Sorgerecht ▷ gemeinsames, alleiniges & geteiltes Sorgerecht

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 4. November 2023

Sorgerecht (© Gerhard Seybert / fotolia.com)
Sorgerecht (© Gerhard Seybert / fotolia.com)
Was mit den Kindern nach der Trennung und Scheidung passiert, das wirft eine große Zahl an Fragen auf. Die eben ausgeführten Fragestellungen rund um den Kindesunterhalt sind dabei nur eines von zahlreichen Problemfeldern, die zu klären sind.

Ebenfalls gelöst werden müssen auch andere Bereiche wie

Die Sorgeberechtigung: wer ist sorgeberechtigt?

Die elterliche Sorge wird, ganz wie die Umstände liegen, im Falle einer Scheidung entweder einem einzelnen Elternteil zufallen, das ist als alleiniges Sorgerecht bekannt, oder aber beiden Elternteilen zusammen, das ist umgangssprachlich das geteilte Sorgerecht, für den Gesetzgeber das gemeinsame Sorgerecht.

Gemeinsames Sorgerecht: wann gilt ein gemeinsames Sorgerecht?

Ein gemeinsames Sorgerecht besteht grundsätzlich, gleichgültig ob die Partner in Ehe leben oder nicht verheiratet sind. Es ist jedoch die Erfüllung gewisser Voraussetzungen gefordert.

Voraussetzungen für das gemeinsame Sorgerecht im Überblick:

  • Es gilt eine Sorgeerklärung abzugeben. In dieser Erklärung dem Jugendamt oder einem Notar gegenüber erklären die Eltern ihr Einverständnis, das gemeinsame Sorgerecht übernehmen zu wollen.
  • Die Kindeseltern geben eine Erklärung ab, dass sie in naher Zukunft, genauer nach der Geburt, in die Ehe eintreten möchten.
  • Ein Elternteil hat die Möglichkeit, die sogenannte elterliche Mitsorge zu beantragen und vom Familiengericht zugesprochen zu bekommen.
Grundbedingung, um ein gemeinsames Sorgerecht zu beschließen, ist die eindeutige Vaterschaft des nicht ehelichen Elternteils. Dies steht festgeschrieben in den Paragraphen 1591 ff. BGB. Daher ist der Vater gezwungen, die Vaterschaft anzuerkennen. Wenn die Mutter sich nun dagegenstellt und die Vaterschaft nicht anerkennt, wird regelmäßig eine gerichtliche Feststellung stattfinden.

Umfang der elterlichen Sorge

Die elterliche Sorge gemäß den Paragraphen 1631 ff. BGB umfasst zum einen die Personensorge und auf der anderen Seite die Vermögenssorge.

Punkte, die die Personensorge und Vermögenssorge z.B. betreffen:

  • Pflege, Erziehung und Beaufsichtigung des Kindes
  • Verwaltung des Eigentums des Kindes und der daraus erzielten Einkünfte
  • Inbesitznahme der dem Kind gehörenden Sachen
  • Haftungsbegrenzung gemäß dem Paragraphen 1629 a BGB, nachdem das minderjährige Kind für Verbindlichkeiten, die seine Eltern für das Kind begründeten, immer nur mit dem Vermögen haftet,das es bei Eintritt seiner Volljährigkeit innehat
  • Aufenthaltsbestimmung und Bestimmung des Umgangs des Kindes mit dritten Personen
  • Vertragsabschlüsse
  • Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen

Das Sorgerecht insgesamt, also die Personensorge und die Vermögenssorge, umfasst zur Gänze die wirkliche Fürsorge in Bezug auf das minderjährige Kind genauso wie auch die andere Seite der Rechtsgeschäfte. Die Elternteile, die das Sorgerecht beanspruchen, üben die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für das minderjährige Kind aus. Ist das Sorgerecht für beide Elternteile ausgesprochen, werden sie so das Kind auch gemeinsam vertreten. Festgehalten in dem Paragraphen 1629 BGB.  Irgendwelche vertragsrechtlichen Angelegenheiten sind grundsätzlich über zumindest einen der sorgerechtstragenden Elternteile abzuwickeln. Das betrifft im Übrigen alle Willenserklärungen dem Kind gegenüber. Geregelt in Paragraph 1629 Absatz 1 BGB.

Das gemeinsame Sorgerecht nach der Scheidung

Eltern, die zwar auf Dauer getrennt leben, das gemeinsame Sorgerecht jedoch weiterhin innehaben, sind mit dem Paragraphen 1687 Absatz 1 BGB dazu verpflichtet, alle die Angelegenheiten, die von wesentlicher Bedeutung für das Kind sind, in einer einvernehmlichen Lösung gütlich zu regeln. Angelegenheiten des täglichen Lebens aber werden von dem Elternteil bestimmt werden, bei dem das Kind sein Zuhause hat. Dies findet sich niedergeschrieben in Paragraph 1687 Absatz 1 Satz 2 BGB. Es wird also immer darauf ankommen, wie wichtig die entsprechende Angelegenheit tatsächlich ist, wenn es um das Mitspracherecht des zweiten Elternteils geht, das mitsorgeberechtigt ist.

Fachanwalt.de-Tipp: Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Eltern helfen, die beste Lösung zu finden und ihre Rechte durchzusetzen. Hier finden Sie Fachanwälte, die sich auf Sorgerecht spezialisieren.

Das alleinige Sorgerecht beantragen

Kommt es bei getrennten Elternteilen zu unüberwindbaren Problemen im Bereich des Sorgerechts, kann eine Lösung sein, das alleinige Sorgerecht zu beantragen. Ein alleiniges Sorgerecht wird vom Gericht jedoch nicht ohne größere Hürden zugesprochen werden. Neben der Antragsstellung existieren etliche Grundvoraussetzungen.

  • Es ist erforderlich, die Zustimmung des anderen Elternteils einzuholen. Auch ein Kind ab dem ersten Tag seines 15. Lebensjahres hat die Möglichkeit sich zu entscheiden, beziehungsweise zu widersprechen. Dies findet sich geregelt in § 1671 Absatz 2 Nr. 1 BGB.
  • Es muss offensichtlich sein, dass die Übertragung des Sorgerechts auf den Antragsteller für das Wohl des Kindes die beste Lösung ist. Dies ist niedergeschrieben in Paragraph 1671 Absatz 2 Nr. 2 BGB.

Ist das Familiengericht nach grundlegender Betrachtung des Einzelalls zu der Ansicht gelangt, ein gemeinsames Sorgerecht wäre wenig sinnvoll, wird es im weiteren Verlauf die Möglichkeiten ausloten, dem einem oder anderen Elternteil das alleinige Sorgerecht zu übertragen. Oberste Priorität für eine Entscheidung wird immer das Kindeswohl nach dem sogenannten Kindeswohlprinzip sein. Eine Entscheidung des Gerichts, das immer die berechtigten Interessen der Beteiligten genauso wie die tatsächlichen Möglichkeiten, Gegebenheiten und zuallererst selbstverständlich das Kindeswohl berücksichtigen wird, folgt also dem Paragraphen 1697a BGB.

Fachanwalt.de-Tipp: Lesen Sie auch unseren Ratgeber darüber, wie Eltern das alleinige Soergerecht beantragen können.

FAQ zum Thema geteiltes Sorgerecht

Wie wird das geteilte Sorgerecht in Deutschland geregelt?

In Deutschland ist das geteilte Sorgerecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Im Wesentlichen bezieht es sich auf die gemeinsame Verantwortung beider Elternteile für das Wohl ihres Kindes, auch wenn sie getrennt leben oder geschieden sind. Gemäß § 1626 Abs. 1 BGB haben Mutter und Vater grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind.

Das geteilte Sorgerecht umfasst verschiedene Aspekte, wie zum Beispiel:

  • Personensorge: Hierzu zählen Entscheidungen bezüglich der Erziehung, des Aufenthalts und der schulischen sowie beruflichen Bildung des Kindes.
  • Vermögenssorge: Diese umfasst die Verwaltung des Vermögens des Kindes und die Vertretung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
  • Gesundheitssorge: Die Eltern sind gemeinsam für die gesundheitlichen Belange des Kindes verantwortlich und müssen Entscheidungen über notwendige medizinische Behandlungen treffen.
  • Religionsausübung: Beide Elternteile entscheiden gemeinsam über die religiöse Erziehung des Kindes.

Unter welchen Bedingungen kann das geteilte Sorgerecht entzogen oder eingeschränkt werden?

Das geteilte Sorgerecht kann eingeschränkt oder entzogen werden, wenn dies im besten Interesse des Kindes ist. Dies ist in § 1666 BGB geregelt. Eine solche Entscheidung muss jedoch immer durch das zuständige Familiengericht getroffen werden.

Gründe für eine Einschränkung oder den Entzug des Sorgerechts können zum Beispiel sein:

  • Kindeswohlgefährdung: Hierzu zählen körperliche oder seelische Misshandlungen, Vernachlässigung, aber auch das Gefährden des Kindes durch das Verhalten eines Elternteils.
  • Entführungsgefahr: Wenn ein Elternteil versucht hat, das Kind ins Ausland zu entführen oder eine solche Gefahr besteht, kann das Sorgerecht eingeschränkt werden.
  • Schwere Straftaten: Wenn ein Elternteil wegen einer schweren Straftat verurteilt wurde, kann dies Auswirkungen auf das Sorgerecht haben.

Wie kann das gemeinsame Sorgerecht bei nicht miteinander verheirateten Eltern erreicht werden?

