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Auch eine Verspätung von wenigen Sekunden ist eine Verspätung

München. Anwälte stritten sich bei der Zustellung per Post um Tage, beim Fax hingegen geht es meist um Minuten. Und jetzt, beim elektronischen Gerichtspostfächern, geht es um Sekunden, wie der Bundesfinanzhof München (BFH) in einem am Donnerstag, den 1. September 2022 veröffentlichten Beschluss (Az.: X B 158/21) entschieden hat.

Im streitigen Fall hatte ein sächsischer Steuerpflichtiger einen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Leipzig verloren. Sein Anwalt legte beim BFH eine Nichtzulassungsbeschwerde dagegen ein. Die Richter am BFH gewährte für die Begründung der Beschwerde eine Fristverlängerung bis zum 10. Februar 2022.

Von der Anwaltskanzlei wurde diese Frist bis zuletzt ausgereizt. Ihre Beschwerdebegründung, datiert auf den 10. Februar 2022, schickte sie über ein „besonderes elektronische Anwaltspostfach“ an die elektronische Poststelle beim BFH.

Es ist nicht festgestellt, wann der Anwalt das elektronische Dokument verschickt hat, bekannt ist nur, wann es beim BFH eingegangen ist. Der dortige automatisiert erstellte Prüf- und Transfervermerk zeigt als Eingangsdatum den 11. Februar 2022 und als Uhrzeit „00:00:12“.

Die Münchner Richter stellten damit nüchtern fest, dass die Beschwerdebegründung „außerhalb der gesetzlichen Frist eingegangen“ ist. Mit ihrer nun schriftlich veröffentlichten Entscheidung vom 25. Mai 2022 wurde die Nichtzulassungsbeschwerde wegen Unzulässigkeit abgewiesen.

Als Begründung führten sie die Finanzgerichtsordnung an. In dieser sei festgelegt, dass „dass ein elektronisches Dokument eingegangen ist, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist“. Dieser Fall sei hier erst nach Mitternacht eingetreten.

Die Richter am BFH gingen dabei von einer „Fristüberschreitung von 13 Sekunden“ aus. Das bedeutet, dass die obersten Finanzrichter die logische Sekunde um Mitternacht schon dem Folgetag zu geschlagen haben. Danach wäre auch ein Zugang um "00:00:00" bereits verspätet.

Der Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) hat bereits zu einer wortgleichen Vorschrift der Zivilprozessordnung entschieden (Beschluss vom 11. Mai 2021, Az.: VIII ZB 9/20). Es kommt danach auf den Zeitpunkt der Speicherung direkt auf dem Empfangsgerät beim Gericht an. Der Zeitaufwand für das Weiterleiten oder gar Ausdrucken innerhalb des Gerichts müssen sich Anwälte hingegen nicht zurechnen lassen. Der BFH hat sich dem nun ausdrücklich angeschlossen.

Quelle: © Fachanwalt.de

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