Streik und Aussperrung im Arbeitskampf – Erläuterung mit Definitionen und Beispielen

Von fachanwalt.de-Redaktion, letzte Bearbeitung am: 17. Mai 2024

Das Schlagwort Arbeitsniederlegung zur Durchsetzung sozialer und monetärer Anliegen, bereichert immer wieder die Medienlandschaft. Legale Form des Arbeitskampfes oder schlichte Erpressung? Wie können Unternehmen darauf reagieren, welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer? Streik und Aussperrung kurz und bündig erklärt.

Definition: Was ist ein Streik?

Ein Streik ist eine Maßnahme des Arbeitskampfes. So martialisch findet sich der Streikbegriff in den einzelnen gesetzlichen Grundlagen. Streik ist laut Definition:

  • eine gemeinsame und planmäßige Arbeitsniederlegung
  • es soll ein bestimmter Kampfzweck erreicht werden
  • nach Erreichung dieses Ziels wird die Arbeit wiederaufgenommen
  • am Streik ist immer eine größere Anzahl von Arbeitnehmern beteiligt

Die „größere Anzahl“ ist nicht definiert. Es ist damit nicht ganz klar, wie viele Arbeitnehmer die Arbeit niederlegen müssen, damit es sich um einen Streik im rechtlichen Sinne handelt.

Gesetzliche Grundlage

Streik (© vege / fotolia.com)
Streik (© vege / fotolia.com)
Der Streik als Arbeitskampf basiert auf keiner expliziten Definition. Einige Gesetzesstellen nehmen auf den Arbeitskampf ohne Anspruch auf Regelung Bezug:

  • §2 Abs. 2 ArbGG: Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Kampfmaßnahmen
  • §74 Abs. 2 BetrVG: Unzulässigkeit von Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber
  • §100 SGB III Ruhen des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitskämpfen
  • §160 SGB III Ruhen des Arbeitslosengeldes bei Arbeitskämpfen
  • §25 KSchG: (Nicht-) Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes bei wirtschaftlichen Kämpfen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern

Grundsätzlich definiert das Grundgesetz (Art. 9 III GG), den Streik als Arbeitskampfmittel und verleiht ihm damit verfassungsrechtliche Gültigkeit.

Voraussetzungen

Nicht jeder Streik ist rechtens, allerdings besteht auch darüber keine gesetzliche Regelung. Die gängige Rechtslehre und Rechtsprechung geht von einem rechtmäßigen Streik aus, wenn:

  • … der Streik von einer Gewerkschaft geführt wird, indem sie ihn ausruft oder einen bestehenden Streik genehmigt und beitritt
  • … der Streik muss sich gegen einen Tarifpartner (Arbeitgeber oder Arbeitgeberverband) richten
  • … der Streik verfolgt als Ziel kollektive und tarifliche Regelungen (Arbeitsbedingungen, Löhne, Urlaub)

Wann sind Streiks unzulässig?

Die Unzulässigkeit von Streiks wird ebenfalls aus der gängigen Rechtsprechung abgeleitet. Unzulässig sind:

  • politisch motivierte Streiks, denn sie gelten nicht als Arbeitskampf
  • Demonstrationsstreiks, mit dem auf soziale Missstände hingewiesen werden soll.
  • Streiks, die gegen die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (kollektives Arbeitsrecht) verstoßen. Im Besonderen gegen die Einhaltung der tariflichen Friedenspflicht.
  • Streiks, die gegen Verhältnismäßigkeit und faire Kampfführung (Gewaltandrohung und -anwendung) verstoßen.
  • Streiks, wenn nicht davor alle Möglichkeiten der friedlichen Einigung ausgeschöpft wurden.
  • Streiks von Beamten sind rechtswidrig (Verstoß gegen die Treuepflicht der Beamten).

