Arbeitsrecht

Aufhebungsvertrag und Sperrfristen beim Bezug von ALG

15.04.2015
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Zuletzt bearbeitet am: 19.12.2023

Auf den ersten Blick ist ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine echte Alternative zu einer Kündigung. Dies liegt vor allem daran, dass innerhalb eines Aufhebungsvertrags häufig eine hohe Abfindung vereinbart wird und der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag schnellstmöglich beenden kann. Doch der erste Schein trügt. Ein Aufhebungsvertrag kann für den ehemaligen Arbeitnehmer weitreichende Konsequenzen haben. Insbesondere kann die Abfindung zu einer Sperrzeit des Arbeitslosengeldes I führen.

Ein Aufhebungsvertrag führt  zur Sperrzeit

In Deutschland herrscht grundsätzlich das „Beschäftigungsgebot“. Arbeitnehmer sollen ihre Arbeit ordnungsgemäß ausführen und sich vertragstreu verhalten. Nach dem § 159 Abs.1 Nr. 1 SGB III (Sozialgesetzbuch) tritt eine Sperrzeit des Arbeitslosengeldes dann ein, wenn der Arbeitnehmer dagegen verstößt und sich nicht wie gewünscht verhält.

„Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1)  die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe)….“

Ein versicherungswidriges Verhalten liegt demnach vor, wenn der Arbeitnehmer gemeinsam mit dem Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auflöst. Begründet wird die Sperre damit, dass der Arbeitslosenversicherte die Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt hat und daher weniger schutzwürdig ist.

Wie lange dauert eine Sperrzeit an?

Interessant ist vor allem die Länge der Sperre beim Bezug von ALG I. Grundsätzlich dauert die Sperrzeit nach § 159 Abs. 3 SGB III drei Monate an.

„Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen“

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch einige Ausnahmen, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Dementsprechend ist es ratsam einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bei der Problematik anzurufen. So wird  sichergestellt, dass eine unnötige- oder verlängerte Sperrfrist vermieden wird.

Ausnahme von der Sperrzeit

In einigen Situationen ist es zudem möglich eine Speerfrist, die in Verbindung mit einem Aufhebungsvertrag steht, zu vermeiden. Der Gesetzgeber hat dafür  jedoch sehr strenge Maßstäbe aufgestellt.

Aus Sicht des Gesetzgebers muss ein wichtiger Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnissees nach § 159 Abs. 1 SGB III gegeben sein. Ein solcher wird angenommen, wenn der Arbeitgeber bereits mit einer Kündigung gedroht hat und die potenzielle Kündigung auch gerechtfertigt gewesen wäre. In einer derartigen Situation darf die Behörde keine Sperrzeit vergeben. 

Im Ergebnis erscheint das auch richtig, denn wenn ein Aufhebungsvertrag vom Arbeitnehmer nicht unterschrieben werden würde, dann bekäme dieser eine ordnungsgemäße Kündigung und erhielt sofort Bezüge vom Jobcenter. Dementsprechend kann es keinen Unterscheid machen, ob das Arbeitsverhältnis einseitig oder im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst wird.

Bei etwaigen Ausnahmen ist darüber hinaus anzumerken, dass es sich bei der behördlichen Entscheidung um eine Ermessenentscheidung handelt. Ermessenentscheidungen führen leider dazu, dass das Ermessen in manchen Konstellationen falsch ausgeübt wird, so dass es zum Beispiel zu einer Sperrzeit kommt, obwohl diese in der konkreten Situation nicht gerechtfertigt ist. Daher sollte bei arbeitsrechtlichen Rechtsproblemen ein Rechtsanwalt um Hilfe gebeten werden.

Fazit: Ein Aufhebungsvertrag führt in der Regel zu Sperrfristen beim Bezug von ALG I. Aufgrund dessen ist es ratsam, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu beauftragen, um die Vor- und Nachteile gemeinsam abwägen zu können.

Quelle: Rechtsanwalt Gramm (Fachanwalt.de)

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