Das Pflichtteilsrecht ist Bestandteil des deutschen Erbrechts. Sofern eine Person die gesetzlichen Erben enterbt stellt sich die Frage, ob diese vollständig leer ausgehen oder zumindest einen Anspruch gegenüber den ausgewählten Erben haben.
Der Pflichtteilsanspruch
Wenn der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen getroffen hat (Testament, Vermächtnis, Erbvertrag), kann es vorkommen, dass einige gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang spricht man davon, dass eine Person enterbt wurde. Liegt eine derartige Konstellation vor, dann kommt das Pflichtteilsrecht zur Anwendung. Dieses Rechtsinstitut steht ausschließlich dem enterbten Ehegatten, dem eingetragenen Lebenspartner und den Abkömmlingen des Erblassers zu. Alle weiteren Erben sind grundsätzlich von einem Pflichtteilsanspruch ausgeschlossen. Lediglich wenn die vorher genannten Personen nicht mehr leben, dann können weitere Personen in Betracht kommen.
Der Anspruch besteht gegenüber den ausgewählten Erben in Formen eines Geldanspruches. Die Erben sind verpflichtet den enterbten Personen einen bestimmten Geldbetrag aus dem Nachlass zu zahlen. Fraglich ist jedoch, die Höhe des Pflichtteilsanspruches. Die Höhe richtet sich nach dem gesetzlichen Erbteil. Von dem gesetzlichen Erbteil besteht ein Auszahlungsanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
Beispielsrechnung: Ein Ehemann enterbt die Ehefrau und setzt gleichzeitig den gemeinsamen Sohn als Alleinerbe ein. Die Frau hat demnach gegenüber dem Sohn einen Auszahlungsanspruch in Höhe der Hälfte der Höhe desgesetzlichen Pflichtteilsanspruch. Der gesetzliche Anspruch beträgt dabei genau ½ des Nachlasses, so dass der Sohn insgesamt ¼ an die Mutter und Ehefrau auszahlen muss.
Verjährung des Pflichtteilsanspruches
Der Anspruch unterliegt der normalen bzw. regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB.
„Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.“
Das bedeutet, dass der Pflichteil nach insgesamt drei Jahren verjährt ist und nach Ablauf der Zeit nicht mehr vom Anspruchsinhaber geltend gemacht werden kann. Verjährungsbeginn ist das Jahr, indem der Anspruch entstanden ist und die Person Kenntnis vom ausgewählten Erben hat.
Die Pflichtteilsentziehung
Die Pflichtteilsentziehung ist zwar im BGB in § 2333 BGB vorgesehen, jedoch nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Entziehung nur dann möglich ist, wenn der Berechtigte eine Straftat begangen hat, die zu einer längeren Freiheitsstrafe geführt hat oder wenn die Unterhaltspflicht böswillig verletzt wurde.
Bei Fragen zu einer Entziehung sollte daher ein Rechtsanwalt befragt werden.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch
Neben dem Pflichtteilsanspruch besteht auch noch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Dieser Anspruch soll dem Enterbten davor schützen, dass der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen an die Erben macht und damit den Nachlass schmälert, um die Höhe des Pflichtteilsanspruches zu reduzieren. Um das auszugleichen wird die Schenkung bei der Berechnung des Anspruches hinzugezogen. Die Höhe der Hinzuziehung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Schenkung. Liegt diese beispielshalber lediglich ein Jahr vor dem Erbfall zurück, dann wird die Schenkung zu 9/10 berücksichtigt. Bei vier Jahren wird sie zu 6/10 berücksichtigt. Durch diese Vorgehensweise wird sichergestellt, dass die Schenkung jeweils im Verhältnis zum Nachlass addiert wird.
Das Pflichtteilsrecht ist eine sehr komplizierte Materie und kann zu schwierigen Situationen führen. Als Betroffener ist es daher ratsam einen Anwalt oder Fachanwalt für Erbrecht zu kontaktieren. Dieser kann die notwendigen Schritte einleiten, um die jeweiligen Ansprüche gegenüber den Erben durchzusetzen. Auf der anderen Seite kann der Anwalt auch die Pflichtteilsschuldner vertreten und unberechtigte Forderungen abwehren.
Quelle: Rechtsanwalt Gramm (Fachanwalt.de)
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