Oldenburg (jur). Betreiber eines Rettungswagens können auch mit für Unfälle haften, bei denen es gar nicht zu einer Kollision gekommen ist. Solche Vorfälle gehören gerade bei Rettungswagen mit zur Betriebsgefahr, wie das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem am Dienstag, 27. September 2022, bekanntgegebenen Urteil entschied (Az.: 2 U 20/22). Danach haftet im Streitfall der Rettungsdienst mit 20 Prozent.
Der Fahrer des Rettungswagens hatte sein Martinshorn eingeschaltet und wollte auf einer engen Straße mehrere Radfahrer überholen. Eine 72-jährige Radlerin machte Platz, so gut sie konnte und wollte dann absteigen. In der Eile kam sie dabei zu Fall. Sie brach sich den Fußknöchel und musste zwei Wochen einen Gipsverband tragen sowie im Anschluss noch zwei Monate einen speziellen Strumpf.
Zu einer Kollision war es nicht gekommen. Auf die Klage der Frau nahm das OLG nun trotzdem den Rettungsdienst mit in die Haftung. Bei dem Vorfall habe sich die sogenannte Betriebsgefahr des Rettungswagens, also die typischerweise einem Kraftfahrzeug beim Betrieb innewohnende Gefahr, verwirklicht.
Zur Begründung erklärten die Oldenburger Richter, der Rettungswagen habe mit zu dem Unfall beigetragen. Denn er sei der Anlass für das Ausweichmanöver und das anschließende Absteigen der 72-Jährigen gewesen. Die Klägerin habe die Verkehrslage zu Recht als gefährlich empfunden und habe deswegen absteigen wollen.
Nach dem Urteil vom 17. Mai 2022 muss die Radfahrerin allerdings dennoch den weitaus größten Teil des Schadens selbst tragen. Dem Rettungswagen wies das OLG eine Haftungsquote von 20 Prozent der materiellen Schäden zu. Zudem muss der Rettungsdienst der 72-Jährigen ein Schmerzensgeld von 2.400 Euro bezahlen sowie für ihre Anwaltskosten aufkommen.
Quelle: © www.juragentur.de - Rechtsnews für Ihre Anwaltshomepage
Symbolgrafik:© Thaut Images - stock.adobe.com
Autor: Rechtsanwalt Sebastian Einbock