Ein Pflichtteilsberechtigter kann die Berichtigung und/oder Ergänzung eines notariellen Nachlassverzeichnisses nur in wenigen Fällen verlangen – unter anderem, wenn das Verzeichnis wegen unterbliebener Mitwirkung des Erben unvollständig ist. So hat es kürzlich der Bundesgerichtshof entschieden (BGH, Urteil vom 20.05.2020 - IV ZR 193/19).
Familienstreit um Omas Erbe
In dem Fall stritten zwei Schwestern mit ihrer Tante. Nachdem die Mutter der Schwestern bereits verstorben war, wollen die beiden nun Pflichtteilsansprüche aus dem Erbe ihrer Großmutter gegen ihre Tante, die Alleinerbin der Großmutter ist, durchsetzten. Sie verlangten von ihrer Tante zunächst die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses. Im Rahmen der Erstellung dieses Verzeichnisses verweigerte die Erbin dem Notar jedoch die Zustimmung zum Kontendatenabruf bei einer österreichischen Bank, weshalb diese Daten nicht ins Nachlassverzeichnis aufgenommen werden konnten.
Erbin trifft Mitwirkungspflicht
Wie schon das Berufungsgericht, bestätigte auch der BGH, dass Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich keinen Anspruch auf Ergänzung oder Berichtigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses haben. Sie sind auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung zu verweisen. Eine offensichtliche Unvollständigkeit des vorgelegten Verzeichnisses stelle jedoch eine Ausnahme dar. Maßgeblich seien der Kenntnisstand und die Erkenntnismöglichkeit des Auskunftspflichtigen. Der Notar müsse den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln, den Erben treffe aber eine Pflicht zur Mitwirkung. Durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen, bringe der Notar dann zum Ausdruck, dass er den Inhalt verantworte.
Erkennbar unvollständiges Nachlassverzeichnis
Entsprechend hatte der Notar im Verzeichnis die österreichischen Konten erwähnt, aber nur auf die fehlende Zustimmung zum Datenabruf verwiesen. Das Nachlassverzeichnis war erkennbar unvollständig. Der BGH erkannte, dass die Erbin durch ihre Verweigerung ihre Pflicht zur Mitwirkung verletzt habe und so vereitelt hätte, dass der Notar die erforderlichen eigenen Ermittlungen durchführen konnte. Der Anspruch der Schwestern auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses sei daher durch das vorgelegte Verzeichnis nicht erfüllt und damit nicht erloschen, sie könnten weiterhin die Ergänzung des Nachlassverzeichnisses verlangen.
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