Tenor (gekürzt): Sofern das Verlangen auf Reduzierung der Arbeitszeit sehr gering ist und mit dem Antrag maßgeblich eine Verteilung der Arbeitszeit begehrt wird, auf die kein Anspruch besteht, kann der der Teilzeitanspruch bzw. das Verringerungsverlangen rechtsmissbräuchlich sein (siehe Urt. des ArbG Mannheim v. 14.04.2015, 8 Ca 91/14).
Tatbestand: Der Kläger war seit dem Januar 2009 bei der Beklagten in deren Niederlassung in Vollzeit in dem Verleihservice für Maschinen beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört es, Geräte zu vermieten und an die Kunden auszugeben sowie wieder in Empfang zu nehmen. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge des Einzelhandels Baden-Württemberg Anwendung. Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers betrug gem. § 6 MTV Einzelhandel Baden-Württemberg 37,5 Stunden. Aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen wegen Funktionsstörungen an den Händen und der Wirbelsäule war beim Kläger ein GDB von 30 % festgestellt worden. Der Kläger ist einem schwerbehinderten Menschen gem. § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellt. Ferner ist der Kläger Vorsitzender des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats. Die Beklagte war ein Unternehmen im Bereich des Bau- und Heimwerkerbedarfs. Sie beschäftigte ihre Vollzeitmitarbeiter in der betreffenden Abteilung in der Regel von montags bis samstags rollierend in drei Schichten, nämlich von 7.00 Uhr bis 15.30 Uhr, 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr sowie 11.45 Uhr bis 20.00 Uhr. Entsprechend diesen Arbeitszeiten wurde der Kläger bisher auch eingesetzt. Der Einsatz von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern erfolgte nach individuell mit diesen vereinbarten Arbeitszeiten. Mit Schreiben vom 20. Januar 2014 beantragte der Kläger eine Reduzierung seiner wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 35 Stunden. Darüber hinaus beantragte er die folgende Verteilung der Arbeitszeit: Montag bis Donnerstag jeweils 7,5 Stunden bis maximal 17.00 Uhr. Freitags und Samstag jeweils maximal 5 Stunden bis 12.00 Uhr oder 12.30 Uhr. Die Arbeitstage Freitag und Samstag sollten dabei in 14-tägigem Wechsel arbeitsfrei sein.
Zu Gunsten des Klägers sei davon auszugehen gewesen, dass die beklagte Arbeitgeberin der vom Kläger gewünschten Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden auf 35 Stunden zugestimmt habe. Der Kläger habe jedoch gem. § 8 II 2 S. 2 TzBfG sein Verringerungsverlangen mit einem konkreten Verteilungswunsch verbunden und sein Änderungsangebot somit von der Zustimmung der Beklagten zur gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig gemacht (vgl. BAG v. 18.02.2003, NZA 2003, 1392 (1394). In einem solchen Fall könne der Arbeitgeber das Änderungsangebot nur einheitlich annehmen oder ablehnen (BAG v. 18.08.2009, 9 AZR 517/08, NZA 2009, 1207 (1209); vgl. auch ErfK-Preis, 14. Aufl., § 8 TzBfG Rn. 14 m. w. Nachw.). Die Klage sei aber unbegründet, denn die Beklagte sei gem. § 8 IV S. 1 TzBfG nicht verpflichtet, der vom Kläger verlangten Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit zuzustimmen.
Dem Verringerungsverlangen des Klägers stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gem. § 242 BGB entgegen. Nach Auffassung der Kammer ist die Rechtsausübung des Klägers hinsichtlich seines Begehrens um eine Arbeitszeitverkürzung von 2,5 Wochenstunden rechtsmissbräuchlich, denn ihr liege kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde. Sie diene nur als Vorwand für einen gewünschten massiven Eingriff in die Lage der Arbeitszeit und folglich zur Erreichung vertragsfremder Zwecke.
Stellungnahme des Verfassers: Das Urteil dürfte so gut vertretbar sein, weil über ein sehr kleines Verringerungsverlangen des Arbeitnehmers im Hinblick auf die Dauer der arbeitszeit ein Eingriff in das betriebliche Wechselschichtsystem erreicht werden sollte.
Mitgeteilt durch: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Walter Stoklossa, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Versicherungsrecht und Familienrecht, Aschaffenburg (06021/585 1270), Marktheidenfeld (09391/916670) und Würzburg (Tel. 0931/406 200 62), www.radrstoklossa.de.