Patchworkfamilie – Definition und rechtliche Einordnung einfach erklärt

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 28. September 2023

Der Begriff "Patchworkfamilie" beschreibt die Struktur einer Stieffamilie, wie es in der Rechtsprache exakt heißt. Eine Patchwork-Familie ist definiert als eine Familie, in der zumindest ein minderjähriges Kind mit seinem biologischen Elternteil aufwächst und dabei einer der Elternteile eine neue Partnerschaft eingegangen ist. Die Patchworkfamilie kommt in Deutschland relativ häufig vor. Ungefähr 15 Prozent der Familien in Deutschland sind tatsächlich Patchworkfamilien.

Was ist eine Patchworkfamilie?

Patchworkfamilie (Kzenon / fotolia.com)
Patchworkfamilie (Kzenon / fotolia.com)
Bis in unser Jahrhundert hinein galt eine Neuverheiratung, ohne dass der Partner gestorben wäre, als unakzeptabel. Stiefkinder waren also zumeist Waisen oder Halbwaisen. Dem ohnehin negativ belegten Begriff „Stief“ haftete darum auch der Hauch des Todes an.

In der heutigen Zeit entstehen neue Partnerschaften wesentlich einfacher, durch eine Scheidung und einer anschließenden Neuverheiratung oder eingetragenen Lebenspartnerschaft, die durchaus auch gleichgeschlechtlich sein kann.

Die hohe Zahl der Patchworkfamilien (ca. 15 %) erklärt sich durch die Tatsache, dass auch Familien nach einer Scheidung und Neuverheiratung als Stieffamilie beziehungsweise Patchworkfamilie bezeichnet werden. Die Struktur der Patchworkfamilie steht in den deutschen Familienstrukturen an dritter Stelle, gleich nach der sogenannten „Kernfamilie“ und der „Ein-Eltern-Familie.

Die rechtliche Bedeutung im Sinne von Sozialleistungen, Renten, Erbe ist widersprüchlich, weil hier einer „Verwandtschaft“ nicht wirklich Rechnung getragen wird. Nach dem Gesetz besteht nämlich eine solche Verwandtschaft zwischen Stiefkind und Eltern oder auch den Stiefschwestern und Stiefbrüdern nicht, sie sind lediglich verschwägert. Das Gesetz räumt jedoch in § 25 und 55 SGBXI die Möglichkeit ein, die Pflegeversicherung des nichtehelichen Elternteils zu reduzieren.

Diverse Einteilungsversuche

Ein Versuch, Patchworkfamilien zu kategorisieren, ist die Einteilung nach dem zugrunde liegenden Motiv. So gibt es denn „zusammengesetzte Stieffamilien“, sie entstehen aus einer Heirat, bei der beide Partner Sprösslinge aus vorherigen Partnerschaften mitbringen.

Es wird weiter unterschieden die „freie Wahl“ will heißen, es gab vor der Partnerschaft eine Phase des Alleinseins.

Bei den „Wiederversammelten Stieffamilien“ handelt es sich um eine Wiederheirat nach Scheidung, hier die Untergruppen „Liebesheirat“ immer dann, wenn das Stiefelternteil der Grund der Scheidung war, es keine Zwischenphase des Alleinerziehens gab.

Schließlich die Untergruppe „Erleichterung“, meint eine Heirat aus sachlichen Überlegungen zur Lösung von Problemen.

Die sogenannten „legitimierenden Stieffamilien“ tragen der Gesellschaftsmeinung Rechnung, hier geht es darum, einem unehelichen Kind "einen Vater zu geben". S

chließlich die „wiederbelebten Stieffamilien“ das bedeutet, eine Wiederheirat nach dem Tod eines Elternteils. Neben der Einteilung mittels der Motive, kann es auch um eine soziologische Beschreibung gehen.

