Sozialrecht

Kein höheres Elterngeld für arbeitslose schwangere Frauen

Zuletzt bearbeitet am: 10.03.2023

Kassel (jur). Eine Schwangerschaft während der Arbeitslosigkeit und eine damit einhergehende berufliche Einschränkung begründet kein höheres Elterngeld. Betroffene Frauen können nicht verlangen, dass die Zeiten der Arbeitslosigkeit während ihrer Schwangerschaft bei der Berechnung des Elterngeldes ausgeklammert werden, urteilte am Donnerstag, 9. März 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 10 EG 1/22 R). 

Nach den gesetzlichen Bestimmungen werden für die Bemessung des Elterngeldes regelmäßig die Erwerbseinkünfte der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes herangezogen. Maßgeblich sind die Einkünfte aus abhängiger und selbstständiger Tätigkeit. Eine Ausnahme gibt es für erwerbstätige Frauen, für die wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ein Beschäftigungsverbot erteilt wurde. Ohne Erwerbstätigkeit besteht nur ein Anspruch auf das Basiselterngeld in Höhe von 300 Euro und nicht auf höheres Elterngeld von bis zu 1.800 Euro monatlich. 

Im Streitfall war die Klägerin seit 2001 als Kammeraasssistentin bei Filmproduktionen tätig. Sie arbeitete, typisch für die Filmbranche, immer nur befristet - je nach Dauer des Filmprojektes. Als ihr letztes Beschäftigungsverhältnis im Juli 2017 endete, meldete sie sich arbeitslos. Während ihrer Arbeitslosigkeit wurde ihre Schwangerschaft festgestellt. Aus Gründen des Arbeitsschutzes konnte sie ihre körperlich anstrengende Arbeit während der Schwangerschaft nicht mehr ausüben. 

Mit der Geburt ihres Kindes sprach ihr der zuständige Landkreis Harburg dem Grunde nach Elterngeld zu. Bei der Höhe des Elterngeldes zog der Landkreis die letzten zwölf Monate zur Elterngeldberechnung heran. Davon wurde in sieben Monaten Einkommen erzielt. Die verbliebenen fünf Monate der Arbeitslosigkeit wurden mit Null Euro bewertet. Entsprechend niedrig fiel das Elterngeld aus. 

Die Mutter meinte, dass die Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Elterngeldberechnung ausgeschlossen werden müssten. Sie verlangte, dass der Zwölfmonatszeitraum zur Berücksichtigung der Einkünfte entsprechend nach hinten verschoben werden muss, Wegen des schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbotes habe sie nicht mehr arbeiten können. Nur weil sie ihr werdendes Kind habe schützen wollen und müssen, dürfe sie nicht mit geringerem Elterngeld bestraft werden. 

Doch das BSG wies die Frau ab. Sie habe keinen Anspruch darauf, dass der Bemessungszeitraum für das Elterngeld nach hinten verschoben wird und Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht berücksichtigt werden. Zwar können bei einem erteilten Beschäftigungsverbot einer Schwangeren ausnahmsweise diese Zeiten bei der Elterngeldberechnung ausgeschlossen werden. Ein Beschäftigungsverbot könne aber nur während eines Arbeitsverhältnisses erteilt werden. Hier sei die Klägerin aber arbeitslos gewesen. 

Zudem haben die Klägerin nicht über eine „schwangerschaftsbedingte Erkrankung“ verfügt. „Eine normale Schwangerschaft ist keine Erkrankung“, so der Vorsitzende Richter des 10. BSG-Senats, Jens Kaltenstein. 

Letztlich gehörten die wirtschaftlichen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit zur „Risikosphäre“ der Erwerbstätigen beziehungsweise Arbeitslosen. Dass Zeiten einer schwangerschaftsbedingten Arbeitslosigkeit nicht zu einer Elterngelderhöhung führten, sei auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Weder liege eine Geschlechtsdiskriminierung noch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. 

Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage

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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock

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