Kanzleimeldungen

Rückholflüge in der Corona-Krise: Müssen Passagiere für die Kosten aufkommen?

22.07.2020
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Zuletzt bearbeitet am: 22.01.2024

Urlauber die während der Corona Krise an einem Rückflug durch das auswärtige Amt teilgenommen haben, müssen unter Umständen für die Kosten aufkommen. 

 

Aufgrund der Corona Krise konnten viele Reisende nicht aus den jeweiligen Urlaubsländern nach Hause fliegen, weil die Fluglinien wegen Grenzschließungen zwecks Bekämpfung der Pandemie vorübergehend den Betrieb eingestellt haben. Aus diesem Grunde hatte die deutsche Bundesregierung von März bis April 2020 ein weltweites einmaliges Rückholprogramm durchgeführt. Sie holte damit etwa 240.000 Urlauber nach Deutschland zurück. 

 

Auswärtiges Amt fordert Kosten für Corona-Rückflüge zurück
Aufgrund der dadurch entstandenen hohen Kosten von insgesamt ungefähr 94 Millionen Euro stellt sich die Frage, inwieweit die zurückgeholten Urlauber dafür aufkommen müsse. Das Auswärtige Amt hat hierzu kürzlich Leistungsbescheide verschickt, in denen es einen Teil der jeweils entstandenen Kosten zurückfordert. Hierbei handelt es sich um eine Pauschale. Diese soll sich zum einen an dem Preis eines Economy Tickets und zum anderen an den zurückgelegten Flugkilometern orientieren. Wie die genaue Berechnung erfolgt, dazu erteilte das Auswärtigen Amt in der Regierungspressekonferenz vom 15.06.2020 jedoch keine Auskunft.

 

Rechtsgrundlage für die Auferlegung der Kosten für den Rückflug

Als Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Kosten für die Rückholung kommt § 5 Abs. 5 Konsulargesetz und § 7 Auslandskostengesetz in Betracht. Nach § 7 des Auslandskostengesetzes sind Auslagen er Auslandsvertretungen und der Honorarkonsularbeamten zu erstatten, die im Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 1 genannten Amtshandlungen entstehen. Hierzu gehören Amtshandlungen u.a. nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Konsulargesetz. Nach dieser ist der Empfänger einer konsularischen Hilfeleistung, die dieser in einer Notlage erhalten hat, verpflichtet, die Auslagen für diese zu erstatten. 

 

Begriff der konsularischen Hilfeleistung

Dass der Begriff der konsularischen Hilfeleistung in einer Notlage weit ist, ergibt sich etwa aus einem Urteil des VG Berlin vom 11.08.2008, 34 A 13.07. In diesem Fall ging es darum, dass der mittelose Kläger wegen einem erlittenen Verkehrsunfall zwecks Durchführung einer Operation nach Deutschland geflogen werden musste. 

 

In einem weiteren Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Urlauber für die Hälfte der Kosten einer Geiselbefreiung in Kolumbien mittels eines Helikopters im Jahr 2003 aufkommen muss (Urteil vom 28.05.2009 - BVerwG 7 C 13.08). Die Kosten hierfür betrugen insgesamt etwa 12.600 Euro. Hierzu stellten die Richter fest, dass hierunter nur wirtschaftliche oder soziale Notlagen fallen. Darüber hinaus geht es nicht nur um Mittel, die direkt an den Betroffenen gezahlt werden. Vielmehr fallen auch finanziellen Mittel darunter, die unmittelbar zur Behebung der Notlage bestimmt sind und zu diesem Zweck einem Dritten zugewandt werden.

 

Berechnung einer Pauschale rechtmäßig?

Hinsichtlich der Auslagen ist zu beachten, dass hierunter nur welche fallen, die im Einzelfall von den Konsularbeamten für den Hilfeempfänger tatsächlich getätigt worden sind. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 11.08.2008, 34 A 13.07 entschieden. Von daher könnte fraglich sein, ob den Urlaubern hier anstelle der tatsächlichen Kosten eine Pauschale im Leistungsbescheid in Rechnung gestellt werden darf. Hierzu gibt es keine einschlägige Gerichtsentscheidung. Bedenklich erscheint das dann, wenn die betroffenen Urlauber im Leistungsbescheid keine konkrete Aufschlüsselung erhalten, aus der die tatsächlichen Kosten für die Rückholung entnommen werden können. Dann können sie abgleichen, ob ihnen eine höhere Pauschale berechnet worden ist.

 

Fazit:

Urlauber sollten gegen den Leistungsbescheid zwecks Beteiligung der Kosten an einem Corona Rückflug eventuell dann vorgehen, wenn ihnen die Berechnung im Bescheid unklar erscheint. Hierzu sollten sie sich am besten durch einen Rechtsanwalt beraten lassen, wenn sie in Bezug auf die Höhe der berechneten Kosten Zweifel haben. Die vorschnelle Einlegung einer Klage beim Verwaltungsgericht ist mit einem erheblichen Kostenrisiko verbunden. Auf jeden Fall sollte die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid sorgfältig gelesen werden. 

 

Autor: Harald Büring, Ass. jur. (Fachanwalt.de-Redaktion)

Foto: © michael-schuetze - Fotolia.com

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