Bei nicht miteinander verheirateten Eltern steht das Sorgerecht zunächst allein der Mutter zu, wie in § 1626a Abs. 1 BGB festgelegt. Um das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen, können nicht verheiratete Eltern eine Sorgerechtserklärung beim zuständigen Jugendamt oder vor einem Notar abgeben. Beide Elternteile müssen der gemeinsamen Sorge zustimmen. Sobald diese Erklärung abgegeben wurde, besteht das gemeinsame Sorgerecht. Falls die Mutter der gemeinsamen Sorge nicht zustimmt, kann der Vater gemäß § 1626a Abs. 3 BGB einen Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge beim Familiengericht stellen. Das Gericht entscheidet dann, ob die gemeinsame Sorge im besten Interesse des Kindes liegt.

Faktoren, die das Gericht berücksichtigt, sind unter anderem:

  • Bindung des Kindes: Die Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen wird bewertet.
  • Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft: Die Fähigkeit der Eltern, gemeinsame Entscheidungen im Sinne des Kindeswohls zu treffen, wird beurteilt.
  • Stabilität der Lebensverhältnisse: Die Lebensumstände der Eltern, wie Wohnsituation, finanzielle Sicherheit und Unterstützung durch Familie oder Freunde, werden in Betracht gezogen.

Was ist das Umgangsrecht im Zusammenhang mit dem geteilten Sorgerecht?

Das Umgangsrecht ist in § 1684 BGB geregelt und bezieht sich auf das Recht des Kindes, Kontakt zu beiden Elternteilen zu haben, sowie das Recht der Eltern, mit dem Kind in Kontakt zu treten und sich über dessen persönliche Verhältnisse zu informieren. Das Umgangsrecht ist unabhängig vom Sorgerecht und gilt auch, wenn nur ein Elternteil das Sorgerecht hat. Im Rahmen des geteilten Sorgerechts ist es wichtig, dass beide Elternteile das Umgangsrecht respektieren und fördern, da dies zum Wohl des Kindes beiträgt. Bei Meinungsverschiedenheiten über das Umgangsrecht können Eltern eine Umgangsvereinbarung treffen, die vom Jugendamt oder einem Familiengericht genehmigt werden muss. In schwerwiegenden Fällen kann das Gericht den Umgang einschränken oder sogar ausschließen, wenn dies im besten Interesse des Kindes ist (§ 1684 Abs. 4 BGB). Beispiel: Mutter und Vater haben das geteilte Sorgerecht, das Kind lebt bei der Mutter. Sie vereinbaren, dass der Vater das Kind jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Schulferien bei sich haben darf. Diese Regelung soll das Wohl des Kindes fördern und den Kontakt zum Vater aufrechterhalten.

Wie wird das geteilte Sorgerecht im Falle einer Trennung oder Scheidung geregelt?

Bei einer Trennung oder Scheidung bleibt das gemeinsame Sorgerecht grundsätzlich bestehen, wie in § 1687 BGB festgelegt. Beide Elternteile sind weiterhin gemeinsam für das Wohl des Kindes verantwortlich und müssen Entscheidungen im Interesse des Kindes treffen. In der Praxis müssen die Eltern jedoch Regelungen für die Aufteilung der elterlichen Verantwortung und das Umgangsrecht treffen. Mögliche Regelungen sind:

  • Wechselmodell: Das Kind verbringt gleich viel Zeit bei beiden Elternteilen. Die Eltern teilen sich die Betreuung des Kindes zeitlich gleichmäßig auf.
  • Residenzmodell: Das Kind lebt hauptsächlich bei einem Elternteil, während der andere Elternteil ein Umgangsrecht hat.
  • Nestmodell: Das Kind bleibt in der bisherigen Familienwohnung, während die Eltern abwechselnd bei dem Kind leben.

Die Regelungen sollten immer auf die Bedürfnisse und das Wohl des Kindes ausgerichtet sein. Bei Meinungsverschiedenheiten oder wenn keine Einigung erzielt werden kann, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils eine Regelung treffen (§ 1687 Abs. 1 BGB).

Beispiel: Bei einer Scheidung einigen sich Mutter und Vater darauf, dass das Kind hauptsächlich bei der Mutter lebt (Residenzmodell) und der Vater das Kind jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Schulferien besucht. Das geteilte Sorgerecht bleibt bestehen, und beide Elternteile sind weiterhin gemeinsam für das Wohl des Kindes verantwortlich.




Ihre Spezialisten
INHALTSVERZEICHNIS

TOOLS

Gratis-eBook „Scheidung“


Alle Infos zu Scheidung & Trennung!
Die wichtigsten Fragen zu Scheidung & Trennung!

  • Ablauf und Kosten einer Scheidung?
  • Wichtige Infos zu Unterhalt, Sorgerecht usw.!
  • Kostenlos als PDF-Download

Gratis-eBook „Fachanwalt finden“


Alle Infos zur Fachanwaltssuche!
Informationen und Tipps zur Fachanwaltssuche!

  • Was ist ein Fachanwalt?
  • Wichtige Infos zu Anwaltskosten, Beratungshilfe!
  • Kostenlos als PDF-Download