Krankschreibungen sind im Arbeitsleben häufig nicht zu umgehen – doch was geschieht, wenn eine Krankschreibung vom Arzt nicht eingeholt wird? Ob rückwirkend krankschreiben eine Möglichkeit ist und auf welche Details Sie als Arbeitnehmer achten sollten, erfahren Sie hier.
Kann man sich rückwirkend krankschreiben lassen?
Rückwirkend krankschreiben (© Thomas Siepmann - stock.adobe.com)Gemäß § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes ist jeder Arbeitnehmer im Falle einer Krankheit dazu verpflichtet, eine fristgerechte ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einzureichen. Die Krankschreibung muss die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit beinhalten. Ab wann eine Krankschreibung vom Arbeitgeber verlangt wird, variiert.
Gesetzlich festgehalten ist, dass der Arbeitgeber die Krankschreibung spätestens ab dem vierten Krankheitstag einholen muss, damit Lohn oder Gehalt weitergezahlt werden können. Abweichende Regelungen durch Arbeits- oder Tarifvertrag sind jedoch möglich. In der Regel gilt das ärztliche Attest ab dem Zeitpunkt der Ausstellung – rückwirkende Krankschreibungen sind nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.
§ 5 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) schreibt vor, dass eine rückwirkende Krankschreibung nur in Ausnahmefällen möglich ist und nur unter eingehender Prüfung durch einen Mediziner ausgestellt werden darf. Nur wenn der Arzt bestätigen kann, dass die Krankheit bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat, darf er das Attest rückwirkend ausstellen. Dies wird in vielen Fällen jedoch schwierig sein und Patienten müssen unter Umständen auf Kulanz des Arztes hoffen.
Wie lange darf ein Arzt rückwirkend krankschreiben?
Grundsätzlich darf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rückwirkend für maximal drei Kalendertage aufgeführt werden. Sie bleibt allerdings nach wie vor Ermessenssache des Arztes. Das bedeutet, ob und für wie lange sie rückwirkend ausgestellt wird, entscheidet der Arzt allein. Auch wenn theoretisch drei Tage möglich sind, kann der Arzt sich dafür entscheiden, die Krankschreibung nur einen Tag rückwirkend auszustellen.
Ein Beispiel: Max Mustermann meldet sich am Montag bei seinem Arbeitgeber krank. Er hat ab dem vierten Kalendertag eine Krankmeldung vom Arzt einzureichen, geht allerdings erst am nächsten Montag zu Arzt. Er bittet den Mediziner darum, ihm eine rückwirkende Krankmeldung für die Zeit ab dem vorherigen Donnerstag auszustellen. Selbst wenn der Arzt einer rückmeldenden Krankschreibung grundsätzlich zustimmt, kann er sie erst ab dem vorangegangenen Freitag ausstellen.
Was ist mit Wochenende oder Urlaub?
Wie bereits erwähnt, zählen Wochenenden grundsätzlich mit in die 3-Tages-Regel. Ausnahmen für diese Regelungen bestehen nur dann, wenn der Patient aufgrund seines körperlichen Zustandes oder der Praxisöffnungszeiten am Wochenende oder an einem Feiertag außerstande war, den Arzt früher zu besuchen. In dem Fall darf der Mediziner die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Ermessen bis zu vier Tage vor dem Arztbesuch ausstellen.
Ein Beispiel: Max Mustermann wird über die Weihnachtsfeiertage krank. Er wohnt sehr ländlich und der nächste geöffnete Notdienst ist für ihn nur mit dem Auto erreichbar. Zum Autofahren fühlt er sich jedoch zu schwach. Auf die Feiertage folgt direkt ein Sonntag, sodass sein Hausarzt zu dieser Zeit vier Tage lang geschlossen hat. Da Max in der Gastronomie arbeitet, hätte er jedoch grundsätzlich die Feiertage über arbeiten müssen. Er benötigt daher eine Krankschreibung, die rückwirkend für alle Feiertage und den Sonntag gilt. Da aufgrund der veränderten Öffnungszeiten eine Sondersituation besteht, darf der Arzt Max auch am darauffolgenden Montag rückwirkend für alle vier Tage krankschreiben.
Max muss jedoch darauf hoffen, dass der Arzt tatsächlich erkennt, dass die Krankheit vor dem Besuch bestand und ein rückwirkendes Attest ausstellt.
Online-Krankschreibung rückwirkend
Attest vom Arzt (© monet - stock.adobe.com)Heutzutage haben gesetzlich Versicherte die Möglichkeit, eine digitale Krankschreibung zu erhalten. Diese wird vom Hausarzt direkt an den Arbeitgeber versendet. Das Papierformat der Krankschreibung wird weiterhin für die eigenen Unterlagen herausgegeben. Diese Krankschreibung erfolgt unter den gleichen Regeln wie der bisherige Papierschein – das bedeutet, auch die rückwirkende Krankschreibung ist unter Umständen möglich.
Daneben finden sich online immer wieder Anbieter, die eine telefonische oder Online-Krankschreibung anbieten. Sie werden nicht von der Krankenkasse unterstützt, bieten die Krankschreibung aber bei Krankheiten, die grundsätzlich leicht diagnostizierbar sind, zu einem kleinen Geldbetrag an. Typische Krankheiten sind beispielsweise Magen-Darm-Infekte. Diese Krankschreibungen sind jedoch nicht zwangsläufig zulässig.
Zwar macht sich niemand mit der Einholung eines solchen Attests strafbar, dennoch muss der Arbeitgeber die Online-Krankmeldung keinesfalls akzeptieren. So hat beispielsweise bereits das Arbeitsgericht Berlin im Sommer 2012 entschieden, dass ein Attest ohne telefonischen oder persönlichen Kontakt die Anforderungen an eine Krankschreibung nicht erfüllt.
Für Arbeitnehmer kann eine solche Krankschreibung – vor allem rückwirkend – zu großen Problemen führen. Gerade ohne persönlichen Kontakt kann der Arzt sehr wahrscheinlich nicht sicher feststellen, dass die Krankheit bereits vor dem Termin bestand und somit erst recht keine rückwirkende Krankmeldung ausstellen.
Darauf sollten Sie als Arbeitnehmer bei rückwirkender Krankschreibung achten
Wichtig! (© vegefox.com - stock.adobe.com)Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber grundsätzlich unverzüglich über eine Erkrankung in Kenntnis setzen. Das bedeutet, dass sie sich zumindest telefonisch beim Arbeitgeber melden müssen, auch wenn noch keine Krankschreibung vorliegt oder notwendig ist. Außerdem muss die Krankschreibung – gleich ob rückwirkend oder nicht – sofort an den Arbeitgeber sowie die Krankenkasse weitergeleitet werden.
Mit der digitalen Krankschreibung wird dieser Schritt durch den Arzt abgenommen. Reicht der Arbeitnehmer die Krankschreibung nicht zeitnah ein, verfällt sein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Im schlimmsten Fall riskiert der Arbeitnehmer sogar eine Abmahnung oder Kündigung durch den Arbeitgeber.
Wenn Sie Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber haben, empfiehlt es sich stets eine schriftliche Bestätigung über den Erhalt der Krankschreibung einzuholen. Der Arbeitgeber kann Ihnen zumindest eine E-Mail zusenden, die den Erhalt des Attests bestätigt. So sind Sie bei Unstimmigkeiten auf der sicheren Seite.