Familienrecht

Gemeinsames Sorgerecht bei Umzug

26.05.2015
 (7)
Zuletzt bearbeitet am: 15.04.2024

Das gemeinsame Sorgerecht steht Eltern grundsätzlich immer dann zu, wenn das Kind während der Ehe geboren wurde oder die Mutter mit dem gemeinsamen Sorgerecht einverstanden ist. Kommt es hingegen zu einer Trennung/ Scheidung der Eltern, dann stellt sich die Frage welche Auswirkungen die Trennung auf das Sorgerecht hat und ob ein Elternteil ohne Zustimmung des anderen Elternteils mit der Kind umziehen darf.

Umzug - Zustimmung erforderlich?

Sofern ein Elternteil mit dem Kind in eine gemeinsame Wohnung ziehen möchte ist fraglich, ob dafür eine Zustimmung erforderlich ist. Zur Beantwortung der Frage ist § 1678 BGB entscheidend. Darin heißt es wie folgt:

„Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.“

Bei einem Umzug handelt es sich um eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung für das Kind. Das hat zur Folge, dass ein geplanter Umzug nur mit der Zustimmung des anderen Elternteils möglich ist. Zieht der Ehepartner ohne die Zustimmung um, dann kann dieses Verhalten unter Umständen eine Straftat, nämlich die Entziehung von Minderjährigen nach § 235 StGB, sein. Dementsprechend ist ohne ein Einverständnis ausdrücklich von einem Umzug abzuraten.

Was tun, wenn die Zustimmung verweigert wird?

Die Zustimmung des Sorgeberechtigten kann vom zuständigen Familiengericht ersetzt werden. Erforderlich dafür ist jedoch, dass ein vollständiger Antrag beim Gericht eingereicht wird. Das Gericht überprüft anschließend, ob der Antrag dem Kindeswohl entspricht oder ob der geplante Umzug das Wohl des Kindes gefährden würde. Bei der Entscheidung kann das Gericht die Zustimmung auch mit Beschränkungen oder Auflagen verbinden. Die einschlägige Vorschrift ist der § 1628 BGB.

Gericht hat die Zustimmung ersetzt – was passiert mit dem gemeinsamen Sorgerecht?

Sofern das Gericht die Zustimmung für einen Umzug erteilt hat kann der Antragssteller gemeinsam mit dem Kind umziehen. (Aufenthaltsbestimmungsrecht) Die Zustimmung hat jedoch keine weiteren Konsequenzen. Das gemeinsame Sorgerecht bleibt insoweit weiter bestehen. Lediglich die Entscheidung bezüglich des Umzuges wurde vom Gericht getroffen. Möchte hingegen ein Elternteil das alleinige Sorgerecht, dann ist ein weiterer Antrag beim Familiengericht notwendig.

Bei familienrechtlichen Problemen sollte ein Anwalt oder Fachanwalt für Familienrecht beauftragt werden. Dieser kann die notwendigen Antrage beim Gericht stellen und so seine Mandanten umfassend betreuen.

Quelle: Rechtsanwalt Gramm (Fachanwalt.de)
Symbolgrafik: © Gerhard Seybert - Fotolia

Diesen Artikel bewerten
Über den Autor





Weitere Artikel der Redaktion zum Thema
Familienrecht OLG Frankfurt entscheidet: Getrenntleben trotz gemeinsamer Wohnung möglich

In einem aktuellen Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Az.: 1 UF 160/23 ) wurde der Trennungszeitpunkt innerhalb einer Ehe neu bewertet, auch wenn die Eheleute weiterhin unter einem Dach lebten. Getrenntes Leben trotz gemeinsamer Wohnung: Wann endet die Ehegemeinschaft? Die Ehepartner waren weiterhin in einer gemeinsamen Wohnung ansässig, führten jedoch ein voneinander unabhängiges Leben. Die Kernfrage bestand darin, ab wann die eheliche Gemeinschaft als aufgelöst betrachtet werden kann, insbesondere im Hinblick auf die finanziellen Auskunftspflichten bei einer Scheidung. Laut § 1379 BGB ist nach der Trennung eine Auskunft über das Vermögen zu ... weiter lesen

Familienrecht Auch bei verbotener Leihmutterschaft hat Kindeswohl Vorrang

Frankfurt/Main (jur). Ein im Ausland von einer Leihmutter geborenes Kind kann aus Kindeswohlgründen von der deutschen Wunschmutter adoptiert werden. Dass die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, steht einer Stiefkindadoption nicht entgegen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem am Donnerstag, 14. Dezember 2023, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: 2 UF 33/23).  Im konkreten Fall hatte ein deutsches Ehepaar wegen ihres unerfüllten Kinderwunsches eine ukrainische Kinderwunschklinik um Hilfe gebeten. Dort wurde mithilfe einer Eizellspende bei einer ukrainischen Frau als Leihmutter eine Schwangerschaft eingeleitet. Der deutsche Ehemann ... weiter lesen

Familienrecht Wechsel zu neuen Pflegeeltern orientiert sich am Kindeswohl

Karlsruhe (jur). Über Jahre „gewachsene Bindungen“ zwischen Pflegeeltern und einem aufgenommenen Kind schließen einen Wechsel in eine andere Pflegefamilie nicht aus. Denn wird mit dem Wechsel des Kindes zu anderen Pflegeeltern eher dessen Kindeswohl gewährleistet, wird das Grundrecht der ursprünglichen Pflegeeltern auf Schutz der Familie nicht verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 7. September 2023, veröffentlichten Beschluss (Az. 1 BvR 1088/23). Auf das ebenfalls im Grundgesetz verankerte Elterngrundrecht könnten Pflegeeltern sich nicht berufen.  Konkret ging es um ein fünfjähriges Kind mit ... weiter lesen

Familienrecht Scheidung wegen Täuschung oder Zwangsehe ist nicht dasselbe

Karlsruhe (jur). Wenn ein Ehepaar übereinstimmend die Scheidung will, müssen die Familiengerichte gegebenenfalls auch den Grund näher prüfen. Denn ob es um eine Zwangsehe oder um eine arglistige Täuschung geht, kann wichtig etwa für spätere Unterhaltspflichten sein, betonte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 24. August 2023, veröffentlichten Beschluss zu einem Paar aus Afghanistan (Az.: XII ZB 274/21).  Das Paar hatte Ende 2018 in Afghanistan geheiratet. Der Mann lebte zu diesem Zeitpunkt bereits in Deutschland, die Frau kam im Februar 2020 nach. Schon im Juni 2020 wollten beide Eheleute die Trennung. Über den Grund waren sie sich ... weiter lesen

Ihre Spezialisten