Erpressung als Straftat - Arten und Folgen erklärt an Beispielen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 9. Februar 2024

Erpressung ist eine schwerwiegende Straftat, die in verschiedenen Formen auftritt und die auf die Betroffenen oft erhebliche Auswirkungen hat. Da das Delikt in aller Regel auf das Vermögen des Erpressungsopfers oder eines Dritten zielt, spricht man von einem sogenannten Vermögensdelikt. Rechtlich geregelt ist die Strafverfolgung in § 253 StGB. Demnach ist die Tat rechtswidrig, wenn das Vermögen des Opfers durch die Anwendung oder Androhung von Gewalt geschädigt werden soll.

Was gilt als Erpressung?

Erpressung (© lensw0rld – stock.adobe.com)
Erpressung (© lensw0rld – stock.adobe.com)
Erpressung
ist in § 253 des Strafgesetzbuches (StGB) definiert. Demnach macht sich der Erpressung schuldig, wer einem anderen Menschen

  • mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben,
  • mit erheblicher Schädigung der Gesundheit,
  • mit Freiheitsentzug,
  • mit erheblichen Vermögensschäden,
  • mit der Verbreitung einer schädlichen Information droht.

Das Opfer soll durch eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gezwungen werden, einen erheblichen Vermögensnachteil zugunsten des Erpressers in Kauf zu nehmen, anderenfalls hätte es mit substanziellen Schädigungen (privat / beruflich) oder einer ernsthaften Gefahr für Leib und Leben zu rechnen. Dabei gilt schon der Versuch der Erpressung als strafbar.

Die Drohung kann sich auch gegen Angehörige (Familie, Kinder) richten, die im Falle der Nichtbefolgung der Anordnungen der Erpresser mit erheblichen Nachteilen, in dem meisten Fällen mit Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu rechnen hätten.

Fachanwalt.de-Tipp: Erpressung ist abhängig von der Absicht des Erpressers einen Vermögensvorteil zu erlangen. Ist das nicht der Fall, handelt es sich nach den Bestimmungen des § 240 StGB um den Tatbestand der Nötigung, die die Freiheit der Willensbildung und -betätigung des Opfers einschränkt.

Neben der Nötigung ist auch die Abgrenzung zum „räuberischen Diebstahl“ nach § 252 StGB relevant. Dabei wird das Opfer durch Androhung von Gefahr für Leib und Leben gezwungen, den Vermögensnachteil zugunsten der Täter in Kauf zu nehmen. Diese Straftat „… ist gleich einem Räuber zu bestrafen“.

Arten und Formen mit Beispielen

Die Art und Weise, wie Erpressungen auftreten, wird in erster Linie durch die Motive und den Möglichkeiten des Erpressers bestimmt. Man unterscheidet:

  • Persönliche Erpressung: Ist auf ein Individuum gerichtet, meist um Geld oder Waren zu erpressen. Die Formen können physische Gewalt sein oder die Androhung, kompromittierende Informationen zu veröffentlichen.
  • Erpressung von Unternehmen oder Organisationen: Dabei richtet sich die Drohung darauf, das Ansehen des Unternehmens im Gesamten oder dessen Mitarbeiter in der Öffentlichkeit zu schädigen, um dadurch Geschäfts- oder Geldvorteile zu erzielen.

Räuberische Erpressung

Die Unterscheidung zur „einfachen“ Erpressung liegt darin, dass eine gegenwärtige Gefahr vorliegt, sie also nicht in die Zukunft gerichtet ist. Sie kombiniert die Elemente der Erpressung und des Raubes (§ 249 StGB) und ist in dieser besonders schweren Form im § 255 StGB geregelt. Es besteht hinsichtlich der einfachen Form ein wesentlicher Unterschied in Bezug auf Dringlichkeit und Unmittelbarkeit. Die Strafandrohungen sind deshalb strenger.

Digitale Erpressung (Cyber-Crime)

Nimmt aktuell immer mehr zu und ist oft sogar gegen ganze Staaten oder weltweit tätige Organisationen (WHO, UNO, …) gerichtet. Meist handelt es sich um Bedrohung durch Ransomware. Es werden Daten auf den Servern oder Computern des Unternehmens verschlüsselt und diese nur gegen Zahlung eines Lösegeldes freigegeben. Eine weitere Erpressungsform ist unter DDoS-Erpressung (Distributed Denial of Service) bekannt. Sie droht mit der Lahmlegung der gesamten Online-Infrastruktur des Unternehmens, wenn die Forderungen nicht erfüllt werden.

Sexuelle Erpressung oder Sextortion

Was können Opfer tun? (©  followtheflow – stock.adobe.com)
Was können Opfer tun? (© followtheflow – stock.adobe.com)
Die Erpresser drohen mit der Veröffentlichung von kompromittierenden oder intimen Details - meist Bilder oder Videos - des Opfers, das sich von dieser Bedrohung „freikaufen“ kann. Wobei die Gegenleistung nicht immer in Form von Geld bestehen muss (siehe § 240 StGB; Nötigung).

Politische Erpressung

Hat zum Ziel, durch die Androhung brisante Informationen zu veröffentlichen, die Karriere eines Politikers oder das Ansehen einer politischen Organisation zu zerstören oder zu beeinträchtigen. In Zeiten von Fake News oder Deep-Fake ein Vorgehen mit hohem Gefahrenpotenzial. In vielen Fällen geht es dabei weniger um finanzielle Vorteile als vielmehr darum, politische Zugeständnisse zu erreichen.

Der Begriff steht meist im Zusammenhang mit Mafia und Organisierter Kriminalität. Unternehmen oder Einzelpersonen werden gezwungen, regelmäßig Geld an eine Person / Organisation zu zahlen, damit sie Schäden an Hab und Gut und Bedrohungen von Leib und Leben abwenden können.

Emotionale Erpressung

Das Opfer wird nicht mit körperlicher Gewalt oder schweren materiellen Schäden bedroht, sondern auf andere subtile Weise unter Druck gesetzt (sozialer Druck, Scham, Schuldgefühle).

Erpressung durch Androhung von Selbstschädigung

Der Täter droht damit, sich selbst Schaden zuzufügen, wenn sich das Opfer nicht seinem Willen unterwirft, eine bestimmte Handlung vorzunehmen oder eine bestimmte Leistung zu erbringen. Diese Art von Erpressung ist meist in persönlichen oder familiären Beziehungen anzutreffen.

Schweregrad der Erpressung

Abhängig von den Tatumständen, dem Grad der Bedrohung und der Höhe des erpressten Geldes variiert der strafrechtlich relevante Schweregrad der Erpressung, wie folgende Aufstellung zeigt:

Tatbestand

Parameter

Beispiel

Geringfügige Erpressung

Eine kleine Summe oder ein Gegenstand von geringem Wert wird erpresst. Die Bedrohung ist zwar ernsthaft und unethisch, führt aber nicht zu einer gravierenden Gefahr für das Opfer.

Ein Jugendlicher entdeckt, dass ein Klassenkamerad während eines Tests heimlich Antworten von seinem Handy abliest. Er droht dem Mitschüler, dass er das Vergehen melden wird, es sei denn, der Klassenkamerad gibt ihm seine Fußballkarten für das kommende Spiel.

Moderate (einfache) Erpressung

Der erpresste Wert ist entsprechend hoch und / oder es liegt eine ernst zu nehmende Bedrohung vor. Solche Erpressungen können oft über einen längeren Zeitraum gehen.

Ein Mitarbeiter entdeckt, dass sein Vorgesetzter gegen Unternehmensrichtlinien verstößt und unerlaubte Transaktionen durchführt, die das Unternehmen eine erhebliche Summe Geld kosten könnten. Er konfrontiert den Vorgesetzten direkt und droht, das Fehlverhalten offenzulegen, es sei denn, er bezahlt ihn für sein Stillschweigen.

Schwere Erpressung

Hohe Summe und / oder Gegenstände von hohem Wert werden erpresst. Die Bedrohung richtet sich substanziell gegen Leib und Leben des Opfers (schwere Verletzungen oder Tod). Vielfach werden auch Familienmitglieder, im Besonderen Kinder bedroht.

Ein Mitglied einer kriminellen Organisation entführt das Kind eines wohlhabenden Geschäftsmannes. Dieser wird kontaktiert und eine hohe Lösegeldsumme für die sichere Rückkehr seines Kindes wird eingefordert. Der Täter droht damit, dem Kind Schaden zuzufügen, wenn das Opfer die Polizei einschaltet oder das geforderte Lösegeld nicht zahlt.

Besonders schwere Erpressung (im großen Stil)

Alles, was über die schwere Erpressung hinausgeht. Es sind große Summen im Spiel oder die Drohung richtet sich an eine größere Anzahl von Menschen.

Eine kriminelle Organisation hat sich auf Ransomware-Angriffe spezialisiert und infiziert das Computersystem eines großen Krankenhauses. Die Hacker verschlüsseln alle Patientendaten und drohen damit, diese Daten dauerhaft zu löschen, wenn das Krankenhaus nicht eine enorm hohe Summe als Lösegeld zahlt. Durch den Angriff wird der Krankenhausbetrieb massiv beeinträchtigt; Operationen müssen verschoben werden und die Versorgung der Patienten ist gefährdet.

Was können Opfer einer Erpressung tun?

Die genauen Schritte können je nach der spezifischen Situation variieren. Im Zweifelsfall sollten Sie sich immer an einen Fachanwalt für Strafrecht wenden, der die weiteren Schritte bespricht. Empfehlungen:

  1. Ruhe bewahren und nicht unüberlegt und vorschnell reagieren. Panik ist kein guter Ratgeber.
  2. Behörden / Polizei kontaktieren, denn Erpressungen sind Verbrechen, die bereits als Versuch strafrechtlich zu ahnden sind.
  3. Dokumentation und Sammlung von Beweisen für den Tatbestand der Erpressung und die Möglichkeit der Abgrenzung zu Raub und / oder Nötigung.
  4. Keine Verhandlungen oder Zahlungen: Nie ohne vorhergehende Beratung mit einem Fachanwalt für Strafrecht auf den Versuch der Erpressung eingehen und keinesfalls den geforderten finanziellen Ausgleich vornehmen. Letzteres führt in aller Regel dazu, dass der Erpresser sein Spiel wiederholt.
  5. Emotionale Unterstützung suchen: Eine Erpressung kann eine traumatische Erfahrung sein. Es ist wichtig, nach Unterstützung zu suchen, sei es durch Freunde, Familie oder professionelle psychologische Beratung.
Fachanwalt.de-Tipp: Eine Erpressung ist immer eine Straftat und muss den Strafverfolgungsbehörden (Polizei) unverzüglich gemeldet werden, auch wenn die Täter das Gegenteil von Ihnen fordern. Es ist ratsam, jegliche Kommunikation mit dem Erpresser einzustellen und die Verhandlungsführung geschultem Fachpersonal zu überlassen. Das Wichtigste: Bewahren Sie Vertraulichkeit, um den Täter nicht zu alarmieren oder die Ermittlungen zu behindern.

Welche Strafen drohen?

Die Strafen sind abhängig von der Schwere der Straftat und es kommt eine Geld- oder Freiheitsstrafe in Betracht. Zu beachten ist, dass auch versuchte Erpressung strafbar ist. Bei räuberischer Erpressung ist ein deutlich höheres Strafmaß vorgesehen.

  • § 253 StGB: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bei einfacher Erpressung.
  • § 253 Abs. 4 StGB: Schwere Erpressung (qualifizierte Nötigungslage, Einsatz von Waffen): Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren.
  • § 255 StGB: Straftaten im Verbund mit räuberischer Erpressung durch Anwendung von Gewalt: Freiheitsstrafe von mindestens einem bis 15 Jahren. In besonders schweren Fällen mindestens 3 bzw. mindestens 5 Jahre (§ 250 StGB; schwerer Raub).

Verjährungsfristen

Freiheitsstrafe

Verjährungsfrist

mehr als 5 Jahre

10 Jahre

1 bis 5 Jahre

5 Jahre

bis zu einem Jahr

3 Jahre


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