Berlin (jur). Bei einem Verdacht auf eine Corona-Infektion darf die Polizei der mutmaßlich infizierte Person einen Platzverweis für einen belebten Ort erteilen. Denn bei einem von vielen Menschen genutzten Ort droht bei Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 Metern auch im Freien ein Übertragungsrisiko, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem am Mittwoch, 3. August 2022, bekanntgegebenen Urteil (Az.: VG 1 K 475/21).
Im konkreten Fall wollte der Kläger am 25. September 2021 auf dem belebten Hardenbergplatz in Berlin an einer Versammlung teilnehmen, die sich gegen die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung richtete. Die Polizei hatte jedoch einen anonymen Hinweis erhalten, dass der Mann sich einige Tage zuvor auf einer Geburtstagsfeier mit dem Coronavirus angesteckt haben könnte. Daraufhin wurde ihm wegen der möglichen Ansteckungsgefahr ein Platzverweis erteilt. Er hatte zudem einen geschwächten Eindruck gemacht.
Der Kläger sah sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt.
Das Verwaltungsgericht hielt das Vorgehen der Polizei für rechtmäßig. Aufgrund des anonymen Hinweises, der vorhergehenden Internetrecherche der Polizei und des Umstands, dass der Kläger offenkundig geschwächt gewesen sei, habe die Polizei davon ausgehen dürfen, dass der Kläger mit dem Coronavirus infiziert gewesen sei und eine Ansteckungsgefahr für die auf dem Hardenbergplatz befindlichen Personen bestanden habe, heißt es in dem Urteil vom 1. August 2022.
Wegen der Versammlung sei auf dem ohnehin belebten Platz mit einem zusätzlichen Menschenauflauf zu rechnen gewesen. Dabei habe auch ein Unterschreiten des Mindestabstands von 1,5 Metern gedroht, so dass von einem Übertragungsrisiko ausgegangen werden konnte. Die Verpflichtung zum Tragen einer Maske wäre kein milderes Mittel gewesen, da damit das Übertragungsrisiko nicht hätte auf Null gesenkt werden können.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock