Inhaltsverzeichnis
- Voraussetzungen: Wer hat Anspruch auf Witwenrente?
- Beginn und Dauer
- Witwenrente auch für Geschiedene?
- Große Witwenrente
- Kleine Witwenrente
- Höhe der Rente berechnen
- Einkommensanrechnung
- Witwenrente beantragen – das sollten Sie bei Ihrem Antrag beachten
- Muss ich Rente für Hinterbliebene versteuern?
- Fazit
Wenn der Ehepartner stirbt, bedeutet dies neben Trauer in den meisten Fällen auch eine finanzielle Veränderung. Bei verheirateten Paaren oder solchen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebten, besteht für den hinterbliebenen Partner ein Anspruch auf Witwenrente. Er erhält dann einen Teil der gesetzlichen Rente des verstorbenen Partners.
Voraussetzungen: Wer hat Anspruch auf Witwenrente?
Die Witwenrente zielt auf eine finanzielle Absicherung des hinterbliebenen Ehepartners ab. Anspruch auf Witwenrente hat
- wer bis zum Tod des Partners mindestens ein Jahr (§ 46 Absatz 2a SGB VI) verheiratet war oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebte.
Ausnahme: Wenn der Tod des Ehepartners plötzlich und unvorhersehbar (z.B. durch Unfall) eingetreten ist. Dann kann ein Anspruch auf Witwenrente auch bei kürzerer Ehe bestehen.
- Wer nicht wieder geheiratet hat.
- Wessen verstorbener Ehe- oder Lebenspartner schon eine Rente bezogen oder mindestens 5 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat.
Liegen die genannten Voraussetzungen vor, besteht ein allgemeiner Anspruch auf Witwenrente. Ob letztlich die Kleine oder Große Witwenrente gezahlt wird, hängt vom Vorliegen weiterer Faktoren ab (vgl. unten). Ein Fachanwalt für Sozialrecht, der sich auf das Thema Witwenrente spezialisiert hat, kann dabei helfen, die individuellen Voraussetzungen zu prüfen.
Beginn und Dauer
Soweit der verstorbene Ehe- oder Lebenspartner schon selbst eine Rente erhalten hat, beginnt die Witwenrente zum frühesten Zeitpunkt mit dem Monat, der auf den Sterbemonat folgt. Für den Monat, indem der Tod eingetreten ist, wird noch die volle Rentenzahlung geleistet. Hat der verstorbene Ehe- oder Lebenspartner selbst noch keine Rente erhalten, beginnt die Witwenrente schon mit dem Tag des Ablebens.
Der Bezug der Witwenrente endet entweder, wenn die Person, die die Witwenrente erhält, wieder neu heiratet (bei Wiederheirat ist jedoch eine Abfindung auf die Große Witwenrente möglich) oder wenn die Person, die die Witwenrente erhält, sich für das Rentensplitting entscheidet.
Beim Rentensplitting werden die Rentenansprüche aus der Ehezeit zu gleichen Teilen unter den Partnern aufgeteilt. So lassen sich die eigenen Anwartschaften erhöhen. Wer das Rentensplitting wählt, hat keinen Anspruch mehr auf Witwenrente.
Fachanwalt.de-Tipp: Die Witwenrente bzw. Witwerrente ist in § 46 SGB VI geregelt. Auch hinterbliebene Ehemänner haben Anspruch auf die Rente.
Witwenrente auch für Geschiedene?
Nach einer Ehescheidung besteht kein Anspruch mehr auf die Witwenrente. Von dieser grundsätzlichen Regel gibt es jedoch Ausnahmen. Die Witwenrente kann auch nach einer Ehescheidung beantragt werden, wenn
- die Scheidung vor dem 1.7.1977 stattfand
- der überlebende Ehepartner nach der Scheidung zu Lebzeiten des früheren Ehepartners nicht erneut geheiratet hat
- der überlebende Ehepartner im letzten Jahr vor dem Ableben des früheren Ehegatten von ihm Unterhalt erhalten hat oder ein Anspruch darauf bestanden hat
- der frühere Ehepartner bis zu seinem Ableben die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren erfüllt hat oder zum Beispiel einen zum Tod führenden Arbeitsunfall erlitten oder schon eine Rente erhalten hat
Große Witwenrente
Die Große Witwenrente (§ 46 Absatz 2 SGB VI) wird gezahlt, wenn:
- der überlebende Ehe- oder Lebenspartner die erforderliche Altersgrenze von 47 Jahren erreicht hat
oder
- eine teilweise oder vollständige Erwerbsminderung vorliegt
oder
- ein Kind unter 18 Jahren im Haushalt lebt. Im Falle eines behinderten Kindes, das nicht selbst für sich sorgen kann, gilt die Altersgrenze von 18 Jahren nicht und die Große Witwenrente wird auch bei älteren Kindern gezahlt.
