Berlin (jur). Der krankheitsbedingte Verlust einer Niere ist nicht automatisch ein Grund für die Entlassung eines auf Probe verbeamteten Bundespolizisten. Der Dienstherr müsse hierfür eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit von zukünftig eintretender Dienstunfähigkeit oder eine erheblich reduzierte Lebenszeit belegen“, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem am Freitag, 8. Juli 2022, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: VG 36 L 220/22).
Im konkreten Fall ging es um einen Bundespolizisten im mittleren Polizeivollzugsdienst. Der Mann absolvierte seit September 2016 den Vorbereitungsdienst, im Mai 2019 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Doch bereits während des Vorbereitungsdienstes erkrankte der Polizist an einer sogenannten asymptomatischen Hydronephrose, eine Erkrankung, die eine chronische Harnstauung hervorruft und langfristig das Nierengewebe zerstört. Deshalb musste bei dem Polizisten schließlich eine Niere entfernt werden.
Der Dienstherr hielt ihn daraufhin für polizeidienstunfähig und entließ ihn sofort vollziehbar.
Das Verwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 27. Juni 2022 die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Rechtsbehelfs wieder her. Für eine Entlassung müsse der Dienstherr den Gesundheitszustand ausreichend individuell prüfen. Dies sei hier nicht geschehen. Es sei derzeit unklar, ob dem Bundespolizisten „die gesundheitliche Eignung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit“ fehle, so das Gericht.
Allein, dass die verbliebene Niere bei der Polizeitätigkeit geschädigt werden könne, reiche für die Entlassung nicht aus. Der Dienstherr müsse eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit von zukünftig eintretender Dienstunfähigkeit oder eine erheblich reduzierte Lebenszeit belegen“. Zudem sei nicht ausreichend geprüft worden, ob der Polizist nicht im Innendienst verwendet oder die Laufbahn wechseln könne.
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Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock