Versicherungsrecht

Berufsunfähigkeit: Erkrankungen am Rücken und Bandscheibenvorfall

03.08.2017

In unserer heutigen Ausgabe möchte ich Sie darüber informieren, wie Sie Ihren Anspruch gegen Ihren Berufsunfähigkeitsversicherer auf Berufsunfähigkeitsleistungen bei Rückenerkrankungen und Bandscheibenvorfällen durchsetzen.

Sie sollten von vornherein berücksichtigen, dass Ihr Versicherer jede rechtliche Möglichkeit ergreifen wird, um den Leistungsanspruch zurückzuweisen und so den teilweise immensen Zahlungsansprüchen zu entgehen.

Dies gilt insbesondere bei der sehr verbreiteten Vertragsvariante, bei welcher erst ab einer Beeinträchtigung von mindestens 50 % Leistungsansprüche bestehen.

Hierbei gibt es zwei Faktoren, auf die es wesentlich ankommt und bei denen der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Möglichkeiten nutzen wird, um den Anspruch zunichte zu machen.

Kann der Versicherer die Fähigkeit zur Berufsausübung bei diesen zwei „Stellschrauben“ soweit nach unten drehen, dass die Beeinträchtigung nicht mehr mindestens 50 % ausmacht, haben Sie keinerlei Ansprüche und der Versicherer ist komplett leistungsfrei.

Der erste Bereich oder die erste „Stellschraube“ ist hierbei das sogenannte Berufsbild. Unter der Bezeichnung des Berufsbildes verbirgt sich die Festlegung, welche Anforderungen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit bestanden haben.

Diesbezüglich müssen Sie wissen, dass der Berufsunfähigkeitsversicherer hierzu Angaben von Ihnen haben möchte, bevor er die Berufsunfähigkeitsleistung erbringt. Grundsätzlich gilt: Umso höher die beruflichen Anforderungen waren, umso eher wird die Grenze zur Berufsunfähigkeit überschritten.

Sollten Sie also einen Arbeitsvertrag haben, in dem eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden steht, Sie aber regelmäßig 10 Stunden gearbeitet haben und gegebenenfalls noch am Wochenende, müssen Sie das auch so angeben. Es gilt nämlich die tatsächliche Arbeitszeit und nicht die in dem Arbeitsvertrag niedergelegte.

Sollten Sie beispielsweise noch in der Lage sein, täglich 4,5 Stunden zu arbeiten, ist die Grenze zur Berufsunfähigkeit grundsätzlich bei einem 8-Stunden-Tag nicht erreicht, bei einem 10-Stunden-Tag aber schon.

Des Weiteren wird der Versicherer bei seiner Berechnung der 50 % all diejenigen Zeiten in Abzug bringen, welche nicht aus körperlicher Arbeit bzw. körperlichen Beanspruchungen stehen.

Sie sollten also bei der Angabe des Berufsbildes nicht „großzügig“ dahingehend sein, dass Sie bei häufig geschätzten Zeiten nicht-körperlicher Tätigkeiten im letzten Beruf zu viele Zeiten mit nicht-körperlichen Tätigkeiten angeben.

Wenn die obigen Grundsätze beachtet werden, kann vermieden werden, dass Sie die Berufsunfähigkeitsleistung schon deshalb nicht erhalten, weil Sie selbst – und ohne weiter darüber nachzudenken – für sich unvorteilhafte Angaben gemacht haben.

Es kann den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob der Versicherer nach der Aufklärung des Berufsbildes beispielsweise 4 Stunden oder 6 Stunden körperliche Arbeit täglich zugrunde legen muss.

Der zweite Bereich, oder die zweite „Stellschraube“, bildet die Frage des Ausmaßes der gesundheitlichen Beeinträchtigung. Insoweit haben die körperlich Geschädigten zunächst den Vorteil, dass körperliche Beeinträchtigungen in der Regel nicht so einfach wegdiskutiert werden können, wie das häufig bei psychischen Beeinträchtigungen versucht wird. Körperliche Beeinträchtigungen sind oftmals unter anderem mit objektiven Untersuchungsmethoden, beispielsweise Röntgenbildern, nachweisbar.

Der Versicherer wird sich aber nicht auf ärztliche Berichte verlassen, die der Versicherungsnehmer beibringt. Das gilt nicht einmal, wenn es sich um ärztliche Berichte auf Veranlassung beispielsweise der Krankenkasse oder der Rentenversicherung handelt.

Stattdessen wird der Versicherer regelmäßig verlangen, dass eine Untersuchung durch einen von dem Versicherer beauftragten und bezahlten Mediziner erfolgt. Hierbei kann sich der ärztliche Beurteilungsspielraum negativ auswirken. Beispielsweise ein Bandscheibenvorfall kann ganz geringe oder auch gravierende Auswirkungen haben. Dies gilt unabhängig davon, dass ein Bandscheibenvorfall ganz eindeutig besteht.

Entscheidend ist jedoch das Ausmaß der Beeinträchtigung, insbesondere die Beeinträchtigung der körperlichen Funktion.

Spätestens bei der ärztlichen Untersuchung sollten Sie alle vorliegenden medizinischen Berichte, insbesondere Röntgenbilder, mitbringen und die tatsächlichen Beeinträchtigungen genau beschreiben.

Sollte das Untersuchungsergebnis dennoch negativ für Sie ausfallen, sollten Sie sich hierdurch auf keinen Fall beeindrucken lassen. Es handelt sich schließlich um eine Untersuchung, die der Versicherer beauftragt und bezahlt hat.

Besprechen Sie das Untersuchungsergebnis mit Ihren behandelnden Ärzten und ziehen Sie spätestens dann auch qualifizierten anwaltlichen Rat hinzu.

Sollten Sie weitere Fragen zu diesem Thema oder anderen Aspekten der Berufsunfähigkeitsversicherung haben, stehe ich Ihnen auch gerne persönlich hierfür zur Verfügung.

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Über den Autor

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Frank Vormbaum
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Fachanwalt für Versicherungsrecht
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