Die große Witwenrente beträgt 55% der Rente, die der Ehe- oder Lebenspartner zum Zeitpunkt des Todes bezogen hat oder hätte. Eine Besonderheit besteht für Ehen, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden und bei denen ein Partner vor dem 2.1.1962 geboren wurde. Hier gilt das alte Recht und die Witwenrente beträgt 60% der Rente des Verstorbenen. Die Große Witwenrente ist zeitlich nicht befristet und wird daher ein Leben lang ausgezahlt, endet aber bei Wiederheirat.
War der Versicherte vor dem 01.01.2012 verstorben und der überlebende Partner war zu diesem Zeitpunkt bereits 45 Jahre alt, konnte schon mit Vollendung des 45. Lebensjahres die Große Witwenrente beantragt werden.
Die Altersgrenze, die erreicht werden muss, um die Große Witwenrente zu erhalten, wird seit 2012 jedes Jahr um einen Monat vom 45. Lebensjahr angehoben. Für Sterbefälle ab dem Jahr 2029 gibt es dann nur noch die Altersgrenze von 47 Jahren. Gem. § 242a SGB VI gelten folgende Altersgrenzen:
Todesjahr des Versicherten | Altersgrenze für die Große Witwenrente |
---|---|
2020 | 45 Jahre und 9 Monate |
2021 | 45 Jahre und 10 Monate |
2022 | 45 Jahre und 11 Monate |
2023 | 46 Jahre |
2024 | 46 Jahre und 2 Monate |
2025 | 46 Jahre und 4 Monate |
2026 | 46 Jahre und 6 Monate |
2027 | 46 Jahre und 8 Monate |
2028 | 46 Jahre und 10 Monate |
Ab 2029 | 47 Jahre |
Kleine Witwenrente
Die Kleine Witwenrente erhält, wer die Altersgrenze für die Große Witwenrente noch nicht erreicht hat und weder erwerbsgemindert ist, noch ein Kind erzieht. Die Höhe der kleinen Witwenrente beträgt 25% der Rente, die der Ehe- oder Lebenspartner zum Zeitpunkt des Todes bezogen hat oder hätte. Die Zahlung der Kleinen Witwenrente ist zudem auf 2 Jahre begrenzt.
Die wird zudem nur für 2 Jahre nach dem Tode des Ehe- oder Lebenspartners gezahlt. Eine Besonderheit gilt für Ehepaare, die vor 2002 geheiratet haben und bei denen ein Ehe- oder Lebenspartner vor dem 2. Januar 1962 geboren wurde. In diesem Fall findet noch das alte Recht Anwendung und die Kleinen Witwenrente wird ohne zeitliche Begrenzung gezahlt.
Fachanwalt.de-Tipp: Sollte während des Bezugs der Kleinen Witwenrente oder auch danach wenigstens eine der Kriterien für die Große Witwenrente eintreten (z.B. wird die erforderliche Altersgrenze erreicht), kann auch noch nachträglich in die Große Witwenrente gewechselt werden. Gem. § 115 Absatz 3 Satz 2 SGB VI besteht dann ein Anspruch auf Große Witwenrente.
Höhe der Rente berechnen
Die Höhe der Witwenrente richtet sich nach den Rentenansprüchen des Verstorbenen und dem eigenen Alter. Sollte der Verstorbene noch keine Rente bezogen haben, kann ein Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente bestehen, die die verstorbene Person hätte erhalten können. Es gibt zahlreiche Punkte, die bei der Berechnung der Witwenrente Berücksichtigung finden müssen. Zunächst ist es wichtig, die Rentenansprüche des Verstorbenen zu prüfen. Dazu gehören u.a.:
- der Versicherungsverlauf
- Rentenpunkte
- Beitragszeiten
- Ausbildungszeiten
- Kindererziehungszeiten
- uvm.
Lücken oder Fehler im Versicherungsverlauf etwa, können zu einer fehlerhaften Berechnung und damit zu einer Witwenrente führen, die zu niedrig ausfällt. Die Rentenansprüche des Verstorbenen sind daher sehr genau zu prüfen.
