteile des BGH vom 24. März 2010 (Az.: VIII ZR 178/08 und VIII ZR 304/08). Die Karlsruher Richter hatten damals die Klauseln für Verbraucher gekippt. Für Unternehmen hatte der BGH ähnliche Vertragsklauseln am 14. Mai 2014 jedoch als wirksam erachtet (Az.: VIII ZR 114/13 und VIII ZR 116/13

In einem der jetzt verhandelten Fälle ging es um einen Betrag in Höhe von 184.736 Euro für einen Lieferzeitraum von zweieinhalb Jahren. Sämtliche Wohnungseigentümergemeinschaften wurden von einem gewerblichen Unternehmen verwaltet.

Sowohl das Energieversorgungsunternehmen als auch das Landgericht und Oberlandesgericht (OLG) Hamburg sahen keinen Grund, die verbraucherfreundliche BGH-Rechtsprechung auf Wohnungseigentümergemeinschaften anzuwenden. Es handele sich hier vielmehr um Unternehmen.

Doch der BGH stellte nun klar, dass Wohnungseigentümergemeinschaften im Interesse des Verbraucherschutzes „regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen“ seien. Voraussetzung hierfür sei, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft mindestens ein Verbraucher angehört. Auch müsse die Eigentümergemeinschaft ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließen, „der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient“, so der BGH.

Denn ein Wohnungseigentümer dürfe seine Schutzwürdigkeit als Verbraucher nicht dadurch verlieren, dass er beim Kauf des Eigentums - wie gesetzlich vorgeschrieben - Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft wird. Die Verbrauchereigenschaft gelte auch dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bei Vertragsschluss durch eine gewerbliche Hausverwaltung vertreten wird.

In den konkreten Fällen sei bei den Klägern daher von „Verbrauchern“ und von unwirksamen Gaspreiserhöhungen auszugehen. Dies müsse aber das OLG noch einmal feststellen.

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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