Patchworkfamilie in der Soziologie

In der Bi- oder multinuklearen Familie existieren zwei oder mehr familiäre Zentren. Sind beispielsweise die beiden getrennt lebenden Eltern noch nicht in einer neuen Beziehung oder Partnerschaft oder Ehe, wird das Kind oder die Kinder mit beiden Elternwohnungen als neue Familienstruktur konfrontiert. In einer multinuklearen Familienstruktur, ein Beispiel sei eine Scheidung, nach deren Rechtskräftigkeit das Kind in eine Pflegefamilie gelangt. Hier entstehen drei Zentren. Das Beziehungsgeflecht, das resultiert, kann verwirrend sein.

Die rekonstruierte Familie beschreibt eine sogenannte „Kernfamilie“, die beispielsweise nach dem Unfalltod der Mutter durch eine erneute Heirat des Vaters wieder hergestellt wird. Die rekonstruierte Familie versteht sich in diesem Sinn als eine Untergruppe einer Stieffamilie, die es in soziologischer Sicht lediglich in der mononuklearen Familie gibt.

Als zusammengesetzte Familie wird auch eine Stieffamilie bezeichnet. Hier ist dies lediglich der Versuch, das negativ belegte „Stief“ zu vermeiden. Er versucht das Augenmerk nicht auf die „Stief“-Eigenschaft zu lenken, sondern vielmehr auf die Art und Weise der Zusammensetzung der Familie. So kann er auch als Synonym für die „Pachtwork-Family“ dienen, beziehungsweise ist eine bi- oder multinukleare Familie.

Die mononukleare Familie ist das Standardmodell. Ein Haushalt in dem alle ihren Mittelpunkt des Lebens haben, mehr oder minder. Also auch eine Familie, die sich nach dem Tod eines Elternteils durch eine Wiederheirat selbst erneuert hat.

Kindschaftsrecht

Im Kindschaftsrecht ist regelmäßig das Recht des jeweiligen Gerichtes anzuwenden. Ist also die Zuständigkeit geklärt, wird auch das entsprechende Recht angewandt. Im Kindschaftsrecht sind dies: 

  • Das Haager Kinderschutzüberkeinkommen
  • Das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung
  • Die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (EuEheVO)
  • Das Haager Minderjährigenschutzabkommen
  • Das europäische Sorgerechtsübereinkommen

Die Abstammung kann entweder über das Heimatrecht des betroffenen Elternteils geklärt werden, genauso aber durch das Ehewirkungsstatut, bei einer verehelichten Mutter.

Weiter kann entscheidend sein der gewöhnliche Aufenthaltsort des Kindes oder Jugendlichen. Das Recht dieses Staates könnte dann angewendet werden. Niedergelegt ist dies in Artikel 19 EGBGB.

Das Eltern-Kind-Verhältnis, welches rechtlich eingeordnet wird, umfasst in erster Linie die elterliche Sorge. Ist der Rechtsgegenstand eine Adoption, so wird in aller Regel das Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption angewandt werden.

Regenbogenfamilie

Eine Regenbogenfamilie wird eine Familie genannt, in der die Eltern dasselbe Geschlecht haben. Per Definition also eine Patchworkfamilie.

Die Namensgebung hat mit dem Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung zu tun, der Flagge mit dem vielfarbigen Regenbogen. Gerade die Einstellung der Hippies in den 60ziger und 70zigern des vorigen Jahrhunderts, die Konsequenz der gegenkulturellen Flowerpowerbewegung, die alle Brüder und Schwestern waren, gab der Idee der Regenbogenfamilie großen Auftrieb. So gab es Massenadaptionen, sogenannte „Stämme“ und große „Rainbow-familys“.

FAQ zur Patchworkfamilie

  • Was versteht man unter einer Patchworkfamilie?

Eine Patchworkfamilie entsteht, wenn zwei Menschen mit Kindern aus einer vorherigen Beziehung eine neue Familie gründen. Die Kinder können von einem oder beiden Elternteilen stammen.

  • Welche rechtlichen Konsequenzen hat die Bildung einer Patchworkfamilie?

Aus rechtlicher Sicht ändert sich für die Eltern und Kinder einer Patchworkfamilie nichts. Jeder Elternteil bleibt weiterhin für das Sorgerecht und den Unterhalt seiner eigenen Kinder verantwortlich.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht gibt einem Elternteil das Recht, zu entscheiden, wo das Kind leben soll. In Patchworkfamilien kann es jedoch schwieriger sein, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auszuüben, da beide Elternteile möglicherweise das Recht haben, ihre eigenen Kinder bei sich zu behalten.

