Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber kann nur erfolgen, wenn das Integrationsamt (früher: Hauptversorgungsstelle) der Kündigung zuvor zugestimmt hat (§ 85 SGB IX). Der besondere Kündigungsschutz nach den §§ 85 ff. SGB IX ist ein Kernstück des Schwerbehindertenrechts im zweiten Teil des SGB IX. Eine ohne vorherige Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Dieses Verfahren dient dazu, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den Arbeitsplatz zu erhalten. Die Entscheidung des Integrationsamtes erfolgt durch Bescheid, der sowohl dem Arbeitgeber als auch dem schwerbehinderten Arbeitnehmer zugestellt wird. Dieser Bescheid kann durch Rechtsbehelf überprüft werden. Erst wenn die Entscheidung des Integrationsamtes in Form einer Zustimmung vorliegt, kann der Arbeitgeber die Kündigung wirksam erklären.
Keine nachträgliche Erteilung der Zustimmung möglich
Paragraph 5 Kündigungsschutz (© pixelfreund / fotolia.com)Die Zustimmung durch das Integrationsamt kann nicht nachträglich erfolgen. Sofern der besondere Kündigungsschutz im Einzelfall keine Anwendung finden sollte, weil kein Nachweis über die Schwerbehinderteneigenschaft vorliegt, stellt das Integrationsamt ein sog. Negativattest aus. Diese hat dieselbe Wirkung wie eine erteilte Zustimmung und berechtigt den Arbeitgeber zur Kündigung.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist hingegen zustimmungsfrei durch
- einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
- eine Kündigung, die von Seiten des schwerbehinderten Arbeitnehmers selbst erfolgt
- den Fristablauf bei einem befristeten Arbeitsverhältnis
- eine Kündigung, die seitens des Arbeitgebers innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses erfolgt (§ 90 Abs. 1 Ziffer 1 SGB IX)
Entscheidung des Integrationsamtes erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen
Das Integrationsamt entscheidet gem. § 85 SGB IX über den Antrag auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen, d.h. unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des angewendeten Gesetzes. Die Entscheidung erfordert eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers an der Aufrechterhaltung seines Beschäftigungsverhältnisses und den Interessen des Arbeitgebers an der Lösung des Arbeitsverhältnisses. Die Zustimmung des Integrationsamtes ist nur dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer dem Betrieb noch keine sechs Monate angehörte. Eine Kündigung, die aus Gründen erfolgt, die mit der Behinderung in einem Zusammenhang stehen, soll nach der Rechtsprechung möglichst vermieden werden. Dementsprechend wird das Integrationsamt seine Zustimmung nicht verweigern, wenn die Kündigungsgründe mit der Behinderung nichts zu tun haben.
Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes ist Verwaltungsakt
Die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes ist ein Verwaltungsakt. Diese ist immer mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Die Parteien des Verfahrens – Arbeitgeber wie auch schwerbehinderter Arbeitnehmer – können dagegen Widerspruch einlegen. Das Kündigungsschutzverfahren nach den § 85 ff. SGG IX ist ein Verwaltungsverfahren, für das der Amtsermittlungsgrundsatz des § 20 SGB X gilt.
Sofern die Entscheidung des Integrationsamts angefochten wird, folgt zunächst ein Widerspruchsverfahren vor einem Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt. Wird die Entscheidung, die dort getroffen wird, von einer Partei nicht akzeptiert, schließt sich ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an, in dem die Entscheidung überprüft wird.
Rechtsweg eines Verwaltungsgerichtsverfahrens für die Überprüfung einschlägig
Die Überprüfung der Entscheidung des Integrationsamts erfolgt also auf dem Rechtsweg eines Verwaltungsgerichtsverfahrens.
Die Zustimmung des Integrationsamtes muss der Arbeitgeber schriftlich beim Integrationsamt beantragen. Die Verwendung von Antragsformularen ist zwar nicht vorgeschrieben; jedoch ist es ratsam, die Antragsformulare des Integrationsamtes für die Antragstellung zu verwenden. Die erforderlichen Formulare dafür kann der Arbeitgeber beim Integrationsamt erhalten.