Ist dies geschehen, kann die eigentliche Witwenrente berechnet werden. Hier kommt es dann darauf an, ob man für die Kleine oder Große Witwenrente berechtigt ist und wie die eigenen Einkommensverhältnisse aussehen.
Bei der Berechnung der Großen oder Kleinen Witwenrente wird auf den jeweils geltenden Rentenartfaktor zurückgegriffen. Bei der Großen Witwenrente ist dies 0,55 (oder 0,6 nach altem Recht), bei der Kleinen Witwenrente 0,25. Für die Berechnung wichtig ist auch, ob es einen Abschlag in den Entgeltpunkten des Verstorbenen gibt. Dabei kommt es auf das Sterbejahr und das Alter des Verstorbenen an.
Einkommensanrechnung
Es gilt das sogenannte Sterbevierteljahr. Damit gemeint sind die ersten drei Monate, die auf den Sterbemonat folgen. Während des Sterbevierteljahrs wird die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des Verstorbenen noch in voller Höhe an den überlebenden Partner ausgezahlt und es erfolgt keine Anrechnung auf das eigene Einkommen. Die Höhe des eigenen Einkommens spielt also während des Sterbevierteljahrs keine Rolle.
Ansonsten gilt generell: Bestehen neben der Witwenrente noch weitere Einkünfte (nach neuem Recht z.B. Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Betriebsrente, Mieteinnahmen, Elterngeld oder ALG I), werden diese auf die Witwenrente angerechnet. Bei den einzelnen Einkommensarten erfolgt jedoch jeweils eine unterschiedliche Anrechnung.
Erwerbseinkommen beispielsweise wird zu 60% angerechnet, eigene Renten zu 86%. Nach altem Recht nicht angerechnet werden: ALG II, Sozialhilfe sowie Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung. Zudem gibt es Freibeträge. Oberhalb dieser Freibeträge werden die eigenen Einkünfte zu 40% auf die Rente angerechnet.
Der Freibetrag liegt vom 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2022 bei
- 883,61 Euro im Osten
- 902,62 Euro im Westen
Witwenrente beantragen – das sollten Sie bei Ihrem Antrag beachten
Eine Zahlung der Witwenrente erfolgt nicht automatisch. Die Witwenrente wird nicht automatisch ausgezahlt. Vielmehr muss bei der Rentenversicherung ein entsprechender Antrag gestellt werden. Dieser ist recht umfangreich und umfasst insgesamt 16 Seiten.
Der Antrag wird auf der Homepage der Rentenversicherung bereitgestellt: Formularpaket Witwenrente und Witwerrente.
Wer beim Ausfüllen Hilfe benötigt, kann sich an die Beratungsstellen der Rentenversicherung oder an einen Fachanwalt für Sozialrecht wenden.
Die Witwenrente kann bis zu 12 Monate rückwirkend beantragt werden. Für die Antragstellung benötigt werden eine Vielzahl an Unterlagen benötigt. U.a.:
- Sterbeurkunde (kann beim Standesamt beantragt werden)
- Heiratsurkunde
- Personalausweis des Verstorbenen und des Antragstellers
- Sozialversicherungsausweis des Verstorbenen und des Antragstellers
- Kontonummer des Antragstellers
- Steueridentifikationsnummer des Verstorbenen und des Antragstellers
- Letzter Rentenbescheid des Verstorbenen soweit dieser Rente bezogen hat
- Letzte Einkommensnachweise des Verstorbenen soweit dieser noch erwerbstätig war
- Krankenversicherungsnachweis des Antragstellers
- ggf. Wehrdienstausweis des Verstorbenen
- etc.
Muss ich Rente für Hinterbliebene versteuern?
Die Witwenrente wird steuerlich genau so behandelt, wie eine reguläre Altersrente. Das heißt, dass es einen Rentenfreibetrag gibt, wonach ein Teil der Rente steuerfrei bleibt. Wie hoch der Rentenfreibetrag ausfällt, hängt vom Jahr des Renteneintritts ab.
Fazit
Das Thema Witwenrente gestaltet sich insgesamt sehr komplex. Es gibt viele Punkte zu beachten, von möglichen Abschlägen, über die Konstellation, dass es mehrere Anspruchsberechtigte geben kann, bis hin zu Zuschlägen für das Aufziehen von Kindern. Ein Fachanwalt für Sozialrecht kann hier dabei helfen, den eigenen Sachverhalt genau zu überschauen.
Autor: Fachanwalt.de-Redaktion
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