Fahrverbot umgehen – geht das bzw. welche Möglichkeiten gibt es?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 16. Februar 2024

Es kann unter Umständen möglich sein, ein Fahrverbot zu umgehen. Erfolgsaussichten haben hier Ersttäter, die durch das Fahrverbot mit gravierenden Folgen in ihrem beruflichen oder privaten Alltag zu rechnen hätten. In diesem Fall kann ein Härtefall geltend gemacht werden, um das Fahrverbot noch abzuwenden und in ein erhöhtes Bußgeld umzuwandeln. Dieser Vorgang ist jedoch kompliziert, so dass in jedem Fall zu juristischem Beistand zu raten ist.

Fahrverbot verhängt – und nun?

Fahrverbot umgehen (© Sauerlandpics - stock.adobe.com)
Fahrverbot umgehen (© Sauerlandpics - stock.adobe.com)
Manchmal ist ein Fahrverbot einfach nur ärgerlich, manchmal kann es aber auch sogar existentielle Folgen nach sich ziehen. Das gilt vor allem für all diejenigen, die beruflich auf ihren Führerschein angewiesen sind und es sich daher schlichtweg nicht leisten können, mehrere Wochen oder Monate auf ihr Fahrzeug zu verzichten. Daher kommt schnell die Frage auf, ob sich ein solches Fahrverbot unter Umständen auch umgehen lässt. Und tatsächlich kann dies möglich sein, jedoch nur unter sehr strengen Voraussetzungen. Denn ein Fahrverbot wird in der Regel nicht grundlos verhängt, sondern dient als Sanktion dazu, einen erzieherischen Effekt auf den Verkehrsteilnehmer auszuüben. Denn bis es tatsächlich zu einem Fahrverbot kommt, muss der Verkehrsteilnehmer bereits in besonderem Maße gegen die Regeln des Straßenverkehrs verstoßen haben. Entweder, weil er besonders schwerwiegend oder auch schon mehrfach gegen das Straßenverkehrsgesetz verstoßen hat.

Die Kombination aus Bußgeld, Punkten und Fahrverbot wird als Strafe mit abschreckender Wirkung angesehen, damit es in Zukunft möglichst nicht mehr zu solchen Fehltritten kommt. Zu den typischen Delikten, die mit einem Fahrverbot geahndet werden, gehören u.a.

  • Überschreiten der Geschwindigkeit (außerorts mehr als 41 km/h über der Geschwindigkeitsbegrenzung, innerorts mehr als 31 km/h über dem Tempolimit)
  • zu dichtes Auffahren unter Missachtung des Sicherheitsabstands
  • Rotlichtverstoß – also das Überfahren einer roten Ampel
  • Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss

Das Fahrverbot gehört zu den Sanktionen, die der Bußgeldkatalog also für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung vorsieht. Gem. § 25 StVG kann ein Fahrverbot für eine Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verhängt werden. Ob von der Behörde tatsächlich ein Fahrverbot verhängt wird, wird im Einzelfall entschieden und maßgeblich von der Schwere des Vergehens abhängig gemacht. Auch die Dauer des Fahrverbots wird nach der Schwere des Verstoßes bemessen. Dabei gilt, dass ein Fahrverbot immer am Stück abgeleistet werden muss. Von einem dreimonatigen Fahrverbot beispielsweise könnten also nicht ein Monat im Februar, ein Monat im Mai und ein weiterer erst im Oktober abgeleistet werden.

Das Fahrverbot ist vom Führerscheinentzug zu unterscheiden. Der Unterschied liegt darin, dass bei einem einfachen Fahrverbot der Führerschein nur für eine bestimmte Zeit, also temporär, abgegeben werden muss, der Fahrer diesen dann aber wieder ohne weiteres Zutun zurückerhält. Wird die Fahrerlaubnis hingegen dauerhaft entzogen, hat der Betroffene keine Erlaubnis mehr, auch in Zukunft ein Fahrzeug zu führen. Er hat seinen Führerschein sozusagen verloren. Dies geschieht, wenn der Betroffene als ungeeignet eingestuft wird, ein Fahrzeug zu führen. Ist die festgelegte Monatsfrist abgelaufen, muss eine neue Fahrerlaubnis beantragt werden, die mit bestimmten Auflagen verbunden ist, z.B. der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU).

Betroffene möchten das Fahrverbot meist gerne so einplanen, dass es möglichst in die Urlaubszeit fällt und dadurch möglichst wenig Auswirkungen auf das Berufsleben hat. Möglich kann dies für Ersttäter sein, die in den vergangenen 2 Jahren noch kein Fahrverbot erhalten haben. Dann kann eine Frist von 4 Monaten gewährt werden, innerhalb der sich der Betroffene selbst aussuchen kann, wann er sein Fahrverbot antritt. Eine solche Frist gibt es jedoch nicht für Wiederholungstäter. Hier startet das Fahrverbot zu dem Datum, das die Behörde vorgibt. Als letzter Ausweg bliebe nur ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid, um das Fahrverbot verschieben zu können. Denn die Bearbeitung des Einspruchs geht nicht von heute auf morgen und der Bußgeldbescheid wird erst mit dem entsprechenden Gerichtsurteil rechtskräftig.

Fahrverbot umgehen – Möglichkeiten und Voraussetzungen

Polizeikontrolle (© Gerhard Seybert - stock.adobe.com)
Polizeikontrolle (© Gerhard Seybert - stock.adobe.com)
Es kann möglich sein, das Fahrverbot zu umgehen. Die individuellen Erfolgschancen hängen dabei jedoch stark vom jeweiligen Einzelfall ab. U.a. davon, ob es sich um einen Ersttäter (kein Verstoß in den letzten 2 Jahren) oder Wiederholungstäter handelt. Wer bereits mehrfach gegen das Straßenverkehrsgesetz verstoßen hat, wird es schwer haben, sich dem Fahrverbot zu entziehen.

Dasselbe gilt, wenn es sich um eine Alkohol- oder Drogenfahrt gehandelt hat, ein Rotlichtverstoß vorliegt oder bereits Punkte in Flensburg bestehen. In solchen Fällen wird es eher unwahrscheinlich sein, dass sich das Fahrverbot noch in eine Geldstrafe umwandeln lässt. Leichter wird es sein ein Fahrverbot zu umgehen, wenn es sich nur um eine geringe Geschwindigkeitsüberschreitung handelt, bei der niemand gefährdet wurde.

Wer hingegen zuvor nie oder zumindest in den letzten zwei Jahren nicht wegen eines Verstoßes gegen das StVG aufgefallen ist, gilt als Ersttäter und kann sich bessere Chancen darauf ausrechnen, sich dem Fahrverbot möglicherweise zu entziehen.

In Frage kommen dabei vor allem folgende Vorgehensweisen bzw. Argumentationsgrundlagen:

  1. Einspruch: Bevor der Bußgeldbescheid rechtskräftig wird, kann Einspruch erhoben werden.
  2. Härtefall: Vor allem, wenn von einem Härtefall ausgegangen werden kann, stehen die Chancen gut, das Fahrverbot umgehen zu können.
  3. Unverhältnismäßige Messung: Argumentieren lässt sich auch, dass es Fehler im Messverfahren gab oder die Messung unverhältnismäßig war, z.B., weil das Messgerät zu nah hinter einem Verkehrsschild positioniert war.
  4. Andere Rechtsgüter wurden nicht gefährdet: Die Chancen ein Fahrverbot umgehen zu können steigen, wenn nachweislich keine Gefährdung anderer Rechtsgüter bestand und das Verkehrsaufkommen zum Tatzeitpunkt nur gering war, etwa nachts.

Viele Betroffene hoffen darauf, das Fahrverbot durch ein höheres Bußgeld umgehen zu können. Dies ist jedoch in jedem Einzelfall konkret zu prüfen. Zuständig wird hier das Verwaltungsgericht sein, das über den Einspruch entscheidet. Betroffene, die 1 Monat Fahrverbot umgehen wollten, konnten dies, indem sie darlegten, dass dem Verkehrsverstoß ein Augenblicksversagen zugrunde lag, dass sie den Verstoß nur begingen, weil eine rechtfertigende Notlage vorlag oder, weil durch das Fahrverbot der Jobverlust drohte und somit von einer unzumutbaren Härte auszugehen war.

Das Fahrverbot durch eine höhere Geldbuße zu ersetzen wird regelmäßig nur möglich sein, wenn es sich um ein 1-monatiges Fahrverbot und einen Ersttäter handelt.

Einspruch gegen Fahrverbot

Der Führerschein muss dann abgegeben werden, wenn das Fahrverbot rechtskräftig ist. Der Betroffene erhält von der zuständigen Behörde einen Bußgeldbescheid zugeschickt und hat dann eine Frist von 2 Wochen, um Einspruch zu erheben. Lässt er diese Frist verstreichen, ist der Bußgeldbescheid und damit auch das Fahrverbot rechtskräftig. Das heißt, dass rechtzeitig Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt werden muss, bevor dieser rechtskräftig wird.

Wer diese Frist von 2 Wochen verstreichen lässt, muss das Fahrverbot antreten. Grundlage für einen Einspruch können fehlerhafte Vorgänge im Bußgeldverfahren sein. Insbesondere kann es oftmals zu Messfehlern kommen. Alternativ kann der Einspruch auch darauf beruhen, dass ein Fahrverbot im konkreten Einzelfall eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Fachanwalt.de-Tipp: Es sollte von einem erfahrenen Anwalt für Verkehrsrecht geprüft werden, ob im konkreten Fall ein Einspruch lohnt.

Folgende Voraussetzungen gelten für ein Einspruchsverfahren:

  • Die 2-wöchige Einspruchsfrist ist noch nicht abgelaufen
  • Es kann sich auf einen Härtefall berufen werden
  • Es liegt Augenblickversagen vor

Härtefall

In Ausnahmefällen kann von einem Härtefall ausgegangen werden. Dann wird auf ein Fahrverbot gänzlich verzichtet und stattdessen das Bußgeld adäquat erhöht. Denn die Rechtsfolgen des gesetzlichen Bußgeldkatalogs sind für die Richter nicht zwingend, es verbleibt immer ein gewisser Spielraum. Von einem freien Ermessen der Richterschaft ist hier jedoch nicht zu sprechen. Es gilt immer noch die festgelegte Rechtsprechung.

Bei der Beurteilung, ob im konkreten Fall von einem Ausnahmefall und damit von einer erheblichen Härte auszugehen ist, werden insbesondere u.a. folgende Punkte zu berücksichtigen sein:

  • Handelt es sich um einen einmaligen Verstoß mit einem sogenannten Augenblickversagen?
  • Würde ein Fahrverbot eine tatsächliche und unmittelbare existenzielle Gefährdung des selbstständigen Fahrers nach sich ziehen?
  • Würde ein Fahrverbot den Verlust des Arbeitsplatzes eines angestellten Arbeitnehmers wahrscheinlich machen?
  • War zum Zeitpunkt der Tat von einer Notstandssituation auszugehen?

Ein Härtefall sollte immer die Ausnahme darstellen. Die Rechtsprechung zielt darauf ab, die Verkehrssicherheit aufrechtzuerhalten oder sogar noch zu verbessern. Daher ist es von dem Betroffenen, der sich mit seinem Verhalten über geltende Gesetze im Straßenverkehr hinweggesetzt hat, auch hinzunehmen, dass es zu verschiedenen Einbußen bei ihm kommt, sei es privat, beruflich, persönlich oder auch finanziell. Nur wenn der Richter von einer tatsächlich untragbaren Härte ausgehen kann, wird eine Einschränkung bzw. Aufhebung des Fahrverbots in Frage kommen. Und dies wird vor allem dann in Frage kommen, wenn der Betroffene beruflich auf seinen Führerschein angewiesen ist und ein Fahrverbot für ihn den Verlust des Arbeitsplatzes nach sich ziehen würde. Betroffen wären beispielsweise Berufskraftfahrer oder Busfahrer.

Aber auch, wer sich um die Versorgung von pflegebedürftigen Angehörigen kümmert und daher auf seinen Führerschein angewiesen ist, könnte sich auf einen Härtefall berufen. Ebenso wie Schwerbehinderte, die ohne ihr Fahrzeug keine größeren Strecken bewältigen können. In jedem Fall ist es erforderlich, dass detailliert und nachvollziehbar dargelegt wird, dass ein Fahrverbot im konkreten Fall eine unzumutbare Härte darstellen würde.

Fachanwalt.de-Tipp: Das Argument, dass man den Führerschein benötigt, um mit dem Pkw zur Arbeit zu fahren, reicht zur Begründung eines Härtefalls üblicherweise nicht aus. Denn es gibt andere Möglichkeiten, zur Arbeitsstelle zu gelangen, wie öffentliche Verkehrsmittel und Taxis.

