Wer kann den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit geltend machen?
Arbeitnehmer haben auf der Grundlage des TzBfG grundsätzlich einen Anspruch auf eine dauerhafte Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit. Der Umfang der bestehenden wöchentlichen Arbeitszeit hat keine Bedeutung. Einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit haben nicht nur Vollzeitbeschäftigte, sondern auch Teilzeitbeschäftigte.
Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit müssen zwei grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein:
Das Arbeitsverhältnis muss bereits länger als sechs Monate bestehen (Wartezeit) und der Arbeitgeber muss mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen (Schutz von Kleinunternehmen).
Für die Ermittlung der Anzahl der Arbeitnehmer werden „die Köpfe“ gezählt. Jeder Arbeitnehmer zählt also gleich viel ohne Rücksicht, ob eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung ausgeübt wird. Auszubildende sowie Inhaber bzw. Geschäftsführer werden nicht mitgezählt.
Wie macht man den Anspruch geltend?
Die Geltendmachung des Anspruchs muss dem Arbeitgeber in Textform mitgeteilt werden. Textform bedeutet: dafür ist kein Brief mit Unterschrift notwendig, sondern eine E-Mail reicht aus. Aus dem Antrag muss sich ergeben, in welchem Umfang eine Verringerung der Arbeitszeit gewünscht wird und der Wunsch der Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Außerdem muss der Zeitpunkt genannt werden, ab dem die gewünschte Verringerung der Arbeitszeit gelten soll.
Welche Frist ist zu beachten?
Der Antrag muss spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn der Teilzeit beim Arbeitgeber gestellt werden (Vorlaufzeit). Wird diese Frist verpasst, dann macht dies den Antrag nicht unwirksam. Die Verringerung kann der Arbeitszeit kann dann allerdings noch nicht zum ursprünglich gewünschten Termin starten, sondern der Termin verschiebt sich zeitlich entsprechend nach hinten.
Wie geht es dann weiter?
Ist der Arbeitgeber sowohl mit der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit als auch mit der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit einverstanden, dann sollte er dies dem Arbeitnehmer mitteilen und ihm die Änderung des Arbeitsvertrages in Textform bestätigen.
Sollte der Arbeitgeber allerdings nicht einverstanden sein, dann muss er dem Arbeitnehmer die Ablehnung des Antrags spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn in Textform mitteilen. Die Beachtung der Monatsfrist ist für den Arbeitgeber wichtig! Sofern sich der Arbeitgeber nicht fristgerecht äußert gilt die die vom Arbeitnehmer gewünschte Änderung automatisch als genehmigt (Zustimmungsfiktion) und der Arbeitnehmer hätte sein Ziel erreicht.
Was geschieht bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen versuchen, sich einvernehmlich auf ein für beide Seiten akzeptables Maß für die Verringerung der Arbeitszeit zu einigen und auch auf eine zufriedenstellende Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das erzielte Ergebnis sollte dann in Form einer Vertragsergänzung schriftlich festgehalten werden.
Sofern keine Einigung möglich ist sollte der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer geltend gemachten Anspruch aus betrieblichen Gründen ablehnen und zwar in Textform.
Was sind betriebliche Gründe?
Zur Überprüfung der Ablehnung Wunsches durch den Arbeitgeber haben die Arbeitsgerichte ein Dreistufenmodell entwickelt.
1. Stufe: Darstellung eines im Betrieb bestehenden Organisationsmodells, aus dem sich ein im Betrieb bestehendes Arbeitszeitmodells ergibt.
2. Stufe: Ableitung der dem Teilzeitwunsch entgegenstehenden betrieblichen Gründe aus dem bisher bestehenden Arbeitszeitmodell
3. Stufe: Abwägung der wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien und Ermittlung, ob die Erfüllung des Teilzeitwunsches den Betrieb unverhältnismäßig belasten würde.
Nach Eingang des Antrags auf Verkürzung und Neuverteilung der Arbeitszeit müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Zeit nutzen, um das Für und Wider des Antrags zu besprechen und sie müssen versuchen, einen Konsens herbeizuführen.
Ein Aussitzen und ein Spiel auf Zeit verschaffen dem Arbeitgeber keinen Vorteil. Sollte später eine gerichtliche Klärung erforderlich sein, dann kann es passieren, dass sich das Arbeitsgericht nicht mehr mit Einwendungen befasst, die der Arbeitgeber bereits vorher hätte vorbringen können.
Was kann ein Arbeitnehmer unternehmen, dessen Antrag abgelehnt wurde?
Möchte sich der Arbeitnehmer mit der Ablehnung seines Antrags nicht abfinden, dann bleibt die Klage beim Arbeitsgericht. Die Frage, ob der Antrag vom Arbeitgeber berechtigterweise aus betrieblichen Gründen abgelehnt wurde ist gerichtlich nachprüfbar.
Weil Gerichtsverfahren erfahrungsgemäß lange dauern und sich zum Teil über mehrere Instanzen hinziehen, besteht die Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Nach Erhebung der Klage beim Arbeitsgericht sollte der Arbeitsnehmer deswegen versuchen, im Wege der einstweiligen Verfügung eine schnelle Klärung zu erreichen. Diese wirkt aber nur vorläufig, nämlich bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Die Durchführung des Hauptsacheverfahrens wird also nach Vorliegen einer positiven einstweiligen Verfügung nicht überflüssig.
Welche anderen Möglichkeiten stehen Arbeitnehmern zur Verfügung?
Die Brückenteilzeit ist in § 9a TzBfG geregelt. Dieser Anspruch betrifft eine befristete Beschäftigung in Teilzeit, und zwar für mindestens ein Jahr und für höchstens fünf Jahre. Beim Arbeitgeber müssen dafür mindestens 45 Arbeitnehmer beschäftigt sein (ohne Auszubildende). Bei einer Beschäftigtenzahl zwischen 45 bis 250 ist der Anspruch kontingentiert.
Weitere Regelungen für Teilzeitansprüche findet man in Gesetzen außerhalb des TzBfG. Teilzeitansprüche stehen für schwerbehinderte Menschen im SGB IX, für Arbeitnehmer in Elternzeit im BEEG. Arbeitnehmer, die Pflegezeit und Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, werden fündig im PflegeZG und im FPfZG. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das FPflZG dem Arbeitnehmer im Falle einer Famiienpflegezeit keinen durchsetzbaren Teilzeitanspruch gewährt. Dauer und Umfang einer Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit müssen Arbeitgeber und Arbeitsnehmer ausgandeln und in einer Vereinbarung regeln.