Ablauf

Bevor tatsächlich die Arbeit für einen anfänglich unbestimmten Zeitraum niedergelegt wird, sieht das Regelwerk noch den Versuch einer Annäherung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor

Wenn dies keinen Erfolg zeigt, dann läuft das Verfahren in folgenden Schritten ab:

  1. Versuch der Schlichtung und Schiedsspruch: eine Kommission (paritätische Zusammensetzung Gewerkschaft, Arbeitgeber) erstellt einen Schlichtungsvorschlag, der von der Kommission in einfacher Mehrheit angenommen oder abgelehnt werden kann. Wird der Schlichtungsvorschlag abgelehnt, geht alles in die nächste Phase.
  2. Urabstimmung, die demokratische Legitimierung des Arbeitskampfes. Mindestens 75% aller Befragten müssen dem Streik zustimmen.
  3. Ort, Zeit und Dauer der Arbeitsniederlegung wird bekanntgegeben, die betroffenen Arbeitnehmer werden aufgefordert ihre Arbeit zu den genannten Zeiten niederzulegen.
  4. Wenn der Arbeitgeber bereit ist, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, werden die Verhandlungen wieder aufgenommen. Während der Verhandlungen kann gestreikt werden, wenn es für die Argumentation erforderlich ist.
  5. Die Vorschläge der Arbeitgeber müssen ebenfalls mit 75% - Mehrheit angenommen werden, um den Streik zu beenden. Andernfalls setzt der Kreislauf wieder bei Punkt 3 ein.

Theoretisch können Streiks so über einen unbestimmten Zeitraum fortgesetzt werden. Die Folgen können für beide Seiten dramatisch sein.

Für die Arbeitnehmer bedeutet es, dass sie während des Streiks weder Lohn noch Arbeitslosengeld erhalten. Die Gewerkschaften zahlen ihren Mitgliedern (und nur diesen) während der Streikteilnahme Streikunterstützung.

Streik und Aussperrung – einfach erklärt

Streik (© Marco2811 / fotolia.com)
Streik (© Marco2811 / fotolia.com)
Auch Arbeitgeber haben die Möglichkeit im Arbeitskampf scharf zu schießen. In ihrem Fall heißt die Waffe „Aussperrung“. Konkret heißt das, der Arbeitgeber verweigert die Annahme der Arbeitsleistung aller Arbeitnehmer. Damit setzt er die Gewerkschaft unter Druck, da sie die Streikunterstützung zahlen muss.

Für eine Aussperrung gelten die gleichen Rechtsbedingungen wie für einen Streik.

Aussperrung bedeutet keine Lohnfortzahlung

Falls die Aussperrung rechtmäßig ist, ist der Arbeitgeber nicht zur Entgeltzahlung für die Zeit der Aussperrung verpflichtet.

Wann darf ein Arbeitgeber auf einen Streik mit einer Aussperrung reagieren? – Beispiel

Die Aussperrung ist die Antwort der Arbeitgeber auf einen Streik. Und nur in dem Fall ist sie rechtmäßig. Die Durchführung obliegt dem zuständigen Arbeitgeberverband. Durch die Aussperrung dürfen keine Strafgesetze verletzt werden und die Grundversorgung der Bevölkerung (Wasser, Strom, Notdienste zur Erhaltung und in Notfällen) müssen funktionsfähig bleiben. So wie beim Streik, ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit eine Richtschnur.

Eine sehr medienwirksame Aussperrung fand 2011 im sogenannten Lokführer-Konflikt statt. Diese wurde vom zuständigen Arbeitsgericht als rechtswidrig eingestuft, da es sich um eine „Selektiv-Aussperrung“ gehandelt hat. Es wurden nur jene Arbeitnehmer ausgesperrt, die am zuvor stattgefundenen Streik teilgenommen haben.

