Chemnitz. Empfänger von Hartz IV müssen vom ehemaligen Arbeitgeber gezahlte Urlaubsabgeltung in voller Höhe an das Jobcenter abführen. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) in Chemnitz hat in einem am Mittwoch, 2. November 2022, bekannt gegebenen Urteil (Az.: L 7 AS 1023/18) entschieden, dass die Erwerbstätigenfreibeträge bei der Anrechnung als Einkommen nicht zu berücksichtigen sind.
Damit wurde eine alleinerziehende Mutter aus dem Erzgebirgskreis abgewiesen. Von August 2014 bis Juli 2016 war sie im Verkehrszentrum Stollberger Land beschäftigt. Von November 2015 bis Juli 2016 war sie dann zuletzt für neun Monate krank.
Mutter und Kind erhielten ab August 2016 Hartz-IV-Leistungen. In diesem Monat zahlte der ehemalige Arbeitgeber 1.218 Euro für nicht genommenen Urlaub in den Jahren 2015 und 2016. Das Jobcenter rechnete dies verteilt auf sechs Monate in kompletter Höhe als Einkommen auf die Leistungen an.
Die Frau machte in ihrer Klage geltend, dass sie aufgrund ihres früheren Arbeitsverhältnisses Anspruch auf die Urlaubsabgeltung habe. Daher sei dies Erwerbseinkommen, für das vom Jobcenter die Erwerbstätigenfreibeträge zu berücksichtigen seien. Danach werden konkret die ersten 100 nicht angerechnet. Hartz-IV-Empfänger können von darüber hinausgehendem Erwerbseinkommen bis zu 20 Prozent behalten.
Das LSG hat jedoch entschieden, dass diese Freibeträge hier nicht zu berücksichtigen sind. Bei einer Urlaubsabgeltung handele es sich nicht um ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Diese werde -wie auch im hier streitigen Fall- erst dann ausgezahlt, wenn Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann. Für Erwerbstätigenfreibeträge werde aber eine tatsächliche Erwerbstätigkeit vorausgesetzt.
Das LSG Chemnitz ließ gegen dieses auch bereits schriftlich veröffentlichte Urteil vom 8. September 2022 die Revision zum Bundessozialgericht Kassel zu, da es von grundsätzlicher Bedeutung ist.
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