Arglistige Täuschung – Definition im BGB, Folgen und Strafe erklärt an Beispielen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 12. März 2024

Werden vor Abgabe einer Willenserklärung bei der erklärenden Person falsche Vorstellungen hervorgerufen oder bestärkt, so heißt dies im juristischen Bereich arglistige Täuschung. Diese hat vor allem bei Verträgen Relevanz und sorgt dafür, dass die abgegebenen Willenserklärungen anfechtbar werden. Unter Umständen kann durch dieses Verhalten sogar eine Straftat entstehen.

Arglistige Täuschung im BGB

Arglistige Täuschung im BGB (© Nico - stock.adobe.com)
Arglistige Täuschung im BGB (© Nico - stock.adobe.com)
Die arglistige Täuschung beschreibt nach § 123 Abs. 1 BGB das bewusste Hervorrufen oder Bestärken einer oder mehrerer falschen Vorstellungen einer anderen Person. Die Handlung muss in dem Bewusstsein durchgeführt werden, dass damit ein Irrtum bzw. eine Täuschung bei der anderen Person entsteht, die deren Willenserklärung beeinflusst. Arglistige Täuschung kann beispielsweise durch das Vorspiegeln falscher Tatsachen entstehen.

Aber auch das bewusste Verschweigen einer Tatsache kann unter die Definition der arglistigen Täuschung fallen – zumindest dann, wenn die Person eine Offenbarungspflicht über die Tatsache trifft. Eine Offenbarungspflicht kann sich aus Gesetz, Vertrag oder Treu und Glauben ergeben. Wer hingegen eine Tatsache verschweigt, jedoch zur Offenbarung nicht verpflichtet ist, täuscht nicht arglistig.

Beispiel: Arglistige Täuschung bei Kaufvertrag

Vor allem im Rahmen von Kaufverträgen spielt die arglistige Täuschung eine große Rolle. Dabei sind in der Praxis insbesondere Autokäufe häufig betroffen. Behauptet der Verkäufer beispielsweise ein Auto sei frei von Mängeln oder hatte noch nie einen Unfall, obwohl dies gar nicht stimmt, nur um einen Interessenten zum Kauf zu bewegen, täuscht er arglistig.

Das gleiche gilt, wenn der Verkäufer schlichtweg gar keine Auskunft über etwaige Mängel gibt. Nach Treu und Glauben trifft den Verkäufer durchaus eine Auskunftspflicht über Mängel. Verschweigt er Mängel bewusst, in der Hoffnung, dass der Kunde nicht nachfragt und dem Kauf zustimmt, macht der Verkäufer sich also der arglistigen Täuschung schuldig.

Weitere Beispiele

Der Autokauf ist der Klassiker der Fälle mit arglistiger Täuschung – doch bei weitem nicht der einzig relevante Fall. Hier sind ein paar weitere Beispiele, die verdeutlichen, wann eine Person eine Offenbarungspflicht trifft und in welchen Fällen von arglistiger Täuschung gesprochen werden kann.

Beispiel 1: Der Verkäufer V möchte ein Haus verkaufen. Sein Haus wurde in Fertigbauweise errichtet und nicht massiv. Während der Verhandlungen mit Käufer K kommt dieses Thema jedoch nicht auf. K erfährt erst nach dem Kauf davon und beschwert sich bei V darüber, dass er ihn getäuscht habe. V hingegen behauptet, er habe ihn auf die Fertigbauweise nicht von alleine hinweisen müssen und K habe nicht gefragt.

In einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle vom 10.05.2007, Az. 8 U 11/07, wurde über einen solchen Fall entschieden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass den Verkäufer einer Immobilie zwar grundsätzlich eine Offenbarungspflicht über für die Kaufentscheidung relevanten Details trifft, die Errichtungsart jedoch nicht zwangsläufig davon erfasst ist. Der Hausverkäufer sei nur dann dazu verpflichtet, unaufgefordert Informationen über die Errichtungsart preiszugeben, wenn er weiß, dass dies für die Kaufentscheidung des Käufers im Einzelfall maßgeblich ist – etwa, wenn der Käufer ihn dahingehend informiert hat.

Fachanwalt.de-Tipp: Welche Informationen für eine Kaufentscheidung maßgeblich sind, können im Einzelfall variieren. Grundsätzlich muss ein Verkäufer nicht davon ausgehen, dass jedes Detail über den Verkaufsgegenstand einen starken Einfluss auf die Kaufentscheidung hat. Weiß er allerdings, dass für den jeweiligen Käufer bestimmte Details Relevanz haben, kann dies zu einer Offenbarungspflicht führen.

Die arglistige Täuschung kommt auch im Arbeitsrecht in Betracht. Hier trifft vor allem Arbeitnehmer eine Auskunftspflicht über Informationen, deren Erhalt der Arbeitgeber im Bewerbungsprozess nach Treu und Glauben erwarten darf. Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer auf Fragen ehrlich und offen antworten, sofern hinter den Fragen ein schützenswertes Interesse steht und die Frage nicht aus Arbeitnehmerschutzgründen unzulässig ist.

Beispiel 2: Arbeitgeber A fragt die Bewerberin B im Rahmen eines Job-Interviews nach ihren Familienplänen. B ist 25 Jahre alt und der A fürchtet, sie könnte zeitnah schwanger werden und aufgrund dessen länger ausfallen. Bei der Frage nach Familienplänen und insbesondere Schwangerschaft handelt es sich jedoch um unzulässige Fragen. B muss die Frage daher nicht wahrheitsgemäß beantworten. Sagt sie, dass Familie bei ihr nicht auf dem Plan steht, handelt es sich dabei nicht um eine arglistige Täuschung – selbst wenn dies nicht der Wahrheit entspricht.

Beispiel 3: Arbeitgeber A fragt den Bewerber B im Rahmen eines Job-Interviews für eine Lehrerstelle nach seinen Qualifikationen. B verschweigt jedoch, dass er das Referendariat und das damit verbundene zweite Staatsexamen nie abgeschlossen hat.

A stellt B daraufhin ein, da er davon ausgeht, B habe alle Qualifikationen für den Job. Der fachliche Abschluss ist eine wichtige Qualifikation und ein maßgebliches Einstellungskriterium. Findet A später heraus, dass B ihm die fehlende Qualifikation verschwiegen oder gar darüber gelogen hat, liegt ein Fall von arglistiger Täuschung sehr wahrscheinlich vor.

Arglistige Täuschung vermeiden

Um arglistige Täuschung gemäß § 123 BGB zu vermeiden, sind folgende Regeln zu beachten:

  • Wenn eine Vertragspartei Fragen stellt, müssen alle Fragen vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet werden.
  • In Situationen, in denen ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, besteht eine Verpflichtung zur Offenlegung relevanter Informationen.
  • Wichtige Informationen, die für eine angemessene Entscheidung der Vertragsparteien von großer Bedeutung sind, müssen auch dann offenbart werden, wenn sie nicht explizit danach gefragt wurden.

Arglistige Täuschung beweisen – das sollten Sie beachten

Grundsätzlich muss der Getäuschte die arglistige Täuschung nachweisen können. Im Falle eines Kaufvertrags muss der Käufer also beispielsweise nachweisen können, dass der Verkäufer arglistig Mängel verschwiegen hat. Eine Täuschung an sich wird in vielen Fällen leicht durch die Vertragsdokumente beweisbar sein: Etwa, wenn Mängel direkt nach dem Kauf auffallen, die nirgendwo festgehalten wurden. Problematisch wird es in der Regel, die Arglist des Verkäufers zu beweisen.

Viele Verkäufer werden behaupten, sie haben den Mangel nicht gekannt. Oftmals reichen jedoch starke Indizien, um die Arglist des Verkäufers nachzuweisen. Hat ein Verkäufer beispielsweise eine schimmelnde Wand kurz vor dem Verkauf frisch überstrichen, sodass der Schimmel nicht mehr sichtbar war, kann ihm dies zu Lasten fallen. Im Zweifelsfall sollten beide Parteien stets darauf achten, alle Mängel schriftlich festzuhalten und idealerweise einen Zeugen zu Verkaufsgesprächen mitbringen.

Fachanwalt.de-Tipp: Besteht Unklarheit darüber, ob Arglistigkeit vorliegt und nachgewiesen werden kann, kann eine professionelle Rechtsberatung helfen. Ein Anwalt wird erkennen, ob von Arglistigkeit auszugehen ist und wie hoch die Chancen auf einen erfolgreichen Prozess sein könnten. Hier finden Sie einen Fachanwalt in Ihrer Nähe.

Anfechtung als Folge

§123 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sieht vor, dass eine Willenserklärung aufgrund von arglistiger Täuschung angefochten werden darf. Der Getäuschte muss dafür vor dem Täuschenden eine Anfechtung aufgrund der Täuschung erklären. Gemäß § 124 BGB hat der Getäuschte dafür eine Frist von einem Jahr einzuhalten. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, ab dem die Täuschung bekannt wurde. Die Anfechtung sorgt dafür, dass das Rechtsgeschäft als von Anfang an nichtig betrachtet wird.

Fachanwalt.de-Tipp: Im Rahmen eines Arbeitsvertrags kann dies anders aussehen. Hat das Arbeitsverhältnis faktisch bereits begonnen (der Arbeitnehmer arbeitete und der Arbeitgeber zahlte Entgelt), führt die Anfechtung zu einem nichtigen Rechtsgeschäft ex nunc (nicht von Anfang an, sondern für die Zukunft).

Diese Strafen drohen

Achtung: Strafe droht (© reeel - stock.adobe.com)
Achtung: Strafe droht (© reeel - stock.adobe.com)
Durch die arglistige Täuschung könnte ein Betrug im Sinne des § 263 des Strafgesetzbuches (StGB) entstehen. Ein Betrug liegt vor, wenn der Täuschende in der Absicht handelt, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Liegt ein Betrug vor, kann darauf eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren folgen. Ersttäter erwartet jedoch in der Regel eine Geldstrafe. Letztlich hängt dies jedoch stark vom Einzelfall ab.

Verjährung

Die Verjährung der zivilrechtlichen Anfechtungsfrist für die arglistige Täuschung liegt bei einem Jahr ab Kenntnislage bzw. bei 30 Jahren nach Vertragsabschluss (unabhängig von der Kenntnislage).

Für die strafrechtliche Verfolgung gelten jedoch die Verjährungsfristen des Strafgesetzbuchs. Diese finden sich im § 78 StGB und gelten unabhängig von der Kenntnis des Getäuschten. Für den Betrug bedeutet dies gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.

Welcher Anwalt kann weiterhelfen?

Sollten Sie von arglistiger Täuschung betroffen sein, kann das Einschalten eines Rechtsanwaltes eine große Hilfe sein. Der professionelle Rechtsberater klärt seinen Mandanten rechtssicher über die Sachlage auf und berät für den Einzelfall. Gerade in unsicheren oder strittigen Fällen, kann ein Profi in dem Gebiet den entscheidenden Unterschied machen. Je nach Situation können unterschiedliche Fachanwälte bzw. Anwälte als Berater in Betracht kommen.

Liegt ein Fall der arglistigen Täuschung im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag vor, kann ein Anwalt, der sich mit Kaufrecht befasst, am besten beraten. Im Arbeitsrecht hilft entsprechend ein Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Falle vom Betrug, wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Strafrecht.

Arglistige Täuschung kann in vielen Rechtsgebieten auftreten, daher ist es ratsam, sich einen Spezialisten für das jeweilige Themengebiet zu suchen. Sollte es zu einem Gerichtsprozess kommen, vertritt der Anwalt die Interessen seines Mandanten auch vor Gericht.


(2 Bewertungen, 5 von 5)




Ihre Spezialisten
INHALTSVERZEICHNIS

TOOLS
TOP LINKS

Gratis-eBook „Fachanwalt finden“


Alle Infos zur Fachanwaltssuche!
Informationen und Tipps zur Fachanwaltssuche!

  • Was ist ein Fachanwalt?
  • Wichtige Infos zu Anwaltskosten, Beratungshilfe!
  • Kostenlos als PDF-Download