Heiße Aussperrung

Unter „heißer Aussperrung“ versteht man den vorübergehenden Ausschluss mehrerer Arbeitnehmer von der Leistungsverpflichtung (auch wenn sie leistungswillig sind). In dieser Zeit wird auch die Entgeltzahlung eingestellt. Es ist eine Abwehrmaßnahme und eine Reaktion auf einen Streik. Die Rechtsprechung sieht die Rechtmäßigkeit der Aussperrung als gegeben, wenn „Kampfparität“ vorliegt. Das bedeutet die Tarifparteien müssen sich gleichberechtigt gegenüberstehen.

Die Maßnahme der Aussperrung sollte in jedem Fall mit eine Fachanwalt für Arbeitsrecht besprochen werden.

Kalte Aussperrung

Wenn ein Betrieb als Zulieferer oder auch Produzent von einem anderen Unternehmen, dass sich in der Phase einer „heißen Aussperrung“ befindet, so abhängig ist, dass er nicht produzieren kann, spricht man von einer kalten Aussperrung. So kann ein KFZ-Zulieferer die Produktion einstellen, wenn sein Hauptkunde in der Phase der Aussperrung keine Teile abruft.

Aussperrung von Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern

Die Aussperrung muss alle Arbeitnehmer betreffen. Selektive Aussperrungen sind nicht rechtmäßig. Die Ausgesperrten erhalten keinen Lohn. Wenn sie nicht Mitglied der organisierenden Gewerkschaft sind, erhalten Sie auch kein „Streikgeld“ aus der Gewerkschaftskasse. Sie sind damit während der Aussperrung auf Sozialhilfe angewiesen.

Vorteile und Nachteile einer Aussperrung

Für den Arbeitgeber kann die Aussperrung ein Mittel sein, den Arbeitskampf schneller zu beenden. Er hat es in der Hand, die Gewerkschaften finanziell zu treffen, da sie mehr Streikgeld in die Hand nehmen müssen. Auf der Strecke bleibt der nicht organisierte Arbeitnehmer.

Nachteilig kann sein, dass die Reputation des aussperrenden Betriebes geschädigt wird. Es sind Nachteile am Markt zu erwarten, es kann einige Zeit vergehen, bis die Produktion wieder anläuft. Unter diesen Aspekten begibt sich der Arbeitgeber auf ziemlich riskantes Terrain, wenn er alle Mitarbeiter aussperrt.

Wie weit, besonders die kalte Aussperrung, mit der gesetzlich verankerten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers vereinbar ist, ist ein Thema, das Arbeitsgerichte zu klären haben.

Fachanwalt.de-Tipp: Ob ein Streik zulässig oder unzulässig ist, ist für die Rechtsfolgen bedeutend. Bei rechtmäßigen Streiks werden die bestehenden Arbeitsverhältnisse nicht aufgelöst. Es werden lediglich die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ausgesetzt.
Da die Arbeitnehmer keine Leistung erbringen, ist der Arbeitgeber nicht zur Bezahlung des Entgelts verpflichtet. Ebenso ruhen die Ansprüche auf bezahlten Urlaub und Arbeitslosengeld. Ein rechtmäßiger Streik ist kein Grund für eine fristlose Kündigung.
Die Teilnahme an einem nicht rechtmäßigen Streik ist ein Vertragsbruch. Eine fristlose Entlassung ist allerdings nur dann möglich, wenn dem Arbeitnehmer eine schuldhafte Handlung nachzuweisen ist. Er muss über die Rechtswidrigkeit des Streiks Bescheid gewusst haben.

FAQ zum Thema Streik

Was ist ein Streik?

Ein Streik ist ein Arbeitskampf, bei dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeit niederlegen, um Druck auf ihren Arbeitgeber auszuüben. Ziel des Streiks ist es, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder höhere Löhne und Gehälter zu erreichen.

Welche Arten von Streiks gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Streiks, zum Beispiel:

  • Warnstreik: Ein kurzzeitiger Arbeitsausstand, der dazu dient, den Arbeitgeber unter Druck zu setzen und Verhandlungen zu beschleunigen.
  • Generalstreik: Ein Streik, bei dem nahezu alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eines Landes oder einer Region die Arbeit niederlegen.
  • Branchenstreik: Ein Streik, der sich auf eine bestimmte Branche oder Berufsgruppe beschränkt.

Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für Streiks?

Das Recht auf Streik ist in Deutschland im Grundgesetz verankert. Es ist ein elementares Grundrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und wird durch das Arbeitskampfrecht näher geregelt. Das Arbeitskampfrecht ist Teil des Tarifvertragsrechts und regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen.

Welche Voraussetzungen müssen für einen rechtmäßigen Streik erfüllt sein?

Für einen rechtmäßigen Streik müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Es muss ein tariflicher Konflikt bestehen, das heißt, es muss ein Konflikt zwischen den Tarifvertragsparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaft) vorliegen.
  • Es müssen Verhandlungen über eine Tarifvertragsänderung oder einen neuen Tarifvertrag gescheitert sein.
  • Es muss eine angemessene Ankündigungsfrist eingehalten werden, damit der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, sich auf den Streik vorzubereiten.
  • Der Streik muss verhältnismäßig sein, das heißt, er darf nicht über das Ziel hinausschießen und muss auf das Erreichen des Tarifziels ausgerichtet sein.

Welche Rechte haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während eines Streiks?

Während eines Streiks haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht, die Arbeit niederzulegen und sich am Streik zu beteiligen. Sie dürfen jedoch nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern oder Arbeitgebern Gewalt anwenden oder Sachbeschädigungen begehen. Zudem besteht kein Anspruch auf Lohn oder Gehalt während des Streiks.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber während eines Streiks?

Arbeitgeber haben während eines Streiks die Pflicht, die Arbeitsniederlegung der streikenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu akzeptieren und dürfen keine Ersatzkräfte einsetzen. Sie haben jedoch das Recht, Maßnahmen zu ergreifen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten und Schäden zu vermeiden, die durch den Streik entstehen könnten.

Welche rechtlichen Folgen hat ein rechtswidriger Streik?

Ein rechtswidriger Streik kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich an einem rechtswidrigen Streik beteiligen, riskieren unter Umständen eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung. Auch Gewerkschaften, die einen rechtswidrigen Streik unterstützen, können haftbar gemacht werden und Schadensersatz leisten müssen.

Welche Rolle spielen Gerichte bei Streiks?

Gerichte spielen bei Streiks eine wichtige Rolle. Sie können entscheiden, ob ein Streik rechtmäßig ist oder nicht. Zudem können sie im Rahmen von einstweiligen Verfügungen oder Unterlassungsverfügungen Maßnahmen gegen den Streik ergreifen, wenn dieser gegen Rechte Dritter verstößt oder den Betrieb des Arbeitgebers unverhältnismäßig beeinträchtigt.

Was ist eine Schlichtung?

Eine Schlichtung ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktlösung zwischen den Tarifvertragsparteien. Eine neutrale Schlichtungsstelle wird eingeschaltet, um den Tarifkonflikt beizulegen. Das Ziel der Schlichtung ist es, eine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen und einen Streik zu vermeiden.

Kann ein Streik auch ohne Schlichtung beendet werden?

Ja, ein Streik kann auch ohne Schlichtung beendet werden. Dies ist möglich, wenn die Tarifvertragsparteien eine Einigung erzielen oder der Arbeitgeber einseitig ein Angebot unterbreitet, das von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern akzeptiert wird.

Fachanwalt.de-Tipp: Ein Streik ist ein wichtiges Mittel, um die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durchzusetzen. Allerdings gibt es klare rechtliche Regeln, die bei einem Streik eingehalten werden müssen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten sich über ihre Rechte und Pflichten während eines Streiks informieren und im Zweifel rechtlichen Rat einholen.

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