Schmerzensgeld nach Autounfall – so gehen Sie vor: Anspruch, Ablauf und Höhe mit Tabelle

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 23. November 2023

Nach einem Autounfall können körperliche und seelische Schäden entstehen, für die man Schmerzensgeld beanspruchen kann. Schmerzensgeld dient als finanzieller Ausgleich für erlittene Verletzungen und Beeinträchtigungen. Rechtlich definiert ist der immaterielle Schaden in § 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Im Folgenden erfahren Sie, wer Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Autounfall hat, wie viel Schmerzensgeld für bestimmte Verletzungen üblich ist, und wer für die Zahlung verantwortlich ist.

Wer hat wann Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Autounfall?

Schmerzensgeld nach Autounfall (© Yvonne Weis - stock.adobe.com)
Schmerzensgeld nach Autounfall (© Yvonne Weis - stock.adobe.com)
Nach einem Autounfall haben verschiedene Personen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Schmerzensgeld. Die Ansprüche können je nach Rolle, die man in dem Unfallgeschehen eingenommen hat, unterschiedlich sein:

  • Fahrer: Als Fahrer können Sie Schmerzensgeld beanspruchen, wenn Ihre Verletzungen auf das Verschulden einer anderen Partei zurückzuführen sind. Wenn also beispielsweise ein anderer Fahrer den Unfall verursacht hat, können Sie Schmerzensgeld von dessen Haftpflichtversicherung verlangen.
     
  • Beifahrer: Als Beifahrer können Sie unabhängig davon, wer den Unfall verursacht hat, Schmerzensgeld beanspruchen, wenn Sie durch den Unfall Verletzungen erlitten haben. In diesem Fall kann Schmerzensgeld sowohl von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers als auch von Ihrer eigenen Haftpflichtversicherung verlangt werden.
     
  • Verursacher: Der Verursacher eines Unfalls hat normalerweise keinen Anspruch auf Schmerzensgeld, es sei denn, er war selbst auch durch das Fehlverhalten einer anderen Partei verletzt worden. In diesem Fall kann der Verursacher Schmerzensgeld von der Haftpflichtversicherung der anderen Partei beanspruchen.
Fachanwalt.de-Tipp: Die genauen Anspruchsvoraussetzungen hängen von den individuellen Umständen des Unfalls ab. Bei Fragen zu Schmerzensgeldansprüchen nach einem Autounfall kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht wertvolle Unterstützung bieten. Er kann die individuelle Situation bewerten und helfen, die Ansprüche geltend zu machen.

Tabelle: Wie viel Schmerzensgeld bekommt man bei einem Autounfall?

Bei einem Autounfall können Verletzungen auftreten, die zu körperlichem und psychischem Leid führen. Schmerzensgeld soll dabei helfen, den erlittenen Schaden finanziell auszugleichen. Die Höhe des Schmerzensgeldes variiert je nach Art und Schwere der Verletzung.

Im Folgenden finden Sie Beispiel mit groben Richtwerten für Schmerzensgeldbeträge bei ausgewählten Verletzungen, die bei einem Autounfall die Regel sind:

Verletzung

Urteil

Betrag

Prellungen (leicht)

OLG München 2016

250 Euro

Amputation des Fußes

LG Bielefeld 2005

75.000 Euro

Amputation Unterschenkel (Beifahrer, alkoholisierter Fahrer)

KG Berlin 2006

120.000 Euro

Wesensveränderungen und Schädelhirntrauma

OLG Köln 2014

55.000 Euro

Schleudertraum (schwer), Pflegebedürftigkeit und Wachkoma

OLG Oldenburg 2014

500.000 Euro

Arbeitsunfähigkeit und Depression der Eltern (Unfalltod ihrer drei Kinder)

OLG Nürnberg 1995

15.300 Euro

Beifahrer 17m weit geschleudert und zwischen 2 PKW eingequetscht

OLG Karlsruhe 2013

250 SG-Rente (monatlich) und 250.000 Euro

 

Die genannten Summen sind lediglich Beispiele, denn wie hoch letztendlich Schmerzensgeld nach einem Autounfall ausfällt, hängt vom Einzelfall ab. Eine allgemeingültige Schmerzensgeldtabelle existiert nicht. Jedoch gibt es drei Tabellen, die in Deutschland herangezogen werden können, um herauszufinden, wie hoch in etwa Schmerzensgeld ausfällt:

  • Schmerzensgeldtabelle des ADAC, Hacks Ring Böhm">Schmerzensgeldtabelle des ADAC, Hacks Ring Böhm
  • Beck‘sche Schmerzensgeldtabelle
  • Celler Schmerzensgeldtabelle (verantwortlich OLG Celle)

Alle drei Tabellen sind sich sehr ähnlich und beziehen sich auf identische Gerichtsurteile. Letztlich hat jedoch auch keine dieser Tabellen Vorrang. Manche Gerichte ziehen sogar selbst entwickelte Schmerzensgeldtabellen heran, um die Höhe von Schmerzensgeld zu ermitteln.  

Wer zahlt Schmerzensgeld bei Autounfall?

Autounfall (© Paolese  - stock.adobe.com)
Autounfall (© Paolese - stock.adobe.com)
Bei einem Autounfall wird das Schmerzensgeld in der Regel von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers gezahlt. Die Haftpflichtversicherung übernimmt die finanzielle Verantwortung für den Schaden, den der Unfallverursacher verursacht hat, einschließlich des erlittenen Schmerzes und Leids.

Es ist zu berücksichtigen, dass die Haftpflichtversicherung nur dann für das Schmerzensgeld aufkommt, wenn der Versicherte den Unfall verschuldet hat. Falls der Unfallverursacher nicht versichert ist oder vom Unfallort flüchtet, kann die Verkehrsopferhilfe einspringen. Diese Einrichtung unterstützt die Opfer von unversicherten oder flüchtigen Fahrzeugführern finanziell.

Zusätzlich kann in einigen Fällen die eigene Unfallversicherung des Geschädigten Schmerzensgeld leisten, wenn eine entsprechende Zusatzversicherung abgeschlossen wurde.

Schmerzensgeld beantragen / einfordern

Wenn Sie nach einem Autounfall Schmerzensgeld beanspruchen möchten, gibt es bestimmte Schritte, die zu unternehmen sind:

  1. Dokumentation der Verletzungen: Sichern Sie alle relevanten medizinischen Unterlagen, wie Arztberichte, Diagnosen und Krankenhausberichte. Eine detaillierte Dokumentation der Verletzungen und der daraus resultierenden Beeinträchtigungen ist wichtig für die Durchsetzung des Schmerzensgeldanspruchs.
  2. Beweissicherung: Sammeln Sie alle verfügbaren Beweise, wie zum Beispiel Fotos vom Unfallort, Zeugenaussagen und polizeiliche Unfallberichte. Diese Informationen können dazu beitragen, die Schuld des Unfallverursachers zu bestätigen und Ihre Schmerzensgeldforderung zu unterstützen.
  3. Berechnung des Schmerzensgeldes: Schätzen Sie gemeinsam mit einem Fachanwalt für Verkehrsrecht den angemessenen Schmerzensgeldbetrag, basierend auf der Art Ihrer Verletzungen, der Schwere der Beeinträchtigungen und anderen relevanten Faktoren. Der Anwalt kann dabei unterstützen, einen realistischen Betrag festzulegen.
  4. Schriftliche Schmerzensgeldforderung: Verfassen Sie eine formelle schriftliche Forderung an die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, in der Sie den Unfallhergang, die Verletzungen und den geforderten Schmerzensgeldbetrag detailliert darlegen. Achten Sie darauf, alle relevanten Unterlagen und Beweise beizufügen.
  5. Verhandlungen oder gerichtliches Verfahren: In vielen Fällen kommt es nach der Schmerzensgeldforderung zu Verhandlungen mit der Versicherungsgesellschaft, um eine Einigung zu erzielen. Wenn keine Einigung erzielt werden kann, kann es notwendig sein, den Rechtsstreit vor Gericht fortzusetzen. Ein Anwalt kann während des gesamten Prozesses rechtlich vertreten und Interessen effektiv verteidigen.

Den Schaden nachweisen / dokumentieren

Unfallbericht (© Stockfotos-MG - stock.adobe.com)
Unfallbericht (© Stockfotos-MG - stock.adobe.com)
Um Schmerzensgeld nach einem Unfall einzufordern, ist es wichtig, die Schadensursache nachzuweisen. Der Nachweis der Schadensursache ist entscheidend, um die Haftung des Unfallverursachers zu begründen und die Ansprüche zu stützen.

Im Folgende einige Schritte, die helfen können, die Schadensursache zu dokumentieren:

  1. Unfallbericht: Erstellen Sie einen detaillierten Unfallbericht, in dem der Unfallhergang so genau wie möglich beschrieben wird. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, Ort des Unfalls und die beteiligten Fahrzeuge. Es sollte auch eine Beschreibung der Witterungsverhältnisse, des Verkehrsflusses und anderer relevanter Faktoren hinzugefügt werden. Vorlage für einen Unfallbericht (in mehreren Sprachen) finden Sie hier.
  2. Zeugenaussagen: Sammeln Sie Aussagen von Zeugen, die den Unfall beobachtet haben. Notieren Sie Namen, Kontaktdaten und eine Zusammenfassung ihrer Beobachtungen. Zeugenaussagen können dazu beitragen, die Schuldfrage zu klären und die Schadensursache zu bestätigen.
  3. Fotos und Videos: Machen Sie Fotos und Videos von der Unfallstelle, den Fahrzeugen und den sichtbaren Schäden. Dokumentieren Sie auch eventuelle Verkehrszeichen, Ampeln oder andere Hinweise, die zur Schadensursache beitragen könnten. Visuelle Beweise können dabei helfen, den Unfallhergang zu rekonstruieren und die Haftung zu klären.
  4. Polizeibericht: Rufen Sie die Polizei am Unfallort, wenn dies erforderlich ist. Ein offizieller Polizeibericht kann wichtige Informationen enthalten, die zur Bestimmung der Schadensursache beitragen. Bitten Sie um eine Kopie des Berichts für Ihre Unterlagen.
  5. Medizinische Dokumentation: Suchen Sie unverzüglich nach dem Unfall ärztliche Hilfe auf und lassen Sie Ihre Verletzungen dokumentieren. Medizinische Berichte und Aufzeichnungen sind wichtige Beweismittel, um die Verbindung zwischen dem Unfall und Ihren erlittenen Verletzungen herzustellen.

Verjährung vermeiden

In Deutschland beträgt die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Schmerzensgeld nach einem Autounfall grundsätzlich drei Jahre (§ 195 BGB). Diese Frist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Unfall stattgefunden hat (§ 199 BGB).

Fachanwalt.de-Tipp: Es ist zu beachten, dass es auf das Datum des Unfalls ankommt und nicht auf das Datum der Verletzung oder des Kenntnisstands über den Anspruch.

Es gibt jedoch bestimmte Umstände, die die Verjährung hemmen (§ 203 BGB) können. Dazu zählen:

  • Unterbrechung der Verjährung: Wenn der Schädiger oder der Geschädigte eine Handlung vornimmt, die den Anspruch anerkennt oder die Verhandlungen über den Anspruch führt, wird die Verjährung unterbrochen. Die Verjährungsfrist beginnt dann von Neuem zu laufen.
     
  • Hemmung der Verjährung: Es gibt bestimmte Ereignisse, die die Verjährung vorübergehend stoppen können, wie beispielsweise die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens, eine außergerichtliche Streitbeilegung oder die Anmeldung des Anspruchs bei der Haftpflichtversicherung. Die Verjährungsfrist setzt nach dem Ende des hemmenden Ereignisses fort.

Es ist wichtig, den Anspruch auf Schmerzensgeld rechtzeitig innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen, um eine mögliche Verjährung zu vermeiden.

Wie wichtig juristischer Rat ist, zeigt sich an folgendem Beispiel eines Urteils des Oberlandesgerichts Köln vom 25.06.2012 (I-19 U 69/12): Als Folge eines Autounfalls verlor eine Frau ihre Milz. Sie erhielt Schmerzensgeld. 5 Jahre später forderte sie allerdings aufs Neue Schmerzensgeld. Begründung: Das Immunsystem wäre durch die Entfernung der Milz negativ in Mitleidenschaft gezogen. Die Forderung wurde von Seiten des Gerichts abgelehnt. Nach der gerichtlichen Auffassung waren die Ansprüche bereits verjährt. Bereits vor 5 Jahren wären die Spätfolgen abzusehen gewesen. Wäre allerdings innerhalb von 3 Jahren ein Feststellungsantrag gestellt worden, dann wäre auch die Durchsetzung erfolgreich gewesen.

Kosten

Es können verschiedene Kosten im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schmerzensgeld nach einem Autounfall entstehen. Dabei handelt es sich unter anderem um Aufwendungen für Zeugen, Gutachter, Sachverständige sowie für Telekommunikation und Post sowie eventuelle Anwaltskosten und Gerichtskosten.

Die konkreten Kosten sind individuell und richten sich nach dem Streitwert des Falls. Daher können keine verbindlichen Aussagen zu den genauen Beträgen getroffen werden.

Es gibt jedoch verschiedene Optionen, um die Kosten zu finanzieren oder zu reduzieren:

  • Bedürftige Personen haben die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Hierfür muss ein formloser Antrag zusammen mit einer Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden.
  • Nach erfolgreicher Durchsetzung des Schmerzensgeldanspruchs trägt die gegnerische Partei sämtliche Kosten.
  • Die Kostenübernahme durch eine Rechtsschutzversicherung hängt vom individuellen Versicherungsvertrag ab. Es ist ratsam, die Versicherungspolice zu prüfen, um festzustellen, inwieweit Anwalts- und Gerichtskosten erstattet oder übernommen werden.

Wie kann ein Anwalt beim Schmerzensgeld nach Unfall weiterhelfen?

Ein erfahrener Fachanwalt für Verkehrsrecht kann in vielerlei Hinsicht eine wertvolle Unterstützung bieten, wenn es um die Geltendmachung von Schmerzensgeld nach einem Unfall geht. Zunächst einmal kann der Rechtsanwalt eine umfassende Rechtsberatung anbieten und die Ansprüche des Geschädigten einschätzen. Durch seine Fachkenntnisse kann er den rechtlichen Rahmen analysieren und eine realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten geben.

Darüber hinaus kann ein Rechtsanwalt den gesamten Prozess der Anspruchsdurchsetzung übernehmen. Das beinhaltet die Erstellung von professionellen Schriftsätzen, die Kommunikation mit der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers und die effektive Durchsetzung der Ansprüche. Der Anwalt vertritt die Interessen des Geschädigten und setzt sich dafür ein, dass ein angemessenes Schmerzensgeld gezahlt wird.

Ein weiterer Bereich, in dem ein rechtlicher Beistand helfen kann, ist die Beweissicherung und Schadensdokumentation. Der Jurist kann Zeugen befragen, Gutachter oder Sachverständige hinzuziehen und alle relevanten Unterlagen sammeln, um den Schaden und die erlittenen Verletzungen zu dokumentieren. Dies ist entscheidend, um den Anspruch auf Schmerzensgeld fundiert zu untermauern.

Ein versierter Anwalt verfügt über Verhandlungsgeschick und kann eine außergerichtliche Einigung mit der Haftpflichtversicherung anstreben. Er verhandelt im Interesse des Geschädigten und setzt sich für eine faire Schmerzensgeldzahlung ein. Eine außergerichtliche Einigung kann den langwierigen und kostspieligen Weg eines Gerichtsverfahrens vermeiden.

Falls eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist, steht der Rechtsanwalt dem Geschädigten vor Gericht zur Seite. Er bereitet den Fall vor, erstellt die erforderlichen Schriftsätze und vertritt den Mandanten in den Verhandlungen vor Gericht. Dort setzt er sich für die Interessen seines Mandanten ein.


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