Sozialrecht

Kein Verlust von Arbeitslosengeld-Tagen für Kranke mehr

Zuletzt bearbeitet am: 11.04.2024

Kassel. Endet das Arbeitsverhältnis von einem Arbeitnehmer während einer Krankschreibung, dann ist es ausreichend, dass er sich am ersten Arbeitstag nach Ende der Krankschreibung arbeitslos meldet, an dem die zuständige Agentur für Arbeit geöffnet hat. Wenn beispielsweise Wochenenden oder gesetzliche Feiertage dazwischen liegen, dann wirkt die Arbeitslosmeldung auf den Tag zurück, der sich an die Krankmeldung anschließt. Dies hat der für Arbeitsförderung zuständige 11. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel am 15. Februar 2023 entschieden (Az.: B 11 AL 40/21R).

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete am 31. Juli 2018. Sie war zum Ende des Arbeitsverhältnisses krank und erhielt bereits Krankengeld. Die Krankschreibung und die Krankengeldzahlung endeten am Freitag, den 28. Dezember 2018. Es folgten dann das Wochenende, Silvester und Neujahr. Die für sie zuständige Arbeitsagentur war an diesen Tagen sowie am auch am 2. Januar 2019 geschlossen. Die Frau hatte bereits am 28. Dezember bei der Agentur für Arbeit angerufen und sich nun am 3. Januar persönlich arbeitslos gemeldet.

Von der Arbeitsagentur wurde ihr Arbeitslosengeld ab 3. Januar bewilligt. Hintergrund ist der Wortlaut im Gesetzestext. Bei der Rückwirkung über Schließtage kommt es darauf an, ob die Agentur für Arbeit „am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit“ geschlossen war. Die Frau war jedoch schon nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also ab dem 1. August 2018, beschäftigungslos.

Dennoch war die Frau der Ansicht, sie müsse Arbeitslosengeld nahtlos nach dem Bezug von Krankengeld ab dem 29. Dezember und damit fünf Tage früher als bewilligt beziehen. Immerhin sei sie krank gewesen und hat sich dann gleich am ersten Öffnungstag bei der Agentur für Arbeit gemeldet.

Das Sächsische Landessozialgericht hatte der verbreiteten Auffassung der Vorinstanzen und der juristischen Literatur folgend die Klage noch abgewiesen.

Vom BSG wurde der Frau jedoch recht gegeben. Das Gericht rückte damit auch von einem eigenen Urteil aus dem Jahre 2015 ab. Mit der Formulierung habe der Gesetzgeber einen Missbrauch der hier umstrittenen Regelung verhindern wollen. Aber er habe dabei eine solche Situation wie hier dabei schlicht übersehen. Die obersten Sozialrichter urteilten, dass in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer „am ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit“ erkrankt ist, die Rückwirkungsklausel daher anzuwenden sei.

Seit Anfang 2022 ist neben der persönlichen Arbeitslosenmeldung auch eine Online-Meldung über das Fachportal der Bundesagentur für Arbeit möglich. Darüber hinaus können sich Arbeitnehmer bereits drei Monate im Voraus melden, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird und eine Arbeitslosigkeit daher „zu erwarten ist“.

Quelle: © Fachanwalt.de

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