  • Wie können Probleme innerhalb einer Patchworkfamilie gelöst werden?

Eine Patchworkfamilie kann vor besonderen Herausforderungen stehen, da sie aus verschiedenen Familienmitgliedern mit unterschiedlichen Hintergründen und Bedürfnissen besteht. Es ist wichtig, offen und ehrlich miteinander zu kommunizieren und gemeinsam Lösungen zu finden. Eine Familientherapie kann auch helfen, Probleme anzugehen und zu lösen.

  • Welche steuerlichen Auswirkungen hat eine Patchworkfamilie?

Die steuerlichen Auswirkungen hängen von der individuellen Situation der Familie ab. Wenn beide Elternteile berufstätig sind und gemeinsam veranlagt werden, kann dies steuerliche Vorteile bieten. Wenn ein Elternteil jedoch alleinerziehend ist und das Kindergeld erhält, kann die Veranlagung getrennt vorteilhafter sein.

  • Wie kann die Erziehung in einer Patchworkfamilie gestaltet werden?

In Patchworkfamilien kann es schwierig sein, eine einheitliche Erziehungsstrategie zu finden, da jedes Kind unterschiedliche Bedürfnisse hat. Es kann hilfreich sein, gemeinsam Regeln und Grenzen zu setzen und diese auch einheitlich durchzusetzen. Es ist auch wichtig, jedem Kind individuelle Aufmerksamkeit und Liebe zu geben.

  • Welche Rechte und Pflichten haben Stiefeltern in einer Patchworkfamilie?

Stiefeltern haben keine automatischen rechtlichen Rechte und Pflichten gegenüber den Kindern ihres Partners. Das Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht verbleiben bei den leiblichen Eltern. Stiefeltern können jedoch unter bestimmten Umständen ein Umgangsrecht oder sogar ein Mitsorgerecht erlangen, wenn dies im besten Interesse des Kindes ist.

  • Was ist bei einer Adoption in einer Patchworkfamilie zu beachten?

Eine Adoption in einer Patchworkfamilie kann eine Möglichkeit sein, um eine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zu schaffen. Hierbei müssen jedoch die leiblichen Eltern ihre Zustimmung zur Adoption geben oder es muss ein Gerichtsbeschluss vorliegen, der die Zustimmung ersetzt.

  • Welche Herausforderungen können auftreten?

Patchworkfamilien können aufgrund der verschiedenen Familienmitglieder und ihrer Bedürfnisse vor besonderen Herausforderungen stehen. Es kann schwierig sein, eine einheitliche Erziehungsstrategie zu finden und alle Beteiligten zufrieden zu stellen. Konflikte zwischen den Kindern oder zwischen den Erwachsenen können ebenfalls auftreten. Es ist wichtig, diese Herausforderungen offen und ehrlich anzusprechen und gemeinsam Lösungen zu finden.

  • Welche Tipps gibt es für eine erfolgreiche Patchworkfamilie?

Offene Kommunikation und Ehrlichkeit sind entscheidend, um Konflikte zu vermeiden oder zu lösen. Jedes Kind sollte individuell betrachtet und unterstützt werden. Es kann hilfreich sein, klare Regeln und Grenzen zu setzen und diese auch einheitlich durchzusetzen. Eine Familientherapie kann helfen, Konflikte anzusprechen und Lösungen zu finden. Zeit und Geduld sind wichtig, um eine enge und erfolgreiche Patchworkfamilie aufzubauen.

Fachanwalt.de-Tipp: Insgesamt kann eine Patchworkfamilie eine wunderbare Möglichkeit sein, um eine neue Familie zu gründen und das Leben gemeinsam zu gestalten. Es gibt jedoch auch Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Eine offene und ehrliche Kommunikation, eine individuelle Betrachtung jedes Familienmitglieds und die Bereitschaft, gemeinsam an Problemen zu arbeiten, können dazu beitragen, dass eine Patchworkfamilie erfolgreich und glücklich ist.



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