Augenblicksversagen

Achtung im Straßenverkehr! (© photocrew - stock.adobe.com)
Achtung im Straßenverkehr! (© photocrew - stock.adobe.com)
Bei der Argumentation für eine Umgehung des Fahrverbots kann es gegebenenfalls sinnvoll sein, sich auf sogenanntes Augenblicksversagen zu berufen. Der Gedanke dahinter ist, dass Fehler schließlich jedem passieren können und dass eine kurze Unaufmerksamkeit nicht solch eine gravierende Konsequenz wie ein Fahrverbot nach sich ziehen sollte. Die Chance, sich auf einen „kurzen, einmaligen Aussetzer“ berufen zu können, stehen natürlich besonders gut für diejenigen, die sich tatsächlich bisher noch keine sonstigen Verkehrsverstöße im Straßenverkehr geleistet haben. Bei einem Augenblicksversagen wird dann nur von einer leichten Fahrlässigkeit ausgegangen.

Beispiele dafür wären etwa, wenn ein einzelnes Verkehrszeichen übersehen oder verwechselt wird oder der sogenannte Mitzieheffekt vorliegt. Man fährt also selbst reflexartig los, weil auch der Vordermann fälschlicherweise losgefahren ist.

Wichtig ist es, dass hier eine überzeugende und schlüssige Argumentation geliefert wird, damit die Behörde sich dazu veranlasst sieht, Nachsicht walten zu lassen und das Fahrverbot in eine Geldstrafe umzuwandeln.

Fahrverbot umgehen durchs Umwandeln in höhere Geldstrafe

In Einzelfällen kann es möglich sein, ein Fahrverbot in ein erhöhtes Bußgeld umzuwandeln. § 4 der Bußgeldkatalog-Verordnung regelt dazu, dass das für den betreffenden Tatbestand als Regelsatz vorgesehene Bußgeld angemessen erhöht werden soll, wenn von der Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise abgesehen wird. Insbesondere für Ersttäter kann diese Option in Betracht gezogen werden. Damit das Fahrverbot in eine höhere Geldbuße umgewandelt werden kann, müssen zwei Voraussetzungen vorliegen: Zum einen muss ein fristgerechter Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid erhoben worden sein. Zum anderen muss ein Härtefall vorliegen.

Fachanwalt.de-Tipp: Es ist im Übrigen nicht möglich, ein Fahrverbot auf einen Dritten – zum Beispiel auf die Ehefrau – zu übertragen. Dies würde letztlich auch dem Sinn und Zweck des Fahrverbots widersprechen, bei dem es darum geht, durch eine entsprechende Sanktion erzieherisch auf den jeweiligen Autofahrer einzuwirken. Wer versuchen sollte, einen anderen Fahrer anzugeben, um selbst ein Fahrverbot zu umgehen, begeht einen strafbaren Täuschungsversuch.

Wie kann ein Fachanwalt helfen?

Ein einmal erteiltes Fahrverbot zu umgehen ist schwierig und ohne anwaltliche Hilfe meist chancenlos. Ob im konkreten Fall überhaupt ein Härtefall vorliegt und die realistische Möglichkeit besteht, das Fahrverbot umgehen zu können, kann ebenfalls nur von einem Anwalt geprüft werden. So kann der Anwalt beispielsweise Akteneinsicht verlangen und so detailliert prüfe, ob es Angriffspunkte gibt, die einen Einspruch wegen Fehler im Bußgeldverfahren rechtfertigen.

Hierzu sollten sich Betroffene an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht, der sich auf Fahrverbot spezialisiert, wenden. Dieser besitzt neben dem nötigen juristischen Fachwissen und der Kenntnis über aktuelle Fälle und Gerichtsurteile auch die entsprechenden rhetorischen Fähigkeiten, um für seinen Mandanten einzutreten und mit einer guten, schlüssigen Argumentation dessen Erfolgschancen zu erhöhen. So wird der Anwalt triftige Gründe für das Umgehen des Fahrverbots vorbringen – etwa, dass sein Mandant über keine Vorstrafen sowie keine Punkte in Flensburg verfügt. Soweit es sich um kein Alkohol- oder  Drogendelikt handelt, kann eine solche Strategie von Erfolg gekrönt sein.


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