München (jur). Mieter können ohne Zustimmung des Vermieters nicht einfach einen Teil ihrer Wohnung an ukrainische Kriegsflüchtlinge untervermieten. Eine Untervermietung ist nur möglich, wenn der Mieter hierfür ein „berechtigtes Interesse“ hat und der Vermieter die Erlaubnis für den Einzug zuvor erteilt hat, urteilte am Dienstag, 20. Dezember 2022, das Amtsgericht München (Az.: 411 C 10539/22). Allein der Wunsch, ukrainischen Kriegsflüchtlingen in ihrer Not helfen zu wollen, reiche nicht.
Im konkreten Fall hatte der Kläger ab dem 15. November 2021 ein 240 Quadratmeter großes Einfamilienhaus in Gräfelfing im Landkreis München gemietet. Er bezog das Haus zusammen mit seinen beiden 15 und elf Jahren alten Kindern sowie einem Hund und zahlte eine monatliche Grundmiete von 3.500 Euro. Laut Mietvertrag war die Untervermietung an andere Personen generell ausgeschlossen.
Doch bereits drei Monate später kündigte der Mieter an, zwei junge ukrainische Frauen mit einem Kind befristet bis zum 14. Mai 2022 aufnehmen zu wollen. Stattdessen zogen dann im März 2022 eine 73-jährige Frau und ihre Enkelin, ebenfalls ukrainische Kriegsflüchtlinge, in die Dachgeschosswohnung des Hauses ein.
Der Mieter verlangte von seinem Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung. Die im Mietvertrag enthaltene Untervermietungsklausel, sei unwirksam. Denn nach dem Gesetz müsse bei einem „berechtigten Interesse“ des Mieters eine Untervermietung regelmäßig erlaubt werden. Er habe an der Aufnahme der Flüchtlinge ein „berechtigtes Interesse“, da er von den Kriegsereignissen in der Ukraine „zutiefst berührt“ sei. Er wolle dem Aufruf der Bundesregierung und der Medien Folge leisten, auf diese Weise Kriegsflüchtlinge humanitär zu unterstützen. Außerdem kümmere sich nun die ukrainische Großmutter um seine Kinder.
Eigentlich sei eine Erlaubnis auch gar nicht erforderlich, da die vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen in einer Notsituation als „genehmigungsfreier Besuch“ zu werten sei.
Die im Nachbarhaus lebenden Vermieter verwiesen auf den vertraglichen Ausschluss der Untervermietung. Sie befürchteten, dass bei einer Untervermietung ständig fremde Personen auch auf ihrem Grundstück herumlaufen. Entsprechende Erfahrungen hätten sie bei früheren Untervermietungen gehabt. Folge seien psychische Störungen bei der Vermieterin gewesen.
Das Amtsgericht wies die Klage des Mieters auf Untervermietung ab. Zwar sei die Mietvertragsklausel, welche eine Untervermietung generell ausschließt, unwirksam. Denn Mieter hätten nach dem Gesetz bei einem „berechtigten Interesse“ Anspruch auf Genehmigung zur Untervermietung.
Ein berechtigtes Interesse liege etwa vor, wenn nach dem Einzug sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters geändert haben und er auf zusätzliche Untermieteinnahmen angewiesen ist. Auch die Notwendigkeit einer schnell erreichbaren Pflegeperson könne die Untervermietung begründen, nicht aber die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge aus humanitären Gründen. Für die ausnahmsweise Erlaubnis zur Untervermietung müssten sich „die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters so geändert haben, dass er die Wohnung aufgeben müsste, wenn ihm eine Untervermietung nicht gestattet wird“, heißt es in dem Urteil. Dies sei hier nicht der Fall.
Hier habe der Mieter vor Aufnahme der Kriegsflüchtlinge auch gar nicht erst die Erlaubnis seiner Vermieter eingeholt. Diese müssten aber prüfen können, wer in ihr Eigentum einzieht. Dass sich nach dem Einzug der Flüchtlinge persönliche Beziehungen zum Mieter entwickelt haben, sei für das „berechtigte Interesse“ nicht maßgebend. Es komme auf den Zeitpunkt der Aufnahme an. Um einen genehmigungsfreien Besuch handele es sich hier auch nicht. Dies setze einen vorübergehenden Aufenthalt ohne Entgelt voraus. Der Kläger erhalte für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen jedoch eine Vergütung durch öffentliche Stellen.
Der Mieterverein München, der den Kläger unterstützt, will den Streit höchstrichterlich klären lassen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Symbolgrafik:© domoskanonos - stock.adobe.com
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock