Was meint Zwangsprostitution und wie hoch ist die Strafe?

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 26. Januar 2024

Der arbeitslose A zwingt seine ebenfalls arbeitslose Freundin B Geld anzuschaffen und auf den „Strich“ zu gehen. Zunächst weigert sich B. Als A jedoch mit Schlägen droht, gibt B nach und kommt der Aufforderung des A nach. A hat sich wegen Zwangsprostitution strafbar gemacht und muss nun mit einer Haftstrafe rechnen.

Definition

Von Zwangsprostitution spricht man, wenn eine Person eine andere Person zur Prostitution  zwingt durch Gewalt, Täuschung, Erpressung, Ausnutzung einer Zwangslage oder Ausnutzung der Hilflosigkeit.

Gesetzliche Regelung

Die Zwangsprostitution ist in § 232a StGB geregelt. Dieser lautet wie folgt:

(1) „Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren veranlasst,

Zwangsprostitution (© dmitrimaruta / fotolia.com)
Zwangsprostitution (© dmitrimaruta / fotolia.com)
    1. die Prostitution aufzunehmen oder fortzusetzen oder

    2. sexuelle Handlungen, durch die sie ausgebeutet wird, an oder vor dem Täter oder einer dritten      Person vorzunehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen zu lassen.“

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List zu der Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder den in Absatz 1 Nummer 2 bezeichneten sexuellen Handlungen veranlasst.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen, wenn einer der in § 232 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen, in minder schweren Fällen der Absätze 3 und 4 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(6) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer an einer Person, die Opfer

    1. eines Menschenhandels nach § 232 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a, auch in  Verbindung mit § 232 Absatz 2, oder

    2. einer Tat nach den Absätzen 1 bis 5

geworden ist und der Prostitution nachgeht, gegen Entgelt sexuelle Handlungen vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt und dabei deren persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder deren Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, ausnutzt. Nach Satz 1 wird nicht bestraft, wer eine Tat nach Satz 1 Nummer 1 oder 2, die zum Nachteil der Person, die nach Satz 1 der Prostitution nachgeht, begangen wurde, freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht diese Tat zu diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.“

Die Zwangsprostitution ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff der Prostitution. Die „normale“ Prostitution kann auf legalem Wege und freiwillig erfolgen. Prostitution meint die Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt. Wenn die Prostitution unfreiwillig erfolgt,  spricht man von Zwangsprostitution.

Die Zwangsprostitution ist eine besondere Form des Menschenhandels, welches wiederum in § 232 StGB normiert ist. Der 2016 ins Leben gerufene § 232a StGB entspricht § 232 StGB alter Fassung. Schutzgut ist hierbei die individuelle sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit einer Person. Auch die Vorschriften §§ 180a und 181a StGB (Zuhälterei) sind Vorschriften gegen die unfreiwillige Ausübung der Prostitution, mit denen es viele Überschneidungen gibt, so dass es in der Praxis manches Mal schwierig sein wird, zu erkennen, welche dieser Normen nun anzuwenden ist.

Ein Fachanwalt für Strafrecht kann zu einer genauen Analyse beitragen.

Die Zwangsprostitution sieht verschiedene Tathandlungen vor. Strafbar macht sich nach Absatz 1  demnach, wer eine andere Person

  • unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder
  • unter Ausnutzung ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist oder wer
  • eine Person unter 21 Jahren dazu veranlasst

- entweder die Prostitution aufzunehmen oder

- sexuelle Handlungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, durch welche die Person ausgebeutet wird.

Absatz 1 verlangt, dass der Täter das Opfer dazu veranlasst, die genannten Handlungen zu vollziehen oder vornehmen zu lassen. Veranlassen meint jemanden „dazu bringen, etwas zu tun“ oder „durch Beauftragung eines Dritten dafür sorgen, dass etwas Bestimmtes geschieht oder getan wird“ § 232a Absatz 1 StGB verlangt demnach mindestens eine kommunikative Beeinflussung mit einer gewissen Hartnäckigkeit. Ein bloßer Hinweis auf eine lukrative Verdienstmöglichkeit oder ein bloßer unverbindlicher Vorschlag als Prostituierte zu arbeiten, reicht indes für den Tatbestand des § 232a Absatz 1 StGB nicht aus.

Der Versuch der Zwangsprostitution ist ebenfalls strafbar, vgl. Absatz 2. Sodann gibt es noch die Freier-Strafbarkeit, die in § 232a Absatz 6 StGB geregelt ist, wonach ein Freier sich strafbar macht, wenn er von der Zwangsprostitution weiß und dennoch sexuelle Handlungen an sich vornehmen lässt.  Allerdings wird die Strafbarkeit des Freiers nach Absatz 6 Satz 2 ausgeschlossen, wenn der Freier die Zwangsprostitution anzeigt. Die Freier sollen so dazu ermutigt werden, zur Aufklärung von Zwangsprostitution beizutragen.

Strafmaß der Zwangsprostitution

​​Strafrecht (© paulo jorge cruz / fotolia.com)
​​Strafrecht (© paulo jorge cruz / fotolia.com)
Das Strafmaß der Zwangsprostitution geht von 6 Monaten Freiheitsstrafe bis hin zu 10 Jahren. In minder schweren Fällen beträgt das Strafmaß Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren.

Das Gesetzt sieht also lediglich eine Freiheitsstrafe vor. Die zu erwartende Strafe hängt auch bei diesem Delikt vom Einzelfall und seinen Umständen ab. Ob diese Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder nicht, hängt u.a. von der Höhe der Freiheitsstrafe ab.

Zur Bewährung ausgesetzt werden können Freiheitsstrafen von maximal 2 Jahren. Wenn also ein Täter eine Freiheitsstrafe von über 2 Jahren erhält, bedeutet dies automatisch keine Bewährung, sondern Knast!  Wenn die Freiheitsstrafe 2 Jahre nicht übersteigt, kann der Täter auf eine Aussetzung zur Bewährung hoffen, wenn u.a. eine günstige bzw. positive Sozialprognose festgestellt wird.

Eine positive Sozialprognose wird dann angenommen, wenn zu erwarten ist, dass der Täter sich allein die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird. Bei der Feststellung der positiven Sozialprognose berücksichtigt das Gericht eine Vielzahl von Faktoren wie z.B. die Persönlichkeit des Täters, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat. 

Ursachen und Folgen

Bei der Frage der möglichen Ursachen von Zwangsprostitution, merkt man schnell – wenn man sich die Opfer der Zwangsprostitution anschaut - dass es sich hierbei oft um Opfer handelt, die aus ärmeren Ländern und/oder Regionen kommen, wo die Opfer keine großen Perspektiven haben was die Bildung und den Arbeitsmarkt angeht. Zudem kommen oftmals eine mangelhafte medizinische Versorgung und eine fehlende soziale Absicherung.

Die Opfer befinden sich also meist in einer sehr schwierigen, aussichtslosen Situation. Meistens können sie sich und ihre Familien kaum ernähren. Wenn man ihnen dann verspricht, dass sie in Deutschland oder einem anderen Land viel Geld verdienen können, sind sie nicht abgeneigt, für einige Zeit ins Ausland zu gehen. Dazu kommt das drastische, wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen dem Herkunftsland der Betroffenen und dem Zielland, was zusätzlich die Betroffenen anspornt.

Die Folgen für die Opfer von Zwangsprostitution sind in der Regel fatal. Die Opfer erleiden oftmals schwere psychische und physische Schäden, Angstzustände, Schlafstörungen und vieles Mehr. Sie sind stetigen Misshandlungen, Bedrohungen und körperlicher Gewalt ausgesetzt. Dies führt regelmäßig zu traumatisierten Zuständen, schweren Depressionen und teilweise Selbstverletzungen bei den Opfern.

Strafanzeige

Es kommt selten vor, dass die Polizei Anzeigen wegen Zwangsprostitution aufnimmt. Grund dafür ist, dass die Opfer Angst vor ihren Zuhältern haben. Die Bereitschaft zur Anzeigenerstattung ist also sehr gering. Die Opfer werden im Vorfeld so eingeschüchtert, dass sie diesen Schritt kaum gehen möchten, weil ihre Angst einfach zu groß ist.

In der Regel sind Dritte (Nachbarn, Zeugen), die die Vorgänge in einer Wohnung oder einem Club mitbekommen und die Polizei darauf aufmerksam machen. Viele Opfer haben auch Angst, dass sie selbst Ärger mit dem Gesetz bekommen. Viele von Ihnen wissen nicht, dass Prostitution an sich in Deutschland erlaubt ist und eben die Zwangsprostitution verboten ist.

Strafverteidiger-Tipp: Wenn die Opfer also wüssten, dass sie selbst keine Strafe erhalten würden, wäre die Hemmschwelle für eine Anzeige niedriger. Menschenhandel und Zwangsprostitution zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sind Kontrolldelikte. Diese Delikte werden also meistens dann erst entdeckt, wenn man genauer hinschaut und Kontrollen macht, sei es durch die Polizei, den Zoll oder dem Ordnungsamt.

Statistiken

Exakte Zahlen über Menschenhandel und Prostitution bzw. Zwangsprostitution gibt es nicht. Zwar gibt es hier und da Schätzungen und Angaben über identifizierte Opfer. Aber die Anzahl der nicht-identifizierten Opfer („Dunkelziffer“) ist wesentlich größer und unbekannt. In Deutschland gibt es schätzungsweise ca. 450.000 Prostituierte (Gelegenheitsprostituierte eingeschlossen). 95 % der Prostituierten sind weiblich, wovon über die Hälfte aus dem Ausland, überwiegend aus Osteuropa und Afrika stammt. Ca. 20 % hiervon sind deutsch.

In Deutschland gibt es ca. 25 000 Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution.

Über 50 % der  Zwangsprostituierten arbeiten in Bars oder Bordellen, weitere 30 % in Privatwohnungen und ca. 15 % auf dem Straßenstrich. Ca. 5 % landen im Escort-Bereich. Über 50 % der Opfer sind unter 21 Jahre, 15 % davon sogar unter 18 Jahre und damit minderjährig. Menschenhändler locken die meist armen Opfer mit falschen Versprechen und Vorspiegelungen nach Westeuropa, um sie sodann auszubeuten und zur Prostitution zu zwingen. Schätzungen zufolge verdienen Menschenhändler weltweit ca. 120 Milliarden Euro im Jahr, den größten Teil davon durch Zwangsprostitution. Jedes Jahr schaffen es ca. 80 Opfer, aus der Zwangsprostitution rauszukommen.

FAQ zur Zwangsprostitution

Wie ist Zwangsprostitution im deutschen Strafrecht definiert?

Zwangsprostitution ist nicht explizit im deutschen Strafrecht definiert. Allerdings gibt es mehrere strafrechtliche Normen, die Handlungen im Kontext der Zwangsprostitution unter Strafe stellen. Unter Zwangsprostitution versteht man im Allgemeinen die Situation, in der eine Person zur Ausübung der Prostitution gezwungen wird, typischerweise durch Anwendung von Gewalt, Drohung, Täuschung oder anderen Formen des Zwangs.

Es ist wichtig zu betonen, dass sowohl das Zwingen zur Prostitution als auch das Ausnutzen der Zwangslage einer Person für Prostitution strafbar sind. Dies wird durch das §232 StGB (Zwangsprostitution, Menschenhandel) und das §233 StGB (Zwangsarbeit) zum Ausdruck gebracht. Die Zwangsprostitution kann beispielsweise in Formen wie Menschenhandel, Zwangsarbeit, Ausbeutung von Prostituierten und Sexuelle Nötigung auftreten. Jede dieser Formen ist strafbar und wird gemäß den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen geahndet.

Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen Tätern bei Zwangsprostitution?

Die strafrechtlichen Konsequenzen für die Täter der Zwangsprostitution in Deutschland sind sehr streng. Die Strafandrohung variiert je nach Schwere und Art des Delikts.

  • §232 StGB: Bei Zwangsprostitution oder Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. In schweren Fällen (z.B. wenn das Opfer unter 18 Jahre alt ist oder der Täter mit Waffen handelt) kann die Strafe bis zu 15 Jahren betragen.
  • §233 StGB: Bei Zwangsarbeit, was auch die Zwangsprostitution einschließen kann, droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Was sind die rechtlichen Herausforderungen im Umgang mit Zwangsprostitution?

Es gibt mehrere rechtliche Herausforderungen im Umgang mit Zwangsprostitution in Deutschland. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, dass es oft sehr schwierig ist, Fälle von Zwangsprostitution zu ermitteln und zu beweisen. Oftmals haben die Opfer aus Angst vor Vergeltung oder aufgrund von Sprachbarrieren Schwierigkeiten, sich an die Behörden zu wenden. Darüber hinaus ist die Zwangsprostitution oft eng mit anderen Formen der Kriminalität wie Menschenhandel, Drogenhandel und organisierter Kriminalität verbunden, was die Ermittlungen zusätzlich erschwert. Trotz dieser Herausforderungen arbeiten die deutschen Behörden kontinuierlich daran, ihre Strategien zur Bekämpfung der Zwangsprostitution zu verbessern und die Unterstützung für die Opfer zu verstärken.


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