Arbeiten trotz Krankschreibung: Was ist erlaubt? – Regelungen und Folgen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 12. März 2024

Wenn ein Arbeitnehmer eine Krankschreibung erhält, attestiert ein Arzt damit die Arbeitsunfähigkeit – doch ist das Arbeiten trotz Krankschreibung dadurch verboten? Diese Frage kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Allerdings sollten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber einige Regelungen rund um das Thema kennen.

Sinn und Zweck einer Krankschreibung

Krankenschein  (© Stockfotos MG - stock.adobe.com)
Krankenschein (© Stockfotos MG - stock.adobe.com)
Wer krank und dadurch arbeitsunfähig wird, kann vom Arzt ein Attest bekommen. In diesem Attest stellt der Arzt fest, dass eine Krankheit besteht, die den Patienten grundsätzlich arbeitsunfähig macht.

Sind und Zweck einer Krankschreibung ist einerseits dem Arbeitgeber zuverlässig mitzuteilen, dass die Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht aufgenommen werden kann. Andererseits handelt es sich dabei auch um eine Absicherung für den Krankgeschriebenen.

Sie soll ihn davor schützen, zur Aufnahme von Tätigkeiten, die seinen Gesundheitszustand verschlimmern könnten, gezwungen zu werden. Die Krankschreibung gibt weiterhin eine Prognose darüber ab, wie lange die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich bestehen wird. So kann sich der Arbeitgeber darauf einstellen, wie lange er mit einem Dienstausfall zu rechnen hat.

Darf man trotz Krankschreibung arbeiten?

Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht stellt die Krankschreibung kein Arbeitsverbot dar. Dies ist beispielsweise bei Schwangeren anders: Acht Wochen nach der Geburt besteht ein generelles Beschäftigungsverbot in Deutschland. Dies kann durch ein ärztliches Attest sogar ausgeweitet werden.

In dem Fall ist tatsächlich nicht erlaubt, der Beschäftigungen nachzugehen. Arbeitnehmern, die hingegen eine generelle Krankschreibung – beispielsweise aufgrund der Grippe, allergischen Problemen oder einem Beinbruch – haben, ist die Beschäftigung nicht gänzlich verboten.

Arbeitgeber-Veto

Arbeiten trotz Krankschreibung (© Andrey Popov - stock.adobe.com)
Arbeiten trotz Krankschreibung (© Andrey Popov - stock.adobe.com)
In manchen Fällen erscheint es Arbeitgebern und Arbeitnehmern sinnvoll, trotz einer Krankschreibung (zumindest stundenweise) arbeiten zu gehen. Grundsätzlich ist dies nicht verboten. Allerdings können Arbeitgeber ein Veto einlegen. Das liegt daran, dass Arbeitgeber eine bestimmte Fürsorgepflicht gegenüber allen Arbeitnehmern innehaben.

Ein Veto erhebt der Arbeitgeber vor allem, wenn:

  • Der Arbeitnehmer augenscheinlich nicht dazu in der Lage ist, die Arbeit durchzuführen
  • Das Aufnehmen der Arbeit eine Verschlechterung des Gesundheitszustands riskiert
  • Durch die Aufnahme der Arbeit Gefahren für den Rest der Belegschaft entstehen

Aufgrund seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber darauf achten, dass der entsprechende Arbeitnehmer tatsächlich – ohne größeres Risiko – dazu in der Lage ist, die Arbeit aufzunehmen. Könnte er dadurch seinen Gesundheitszustand verschlimmern oder den der anderen Mitarbeiter riskieren, muss der Arbeitgeber dem krankgeschriebenen Arbeitnehmer die Beschäftigungsaufnahme verweigern. Andenfalls macht er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig.

