Arbeitsrecht

Arbeitsrecht: Umkleidezeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit

05.10.2019

Ist in Unternehmen eine Dienstkleidung vorgeschrieben, dann ist die für das Umkleiden aufgewendete Zeit i.d.R. Arbeitszeit. Umkleidezeiten zählen im Arbeitsrecht als Arbeitszeit, wenn das Umkleiden ausschließlich fremdnützig ist. Gleichwohl müssen Umkleidezeiten nicht immer als Arbeitszeit vergütet werden.

1. Fremdnützige Tätigkeit

Das Tragen einer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Schutzkleidung, wie z. B. Sicherheitsschuhe, ist eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit, sodass es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit handelt (BAG 25.04.2018, Az. 5 AZR 245/17).
Trägt also z. B. ein Arbeitnehmer besonders auffällige Schutzkleidung und zieht er sich im Betrieb um, dann liegt Arbeitszeit vor.

2. Auffällige Dienstkleidung

Eine Dienstkleidung ist dann auffällig, wenn sie einem bestimmten Arbeitgeber zugeordnet werden kann oder der Arbeitnehmer aufgrund der Ausgestaltung seiner Kleidungsstücke in der Öffentlichkeit mit einem bestimmten Berufszweig in Verbindung gebracht wird (BAG 06.09.2017, Az. 5 AZR 382/16). So ist z.B. eine Schutzkleidung mit Lichtreflektorstreifen und Firmenlogo eine auffällige Dienstkleidung.

Entscheidet sich der Arbeitnehmer, die auffällige Dienstkleidung im Betrieb anzulegen, dann handelt es sich um Arbeitszeit. Kann die auffällige Dienstkleidung auch außerhalb der Arbeitszeit getragen werden und der Arbeitnehmer zieht sich nicht im Betrieb um, dann liegt keine Arbeitszeit vor.

3. Nicht auffällige Dienstkleidung

Bei nicht auffälliger Dienstkleidung ist die Umkleidezeit dann Arbeitszeit, wenn das Umkleiden zwingend im Betrieb erfolgen muss (BAG 26.10.2016, Az. 5 AZR 168/16).

Kann die Dienstkleidung dagegen auch zu Hause angelegt werden, handelt es sich nicht um Arbeitszeit (BAG 17.11.2015, Az. 1 ABR 76/13).

4. Vergütung für Umkleidezeiten

Durch Arbeitsverträge oder Tarifverträge können für Umkleidezeiten besondere Vergütungsregelungen getroffen werden. Dabei kann die Arbeitsvergütung für Umkleidezeiten abweichend geregelt oder pauschaliert werden.  Bei der Geltendmachung der Arbeitsvergütung sind ggf. arbeitsvertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen zu beachten.

Eine solche abweichende Regelung ist z.B. in § 6 Abs. 2 MTV Chemie vorgesehen. Ist also ein Arbeitnehmer zum Tragen von Schutzausrüstung verpflichtet und ist diese auch besonders auffällig und der Arbeitnehmer zieht sich im Betrieb um, dann liegen die Voraussetzungen für eine Qualifizierung als Arbeitszeit vor. Gleichwohl ist eine Vergütung für die Umkleidezeiten nicht geschuldet, wenn auf das Arbeitsverhältnis der MTV Chemie Anwendung findet, der eine Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ausschließt (BAG 12.12.2018, Az. 5 AZR 124/18).

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Henry Bach Leipzig, Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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