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Zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit bei Krankheit

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(19 Bewertungen)01.08.2017 Arbeitsrecht

Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert, ist der Arbeitnehmer zudem verpflichtet, eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Dies ergibt sich aus § 5 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz.

Hat der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters, kann er nach § 275 Absatz 1a Satz 3 SGB V verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einholt. Der MDK fungiert dabei als unabhängiger medizinischer Begutachtungsdienst für die gesetzliche Krankenversicherung.

Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer erhalten nach erfolgter Begutachtung eine Mitteilung über das Ergebnis der Begutachtung des MDK, sofern dieses mit der Bescheinigung des behandelnden Arztes nicht übereinstimmt. Informationen über die konkrete Diagnose erhält der Arbeitgeber jedoch nicht.

Um den Beweiswert der kassenärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, muss der Arbeitgeber jedoch Tatsachen vortragen, die ernsthafte und begründete Zweifel an der attestierten Arbeitsunfähigkeit aufkommen lassen (BAG, Urteil vom 19.02.1997, 5 AZR 83/96). Diese Zweifel können Sie der Bescheinigung selbst ergeben, aus den Umständen ihres Zustandekommens, oder aus Verhaltensweisen des Arbeitnehmers.

Zweifel an der Bescheinigung selbst können vorliegen, wenn der Beginn der Arbeitsunfähigkeit auf einen mehr als zwei Tage vor dem Behandlungstag liegenden Zeitpunkt zurückdatiert wird (LAG Köln, Urteil v. 21.11.2003, 4 Sa 588/03).

Zweifelhafte Begleitumstände des Zustandekommens liegen beispielsweise vor, wenn der Arzt die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, ohne den Patienten zuvor untersucht zu haben. Auch wenn davon auszugehen ist, dass der Arbeitnehmer den Arzt getäuscht hat oder der Arzt die Arbeitsunfähigkeit aus Gefälligkeit bescheinigt hat, kann der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzweifeln.

Verhaltensweisen des Arbeitnehmers, aus denen sich Zweifel an der AU ergeben können, liegen beispielsweise vor, wenn der Arbeitnehmer der Aufforderung, sich durch den MDK begutachten zu lassen, nicht nachkommt. Ebenso in Fällen, in denen der Arbeitnehmer für den Krankheitszeitraum zunächst Urlaub beantragt hatte, der abgelehnt wurde,  oder der Arbeitsunfähigkeit einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber vorherging (LAG Hamm, Urteil vom 10.09.2003, 18 Sa 721/03). Auch wenn der Arbeitnehmer während der angeblichen Arbeitsunfähigkeit bei Tätigkeiten beobachtet wird, die von einem Kranken nicht erwartet werden, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern.

Sofern es dem Arbeitgeber gelingt, den Beweiswert einer vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit auf andere Weise nachweisen. Die bewusste Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung ist eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitsvertrags und an sich geeignet, als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Absatz 1 BGB für eine fristlose Kündigung herangezogen zu werden. Eine vorherige Abmahnung kann entbehrlich sein (Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 10.09.2003, 18 Sa 721/03).

Haben Sie Fragen zum Thema Arbeitsunfähigkeit oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall?​ Kontaktieren Sie uns und besprechen Sie Ihren Fall mit einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht!

Rechtsanwalt Philipp Kitzmann, LL.M.
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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