Ein Beispiel: Arbeitnehmer A kommt mit einer Grippe ins Büro, weil er sich trotz Fieber und ständigem Husten dazu in der Lage sieht, einige Stunden Arbeit zu leisten. Der Arbeitgeber B befürchtet jedoch, dass sich dadurch die anderen Mitarbeiter im Büro anstecken. Sie arbeiten alle in einem offenen Büro zusammen, sodass ein Kontakt und der Austausch über die Luft unvermeidbar ist. B hat in diesem Fall die Möglichkeit, dem A zu sagen, dass er nach Hause gehen soll, bis die Symptome abgeklungen sind.

Ein anderes Beispiel: Arbeitnehmer A hat sich eine Verletzung am Fuß zugezogen und kann sich deswegen grundsätzlich kaum bewegen. Er hat eine Krankmeldung für einige Wochen erhalten, die ihn von der Arbeitspflicht befreit. Bereits ein paar Tage vor Ablauf dieser Krankmeldung ist sein Fuß jedoch merklich verheilt, und er fühlt sich dazu in der Lage, ins Büro zu gehen. Da die Tätigkeit außerdem im Sitzen ausgeübt wird, steht die nur noch minimale Bewegungseinschränkung der Arbeit nicht im Wege. Außerdem belastet A den Fuß durch die Arbeit im Büro nicht mehr, als er es zuhause auch würde. Eine Verschlimmerungsgefahr durch die Arbeitsaufnahme besteht also nicht. Auch besteht kein Ansteckungsrisiko für die anderen Mitarbeiter. In diesem Fall steht die Beschäftigungsaufnahme der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht im Wege. Arbeitnehmer und Arbeitgeber dürfen daher gemeinsam beschließen, dass die Arbeit vorzeitig aufgenommen wird.

Fachanwalt.de-Tipp: Manchmal möchten Arbeitgeber eine Gesundmeldung oder Gesundheitsbestätigung sehen, bevor die Arbeit wieder aufgenommen wird. Ein solches Attest besteht in Deutschland allerdings nicht und Ärzte stellen in der Regel kein entsprechendes Schreiben aus.

Es besteht auch keine Pflicht darüber, einen Nachweis über die vorschnelle gesundheitliche Verbesserung zu führen. Vielmehr reicht es aus, wenn sich der Arbeitnehmer freiwillig und ausdrücklich dazu bereit erklärt, die Beschäftigung wieder aufzunehmen.

Stundenweise arbeiten trotz Krankschreibung

Krank im Büro? (© Rido - stock.adobe.com)
Krank im Büro? (© Rido - stock.adobe.com)
Ob die Arbeit stundenweise oder vollständig aufgenommen wird, hängt von der Lage des Arbeitnehmers ab. Fühlt sich dieser dazu bereit, die Arbeit vollständig aufzunehmen, ist dies durchaus möglich. Alternativ ist auch eine reduzierte Arbeitszeit denkbar. Besteht beispielsweise Not am Mann, kann der Arbeitnehmer – sofern sein Gesundheitszustand dies zulässt – dem Arbeitgeber beispielsweise anbieten, zumindest für drei Stunden am Tag leichte Arbeit zu verrichten.

Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers

Auch den Arbeitnehmer trifft eine gewisse Fürsorgepflicht. So darf er seinen Gesundheitszustand beispielsweise nicht ignorieren und die Arbeit wider besseren Wissens aufnehmen. Dies könnte seinen eigenen Gesundheitszustand verschlimmern oder den anderer Arbeiter gefährden. Fehleinschätzungen können passieren – müssen dann aber zugegeben werden. Notfalls muss die Arbeit kurz nach der Aufnahme wieder beendet werden.

Fachanwalt.de-Tipp: Als Arbeitnehmer haben Sie die Pflicht, Ihren Chef über die vorzeitige Aufnahme der Arbeit trotz Krankschreibung vor Tätigkeitsbeginn zu informieren. Dieser übernimmt dann – sofern er kein Veto einlegen möchte – die Meldung bei der Krankenkasse.

