Verwaltungsrecht

Zur Durchsetzung von einrichtungsbezogener Impfpflicht kein Zwangsgeld

Zuletzt bearbeitet am: 07.02.2024

Lüneburg. Von den kommunalen Gesundheitsbehörden kann die einrichtungsbezogene Impfpflicht nicht mit der Androhung eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden. Das hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg am Mittwoch, den 22.06.2022 festgestellt (Az.: 14 ME 258/22). Eine tatsächliche Impfpflicht bestehe laut Gesetz nicht, von den Behörden könne lediglich ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden.

Die Antragstellerin arbeitet in einem Seniorenhaus im Landkreis Diepholz bei Hannover. Ihr Arbeitgeber hat dem Kreisgesundheitsamt mitgeteilt, dass die Frau keine Nachweise über Covid-19-Impfungen, Genesungsstatus oder Unverträglichkeit gegenüber Impfungen, wie im einrichtungsbezogenen Pflichtimpfverfahren vorgeschrieben, vorgelegt hat. Der Landkreis ordnete daraufhin an, dass sie innerhalb von 14 Tagen den Nachweis ihrer ersten Corona-Impfung beim Gesundheitsamt vorlegen muss, gefolgt von einer zweiten, 42 Tage später. Andernfalls drohe ihr ein Zwangsgeld.

Das Verwaltungsgericht Hannover hatte bereits im Eilverfahren entschieden, dass die Androhung eines Zwangsgeldes unwirksam ist (Beschluss vom 11. Mai 2022, Az.: 15 B 1609/22). Diese Androhung sei auch nicht von den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes zu einrichtungsbezogenen Impfpflichten gedeckt. Der Gesetzgeber habe hier an der Freiwilligkeit der Impfentscheidung festgehalten.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg ist dem nun auch gefolgt. Jedenfalls bot das Infektionsschutzgesetz nach einer vorläufigen Prüfung im Eilverfahren keine Rechtsgrundlage für die zwangsweise Durchsetzung einer Impfpflicht.

Die Bezeichnung „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ sei ohnehin verkürzt. Laut Gesetz bestehe eine Impfpflicht nicht. „Faktisch stellt die Regelung die Betroffenen vielmehr lediglich vor die Wahl, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität durch die Impfung einzuwilligen.“

Wird kein Nachweis erbracht, gebe das Gesetz dem Gesundheitsamt daher die Möglichkeit, ein sofort vollziehbares Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen. Das passe zum Ziel der Regelung, besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen vor einer Corona-Infektion zu schützen.

Neben dem Verwaltungsgericht Hannover hat auch das Verwaltungsgericht Schleswig in erster Instanz einen entsprechenden Beschluss erlassen (Eilbeschluss vom 13. Juni 2022, Aktenzeichen 1 B 28/22).

Quelle: © Fachanwalt.de

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