Immer wieder taucht bei Arbeitnehmern, Schülern, Studenten und auch Arbeitgebern die Frage auf, ob ein Praktikum mit dem gesetzlichen Mindestlohn nach dem MiLoG vergütet werden muss. Nahezu jeder Jurist wird darauf wahrscheinlich als erstes mit einem Satz antworten, der sich ihm bereits im ersten Semester des Studiums in das Gedächtnis eingebrannt hat: Es kommt drauf an. Und bei einem Praktikum kommt es darauf an, um was für ein Praktikum es sich handelt, bzw. in welchem Rahmen das Praktikum ausgeübt wird.
Grundsatz
Grundsätzlich hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer gem. § 1 Abs. 1 MiLoG einen Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für geleistete Arbeit. Seit dem 01.01.2017 beläuft sich der Mindestlohn auf 8,84 EUR brutto pro Stunde. Grundsätzlich erhält demnach auch jeder Praktikant für die von ihm geleistete Arbeit den Mindestlohn. Allerdings sieht das Gesetz davon einige Ausnahmen vor, wodurch wiederum eine Vielzahl von Praktikanten aus dem Anwendungsbereich des MiLoG herausgenommen worden sind.
Ausnahmen nach dem MiLoG – kein Mindestlohn
Das MiLoG findet keine Anwendung, wenn es sich
- um ein Praktikum handelt, dass verpflichtend aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie, zu absolvieren ist;
- um ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums handelt;
- um ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung handelt, wenn nicht zuvor ein Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat;
- wenn es sich um eine Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder um eine Berufsausbildungsqualifizierung nach §§ 68 – 70 des Berufsbildungsgesetzes handelt.
Daneben kommt das MiLOG auch dann nicht zur Anwendung, wenn es sich um die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitnehmern handelt, die unter 18 Jahre alt sind und über keine Berufsausbildung verfügen.
Aufgrund dieser Ausnahmen findet das Mindestlohngesetz auf die wohl häufigsten Praktika, nämlich die in der Schule und im Rahmen des Studiums durchzuführenden Pflichtpraktika, keine Anwendung.
Handelt es sich hingegen um ein freiwilliges Praktikum, ist die im Rahmen dieses Praktikums erbrachte Arbeitsleistung auch nach dem Mindestlohngesetz zu entlohnen, wenn das Praktikum länger als drei Monate dauert.
Wann ist man überhaupt Praktikant?
Der Begriff des Praktikanten ist in § 22 Abs. 3 MiLoG bestimmt. Danach ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses Praktikantin oder Praktikant, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt..
Es kommt also nicht darauf an, ob das Tätigkeitsverhältnis des Praktikanten auch tatsächlich als Praktikum bezeichnet ist. Maßgeblich ist vielmehr die tatsächliche Ausgestaltung der Rechtsbeziehung.
Keine Umgehung des MiLoG durch arbeitsvertragliche Regelung
Aufgrund mangelnder Kenntnisse verlassen sich viele Praktikantinnen und Praktikanten sowie auch Arbeitnehmer im Allgemeinen auf die im Arbeitsvertrag/Praktikumsvertrag getroffenen Regelungen und nehmen deshalb ggf. zu Unrecht an, dass sie keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben, wenn im Arbeitsvertrag abweichendes geregelt ist. Hier hat der Gesetzgeber in § 3 MiLoG aber eine klare Regelung aufgestellt. Danach sind nämlich Vereinbarungen, die den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam.
Fazit
Zwar sind vom Anwendungsbereich des MiLoG insbesondere schulische und universitäre Pflichtpraktika ausgeschlossen, weil bei diesen ganz klar der Ausbildungszweck im Vordergrund steht, andererseits sind andere Praktika hingegen nicht vom MiLoG ausgeschlossen, womit eine „Ausbeutung“ der Arbeitnehmer weitestgehend verhindert werden soll. Arbeitgebern drohen indes auch empfindliche Geldbußen von bis zu 500.000 EUR, wenn sie der Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns gem. § 20 MiLoG nicht nachkommen.
Autor: Dr. Kluge Rechtsanwälte, Fachanwälte für Arbeitsrecht aus Hannover, Tel‑Nr. 0511‑94000630
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