Die Arbeitsaufnahme entgegen der Krankmeldung ohne Benachrichtigung des Arbeitgebers ist nicht erlaubt. Das gilt auch für das stundenweise Arbeiten und grundsätzlich auch für die Arbeitsaufnahme im Home Office. Sollten Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber über die Arbeitsaufnahme trotz Krankschreibung uneinig sein, kann ein Anwalt für Arbeitsrecht helfen, die Streitigkeit zu klären.

Besteht Versicherungsschutz bei Arbeit trotz Krankschreibung?

Wichtig! (© vegefox.com - stock.adobe.com)
Wichtig! (© vegefox.com - stock.adobe.com)
Immer wieder hören Arbeitnehmer das Gerücht, dass sie bei der Arbeitsaufnahme trotz Krankschreibung nicht versichert sind. Dies ist jedoch schlichtweg falsch. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Sozialen Gesetzbuchs (SGB V) sind Arbeitnehmer auch bei der Arbeitsaufnahme trotz Krankschreibung weiterhin krankenversichert.

In den §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 des Siebten Sozial Gesetzbuchs (SGB VII) ist außerdem geregelt, dass Arbeitnehmer bei der Arbeitsaufnahme trotz Krankschreibung auch unfallversichert bleiben. Ein Risiko für den Versicherungsschutz besteht also nicht.

Kann der Arbeitgeber verlangen, dass man trotz Krankschreibung arbeitet?

Auch wenn das Arbeiten trotz Krankschreibung grundsätzlich erlaubt ist, kann der Arbeitgeber dies keinesfalls verlangen. Das gilt auch für das Arbeiten von wenigen Stunden oder die Tätigkeitsaufnahme im Home Office. Immer wieder hören Arbeitnehmer von Arbeitgebern, dass sie trotz Krankschreibung für mehrere Stunden von zu Hause aus arbeiten oder Rufbereitschaft einhalten sollen. Auch kleinere Arbeiten am Computer müssen jedoch bei Vorlage einer Krankschreibung nicht ausgeführt werden.

Wer krank ist und dies ärztlich bestätigt bekommen hat, kuriert sich aus. Nur wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich einverstanden ist und sich dazu in der Lage sieht, die Arbeit aufzunehmen, kann dies entschieden werden.

Versucht der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotzdem dazu zu zwingen oder gar im Büro zu erscheinen, verletzt er damit seine Fürsorgepflicht. Möglicherweise Im oben genannten Grippe-Beispiel würde der Arbeitgeber sogar die Gesundheit aller anderen Mitarbeiter gefährden. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand mehrerer Mitarbeiter, weil der Arbeitgeber kranke Arbeitnehmer zur Arbeit gezwungen hat, können ihn harte Schadensersatzklagen treffen.

Fachanwalt.de-Tipp: Auch wenn der Arbeitgeber einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer dazu verpflichtet, während der Arbeitszeit am Handy erreichbar zu sein, gilt dies als unerlaubte Handlung im Rahmen der Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber kann von einem krankgeschriebenen Arbeitnehmer nicht verlangen, erreichbar zu sein, sofern dieser krankgeschrieben ist.

In diesen Fällen sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden

Bestehen Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Arbeitsaufnahme während einer Krankschreibung, sollte unbedingt rechtzeitig ein Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeschaltet werden. Der professionelle Rechtsberater kann die Situation recht sicher beurteilen und beiden Parteien erklären, wie ihre Rechte und Pflichten einzuordnen sind.

Größere Streitigkeiten können beim rechtzeitigen Hinzuziehen einer professionellen Beratung häufig vermieden werden. Sollte es dennoch zu einem Gerichtsprozess kommen, vertritt der Anwalt seinen Mandanten auch vor Gericht. Dass es für einen Laien nicht immer leicht ist, durch die detaillierten Rechtsgrundlagen und zahlreichen Ausnahmen durchzuschauen, ist es ratsam, sich bei größeren Schwierigkeiten an einen Profi zu wenden.


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